Reyhan Paktan’s Rück- und Ausblick auf Vernetzungsaktivitäten von MigrantInnen-Kulturvereinen.
MigrantInnen haben in der österreichischen Kulturpolitik wenig verloren. Weder werden sie in Ausschreibungen berücksichtigt, noch wird ihre Anwesenheit in diesem Land durch Repräsentation in Jurys oder anderen Gremien Rechnung getragen. Der Kulturfaktor, mit dem MigrantInnen gesehen werden, ist zumeist Tradition, Sex und Arbeit. Abseits der Forderung der Kulturplattform OÖ, MigrantInnen im Kulturbereich sowie deren Vernetzung und Selbstvertretung zu fördern, haben sich MigrantInneninitiativen zu einer Plattform zusammengefunden, um an vergleichbaren Inhalten zu arbeiten bzw. ihre eigene Situation im kulturellen Feld zu reflektieren.
Nach einem ausgedehnten Prozess, in dem auch der Oberösterreichische Landeskulturbeirat eine wesentliche Rolle der Verzögerung gespielt hat (siehe Kupfzeitung Mai 2001), schien es immer unwahrscheinlicher, dass aus der Idee der Vernetzung von MigrantInnenkulturvereinen eine überregionale Veranstaltung wachse. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz schaffte es ein Pool an Vereinen1 eine Tagung (MigrantInnen und Kultur: eine Tagung) durchzuführen und mit diesem Schritt zu dem nächsten, ein Symposium im Herbst, anzusetzen.
Das FORUM INTERKULTURALITÄT bewies durch diese Tagung vom 23. Juni 2001 auf der Kunstuni in Linz, dass auch MigrantInnen Kulturarbeit in Österreich leisten und leisten wollen. Die Bedingungen bezüglich der Schaffung bzw. der Verbesserung der Möglichkeiten für die Arbeit in diesem Bereich müssen jedoch erst formuliert und eingefordert werden. 40 Personen von über 10 verschiedenen Organisationen haben den Weg zur Veranstaltung gefunden; ein Indiz dafür, dass die ersten Schritte zur Vernetzung die Mühsamsten sind. Gibt es doch alleine in Linz über 40 MigrantInnenvereine. Das Programm streckte sich ausgehend vom Impulsreferat von Grace Marta Latigo2 über kulturpädagogische Projekte, transnationale Bewegungen von Menschen, MigrantInnen im Kulturbereich und intellektuelle Rassismen über die Diskussion von Migration, Kultur & Partizipation.
Eine heftige Diskussion wurde über die zusammenhängende Problematik von illegalisierten Menschen im Kulturbereich, über Rassismus und Sexismus geführt, wobei nicht ausschließlich der Kulturbereich angesprochen wurde. Ein weiterer Aspekt war auch die Problematik der Symmetrie in der Zusammenarbeit zwischen MigrantInnen und MehrheitsösterreicherInnen.
Bei den Tischgesprächen wurden Themen wie Kultur- und Sozialpolitik, Folklore & Tradition und MigrantInnen als KulturträgerInnen näher beleuchtet. Die VertreterInnen der Vereine präsentierten anschließend die erkannten Notwendigkeiten im Plenum:
• Verstärkte Medienzugänglichkeit für MigrantInnen sowohl als KulturproduzentInnen, als auch als Publikum. Die Entwicklung von Kultur- und Kunstvermittlungskonzepte unter Mitwirkung von MigrantInnen unterstützen und verschiedene Volksgruppen den Zugang zu kulturellen Angeboten ermöglichen; • MigrantInnen in die Medienpolitik einzubeziehen, damit sie auch aktiv Forderungen stellen können und in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Das Recht auf Mitgestaltung und Mitwirkung in Entscheidungsprozessen im Kulturbereich für MigrantInnen und Einbeziehung von MigrantInnen bei Programmerstellungen z.B. bei öffentlich-geförderten Medien; • Nicht nur gleichberechtigte Förderung, sondern auch eine kultur- und förderpolitische Bevorzugung von kultureller Betätigung von MigrantInnen, die nicht ausschließlich als Folkloredarstellungen konzipiert werden; • Die Illegalisierung von MigrantInnen in kulturellen Bereichen thematisieren und problematisieren; • Raum für kulturelle Betätigung, die sich nicht ausschließlich an die Angehörigen der jeweiligen Communitys richten; • Die Förderung der Entfaltung kultureller und künstlerischer Initiativen von MigrantInnen, die Rahmen und Barrieren zu sprengen vermögen, ohne Differenzen auszulösen; • Vernetzung von Kulturvereinen von MigrantInnen fördern und unterstützen; • Die kulturellen Beiträge von sozial benachteiligten Gruppen als solche anerkennen und sich gegen die Einschränkung dieser Betätigungen auf den Sozialbereich positionieren; • Mehrsprachige (vor allem in den s. g. Minderheitssprachen) Kulturveranstaltung fördern, d. h. sich auch zu ethnischen Unterschiedlichkeiten bekennen; • Verlagerungen von kulturellen Events von MigrantInnen – weg von Folklore, hin zu ihren eigenen Ausdrucksformen und künstlerischen Interessen.
Diese Tagung wurde als ein Auftakt für ein Symposium im Herbst 2001 konzipiert und durchgeführt, die Vorbereitungen dafür sind am Laufen (siehe Kasten S. 14). Die Ziele sind, wie gehabt, die Vernetzung von MigrantInnen-Kulturvereinen und -Kulturprojekten in Oberösterreich, sowie die inhaltliche Positionierung zu „MigrantInnen und Kultur“. Die Weiterentwicklung der Forderungen sowie die Errichtung von Arbeitskreisen in Zusammenarbeit mit MehrheitsösterreicherInnen ist ebenso deklariertes Ziel.
„Für eine demokratische Kulturpolitik, die Minderheiten in ihrer Vielfalt wahrnimmt, anerkennt und die Entfaltung kultureller und künstlerischer Initiativen von MigrantInnen gleichberechtigt fördert.“ ist das Motto der Initiative.
Reyhan Paktan
1 Forum Interkulturalität, ATIGF – Arbeiterjugendföderation Türkei, DIKD – Demokratischer Arbeiter- und Kulturverein Türkei und Kurdistan, KUPF, MAIZ, Mezopotamya – Anatolischer Kulturverein, Verein Begegnung, Verein der Polen in OÖ 2 Sängerin, politische Aktivitistin Symposium: MigrantInnen im Kulturbereich 23/24. November 2001 Kunstuniversität Linz Hauptplatz 8, A-4010 Linz, Austria Themenschwerpunkte: • Folklore, Tradition und Ethnizität in der Migration • 2. Generation • Perspektiven von Vernetzungen zwischen MigrantInnenorganisationen in Oö • Förderungsmöglichkeiten im Kulturbereich
Info: Forum Interkulturalität Pinar Uzunkaya tel: 0676/5837882 mailto:pinaruzunkaya@hotmail.com