Selbstständig im Homeoffice arbeiten: Zwischen Struktur, Produktivität, Arbeitsgesundheit und Wäsche aufhängen. Von Lisa-Viktoria Niederberger.
„Permanentes Homeoffice? Freiwillig? Und dann auch noch selbstständig. Ich würde ja nichts weiterbringen.“ Das höre ich immer wieder, wenn ich von meinem Arbeitsalltag erzähle, meist von Menschen, die damit unangenehme Erinnerungen an Lockdowns, Angst, Überforderung und schlechte Arbeitsbedingungen verbinden. Ich habe mich als Autorin in den letzten Jahren von einer Kaffeehaus- und Bibliotheksschreiberin zu einer entwickelt, deren Arbeitsweg etwa 1,5 Meter beträgt – Bett und Schreibtisch sind durch das Regal getrennt, in dem ich die Bücher unterbringe, die ich gerade für die Planung von Texten oder Schreibwerkstätten brauche. Hier fällt nun zum ersten Mal das Wort, um das sich alles dreht, wenn es um Struktur, Produktivität und Arbeitsgesundheit im Schreiballtag geht: System. Ohne System wäre ich aufgeschmissen. Also habe ich Monatspläne, Wochenpläne, Tagespläne, Listen über Listen, feste Arbeitszeiten, soweit das möglich ist. Ich weiß, wann ich am besten arbeiten kann (in der Früh, also starte ich den Computer um 7:30). Ich habe Bücher über Deep Work gelesen, also über berufliche Tätigkeiten, die in einem Zustand maximaler Konzentration und minimaler Ablenkung ausgeführt werden können, z. B. Schreiben, Programmieren, alles, wo es um Problemlösung geht. Und ich höre beim Schreiben die Soundtracks von Computerspielen, weil sie ebenfalls konzentrationsfördernd wirken sollen. Erledigtes auf der To-Do-Liste streiche ich mit einem goldenen Glitzerstift durch und notiere auch Mahlzeiten und Spaziergänge. Denn das ist der Nachteil des Homeoffice: Es gibt keine festen Pausenzeiten, keine Arbeitswege und damit kaum Alltagsbewegung, es sei denn, das Aufhängen der Wäsche zählt. Ich dokumentiere also nicht nur die geschriebenen Seiten pro Tag, sondern auch die Schritte, die Minuten, die ich draußen verbracht habe. Das alles erfordert Konsequenz, die naturgemäß an manchen Tagen leichter, an anderen schwerer fällt (Stichwort PMS oder Kopfwehwetter). Denn ich verbringe meine Büroarbeitszeit allein – freiwillig. Wenn ich an einem Vormittag die E-Mails E-Mails sein lasse, nicht schreibe, sondern den Tag irgendwie zu Hause verbummle, erfährt das niemand. Als Freiberufler*in im Homeoffice ist man sich selbst die einzige Kontrollinstanz. Das ist schön und schwierig gleichzeitig.