Ein Jahr blauer Bürgermeister in Wels

Wie war das erste Jahr mit Bürgermeister Rabl und der blau-schwarzen Stadtregierung in Wels? Und wie wird es weitergehen, was ist zu erwarten?

Elisabeth Zach

In Wels wird umgerührt. Die drastischen finanziellen Sparmaßnahmen sorgen in der Kulturszene für Existenzängste. Das Verbot der geschlechtergerechten Formulierung bei allen Schriftstücken der Stadt Wels sorgt für Irritation und eine Bürgerumfrage über Einschränkungen des Kulturangebotes für Kopfschütteln. Aber: Seit dem Frühjahr 2016 gibt es den losen Zusammenschluss „Pro.Viele“ von ca. 20 Kulturvereinen / Kulturinitiativen. Ziel ist einerseits, die Vielfalt der Freien Szene aufzuzeigen, andererseits auch für eine Verbesserung der Situation zu stehen. Die Kulturabteilung der Stadt Wels organisierte unlängst ein sehr gut besuchtes Kultursymposium im Medien Kultur Haus. In diesem Rahmen wurde über einen Kulturentwicklungsplan für Wels nachgedacht, Vernetzungen initiiert und mit der möglichen Bewerbung für die Kulturhauptstadt 2024 auch einen Hauch utopischer Ziele in die Kleinstadt reingebracht. Mut tut gut.

Katharina Gusenleitner

Katharina GusenleitnerEin Jahr „Inspektor Andi“ (dieser Spitzname ist des Bürgermeisters Kontroll- und Sicherheitskomplex geschuldet) bedeutete ein Jahr Narzissmus-Verdacht-erweckende Gebärden, schlechte Rhetorik und absurde Politik. Erlangte Wels aufgrund des Wahlergebnisses eine bislang nie dagewesene Publizität, konnte diese durch den Wertekodex für Kindergärten noch getoppt werden. Unsicher fühlen müssen wir uns mittlerweile anscheinend auch, da die Videoüberwachung massiv ausgeweitet wurde. Trotz des Posse-Charakters dieser Politik des letzten Jahres sollten wir nicht den bitteren Ernst der Lage übersehen, nämlich die Verachtung für viele Menschen(gruppen). Unser Wels fühlt sich nun kalt und nicht mehr menschenfreundlich an. Zu erwarten sind weitere Finanzmittel-verschlingende Unsinnigkeiten und die Ablehnung von Menschen, die eigentlich Schutz bräuchten.

 

Heinz Josef Angerlehner

AngerlehnerFür das Museum Angerlehner war das erste Jahr der blau-schwarzen Stadtregierung in Wels eher enttäuschend. Das kulturelle Engagement unter Bürgermeister Rabl ist viel weniger geworden. Anstatt stolz zu sein, dass in dieser Region mit unserem Museum ein kultureller Höhepunkt entstanden ist, fehlt die dementsprechende Wertschätzung der Politik. Anstelle einer möglichen Kooperation mit der Welser Messe, wird das Museum bei Veranstaltungen als Konkurrenz betrachtet. Schade, dass die PolitikerInnen die Traun als Grenzfluss ansehen und unser Museum deshalb als nicht förderungswürdig betrachten, obwohl wir dem Stadtplatz Wels näher sind, als dem Gemeindeplatz in Thalheim und für die Schulen der Region inzwischen eine wichtige Bereicherung in der Kunstvermittlung darstellen. Die Wartung des beliebten und rege benützten Museumssteg wird leider von der Stadt Wels trotz Aufforderung vernachlässigt. Hoffentlich wird sich die Situation ab 2017 verbessern!

 

Tina Keller

Tina KellerVon den Kürzungen im Kulturbereich waren wir mit der Bunten Brise bisher nicht direkt betroffen. Man merkt allerdings, dass es Verunsicherung im gesamten Kulturbetrieb gibt. Die Frage, ob und wie es mit den Welser Kulturvereinen weitergeht, wird allerorts laut. Man hat das Gefühl, dass besonders in den Bereichen Kultur und Bildung der Rotstift angesetzt wird. Andererseits zeigt gerade die aktuelle Diskussion um die Sparmaßnahmen in den Welser Kindergärten, dass es etwas bringt, sich zu wehren und nicht alle Kürzungen kommentarlos hinzunehmen. Ich denke, dass SPÖ-Kulturstadtrat Johann Reindl-Schwaighofer großes Interesse am Kulturgeschehen zeigt und uns nach Möglichkeit unterstützen wird. Weiters muss gezeigt werden, dass es eine Vielzahl an Vereinen und Initiativen gibt, die dazu beitragen, dass das kulturelle Angebot so vielfältig und interessant ist und nicht nur große Veranstaltungen eine Berechtigung haben.

Andreas Moser

Andreas Moser

Theatergruppen, Programmkino, Chöre, Musikvereine, Symphonieorchester, Jeunesse, Figurentheaterfestival, Musikwerkstätten, Alter Schl8chthof, Galerien, Youki, Medienkulturhaus, Landesmusikschule, Museen und städtische Kulturabteilung bieten Wels ein breit gefächertes Kulturangebot.
Wels wird seit einem Jahr von einer FPÖ-dominierten Stadtregierung geführt. Was hat sich seither geändert? Auf den ersten Blick nicht viel. Aussagen lassen aber darauf schließen, dass die bisher geübte Praxis der Förderung manchen Kulturanbieter in Zukunft das Leben schwer machen wird. Das Kulturbudget in Wels hinkt im Vergleich zu anderen Städten (nicht erst seit jetzt) nach. Die Einladung zur Erstellung eines Kulturleitbildes an die Kulturtreibenden bietet hoffentlich die Chance, sich im Sinne des Erhalts kultureller Vielfalt nachhaltig einbringen zu können.

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