Gründet ein, zwei oder viele Mikrokinos!

Andi Liebl im Interview mit den GewinnerInnen des IG Förderpreises für politische Kulturarbeit KINOKI

 

Regelmäßige Filmabende mit Diskussionen, punktuelle Kooperationen wie z.B. mit der Diagonale sowie Projektarbeiten in Mexiko bzw. Guatemala sind Aktionsräume des Vereins KINOKI, der seit gut 10 Jahren an der Verknüpfung progressiver Video und Filmarbeit mit aktuellem Zeitgeschehen arbeitet. Symbolischen Erfolg erntete der Verein für audio-visuelle Selbstbestimmung durch die Verleihung des Förderpreises für politische Kulturarbeit der IG Kultur Österreich. Anlass genug mit Gründungsmitglied Peter Grabher über Hintergründiges und Ansätze des widerständigen politischen Kulturprojekt zu berichten.

KUPF: ?Wir blenden die Sterne mit unseren Projektoren? ist ein Zitat, das darüber Auskunft gibt, welcher Tradition der Verein Kinoki nahe steht. Wie seid ihr zu eurem Namen gekommen?

Dieser Satz stammt von Ziga Vertov, einem der wichtigsten Dokumentarfilmer der 20er und 30er Jahre in der Sowjetunion. Er wollte mit seiner Gruppe Kinoki neue Filme machen, die auf der Ebene der Wahrnehmung der Revolutionierung sozialer Umstände entsprechen. Wir haben uns diesen Namen ausgesucht, weil wir enthusiastisch waren, haben Kino großartig gefunden, haben uns in Podsdam alte mobile Wanderkinoprojektoren besorgt, die verschrottet hätten werden sollen und angefangen im EKH Kino zu machen. Da hat das einfach dazugepasst, diese Schwärmerei und dieser Ansatz mit unserer Arbeit dieser Kinotradition des Ziga Vertov zu folgen.

Seit 1999 betreibt Kinoki ein Wanderkino im Südosten Mexikos: Kinoki Lumal. Kinoki Lumal setzt sich für die audiovisuelle Selbstbestimmung der indigenen Bevölkerung ein und bemüht sich ihren Ruf nach Würde und Gerechtigkeit medial zu vervielfältigen. Kinokis Mikrokino hingegen ist die kontinuierliche Filmreihe in Wien.

Also wir sind eine sehr kleine Initiative, im Moment auch ein wenig zersplittert in mehrere Projekte. Eines davon spielt sich in Mexiko ab. Wir waren 1995 nach dem zapatistischen Aufstand in Mexiko und einer von uns, Tom Waibl, begann dann ab 1998 in Chiapas und Guatemala Wanderkino zu machen, mittlerweile machen das die Leute selber. Er hat auch Videoworkshops gemacht über den Anbau von Kaffee also immer zusammen mit den Leuten, die entschieden worüber sie einen Film machen wollen, oder wie der Film geschnitten wird. Das ist ein sehr wichtiges Projekt von uns.

Das zweite was ich vor allem betreibe ist das Kinokis Mikrokino. Das heißt Mikrokino, weil es eigentlich kein richtiges Kino ist. Auf Basis von Video spielen wir zweimal im Monat Filme zu ganz unterschiedlichen Themen. Wir versuchen das was gerade aktuell ist möglichst rasch mit Filmen zu illustrieren. Seien das die Proteste in Seatle und Genua oder die schwarz-blaue Regierungsbildung in Österreich, beziehungsweise in der Zukunft eine kritische Anmerkung zum Gedankenjahr 2005 der Bundesregierung.

Auf der anderen Seite versuchen wir Gedächtnisarbeit zu machen und Sachen zu zeigen, die weniger aktuell, aber für aktuelle Fragestellungen und Kämpfe interessant sind. Wir verbinden da ganz unterschiedliche Dinge, die im normalen Kinogeschehen nicht zusammen kommen. Wir versuchen die Filme nicht nur als Filme anzuschauen, sondern sie auch politisch zu kontextualisieren. Wir laden Leute ein, die Filme gemacht haben oder die durch ihre politische Arbeit zu diesen Filmen noch etwas beitragen können, zum Beispiel in Form von Kritik. Neben diesen beiden Hauptachsen Kinoki Lumal und Kinokis Mikrokino sind Kooperationen z.B. mit der Diagonale und mit migrantischen Gruppen einen weiteres Betätigungsfeld.

Abgesehen von punktuellen Förderungen für Projektarbeiten arbeitet Kinoki großteils ohne öffentliche Förderungen. Nichtsdestotrotz besteht Kontinuität, im Dezember 2004 lief zum 120ten Mal eine Reihe des Kinokis Mikrokino. Euer Angebot hat eine interessierte Kinokigemeinschaft wachsen lassen. Aktuell stellt sich jedoch die Frage nach einem Raum.

Wir machen so gut wie keine Werbung, es gibt weder Flyer noch Plakate. Nur eine Mailingliste und eine Homepage und es kommen so zwischen 30 und 100 Leute zu unseren Vorführungen. Eine Umstellung ist, dass wir nicht mehr im 7Stern (Kulturzentrum der KPÖ, Wien) veranstalten, dazu haben wir uns als Protest gegen den EKH-Verkauf durch die KPÖ entschieden. Unsere Gruppe kommt aus dem EKH und somit war das eigentlich eine klare Sache.

Einer Ausdehnung der Initiative steht das freilich nicht im Weg, ist doch das Mikrokino eher eine Produktionsform als ein geschützter Begriff. Wir denken, dass dieses Mikrokino vor allem dadurch, dass es wenig kostet und nicht so viel Aufwand ist, eigentlich eine interessante Form ist für andere Gruppen in den Bundesländern in einen lokalem Kontext kontinuierliche Arbeit zu leisten. In diesem Sinne: Gründet ein, zwei oder viele Mikrokinos!

Andi Liebl

Das Gespräch mit Peter Grabher ist in voller Länge als Radiosendung nachzuhören unter: http://cba.media/show.php?lang=de&eintrag_id=3190

Informationen zum Förderpreis politischer Kulturarbeit der IG Kultur Österreich finden sich unter: http://igkultur.at/igkultur/kulturpoltitik/1071827254

Andi Liebl ist Mitarbeiter der Kulturplattform OÖ und Vorstandsmitglied im Kulturverein Röda/ Steyr.

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