Ich bin kein Hellseher!

Stefan Haslinger bat Julius Stieber, Projektleiter für das Kulturleitbild OÖ, zum Interview.

 

KUPF: LH Pühringer hat in der ersten Pressekonferenz zum Kulturleitbild gemeint, dass das Spannende der Prozess hin zum Leitbild sein wird. Ist der Prozess spannend?

Julius Stieber: Für mich ist er spannend, weil ich auf allen Ebenen beteiligt bin. Nachdem wir nicht nur die Großveranstaltungen machen, sondern auch auf Gemeindeebene Diskussionen führen, wir im Landeskulturbeirat die Diskussion in Gang gesetzt haben, wir über die Fragebogenaktion immer wieder Rückmeldungen kriegen – und auch über die Homepage, wenn auch nicht in dem Ausmass wie wir erhofft haben – und spezielle Veranstaltungen machen, wie z.B. zwei Workshops für die Bereiche Bildung – Wissenschaft – Kultur bzw. Kultur – Wirtschaft – Tourismus, erlebe ich das persönlich als sehr spannend. Die Diskussionen im kleinen Kreis sind sehr fruchtbar und anregend, weil da von der Basis Kritik, Wünsche und Visionen geäußert werden. Das ist für uns nicht nur als Anregung für das Kulturleitbild wichtig, sondern auch als Korrektiv unserer Arbeit in der Landeskulturdirektion.

Die Rückmeldungen auf der Homepage erreichen nicht das erhoffte Ausmass. Heißt das, dass es ein Problem gibt, den Prozess Kulturleitbild nach außen zu kommunizieren?

Ein Kommunikationsproblem des Kulturleitbildprozesses sehe ich überhaupt nicht, weil die Beteiligung bei den Veranstaltungen enorm groß ist. Das heißt, die Möglichkeiten zur Diskussion face to face werden wahrgenommen. Das Problem der Homepage, warum das nicht so läuft, hat damit zu tun, dass es für die Leute aufwendiger ist und mit einem Outing verbunden. Wozu ich mich bekenne ist, dass wir keinen massiven Werbeaufwand für die Bekanntmachung der Homepage betreiben, das muss bei den Veranstaltungen und den diversen Pressenachrichten mitgehen.

War es der Anspruch, die gesamte Bevölkerung Oberösterreichs zu erreichen, oder war immer klar, dass die ExpertInnen aus der Kunst- und Kulturarbeit erreicht werden sollen?

Ich will es nicht auf ExpertInnen beschränken, weil wir uns möglichste Breite zum Ziel gesetzt haben, allerdings ist natürlich schwerpunktmäßig der/die kulturinteressierte und-aktive Oberösterreicher und Oberösterreicherin angesprochen.

Es hat die Kritik gegeben, dass der vorliegende Diskussionsentwurf schon fertig wirkt. Inwieweit werden Ergebnisse aus den Diskussionen, den Fragebögen auch wirklich noch einfließen?

Wir sind in die Diskussion bewusst mit einem Entwurf gegangen, und betonen auch immer, dass dieses Papier ein Entwurf ist. Wir wollten allen, die sich beteiligen, die Möglichkeit bieten, von einer gleichen Basis auszugehen. Uns war es wichtig, diese Basis zu schaffen, und auch eigene Überlegungen aus dem Landeskulturreferat offensiv und nicht versteckt einfließen zu lassen und zur Diskussion zu stellen. Am Ende des Diskussionsprozesses wird im Herbst 2007 die Überarbeitung des Papiers erfolgen, in engster Kooperation mit dem Landeskulturbeirat, der letztlich auch festlegen wird, welche neuen Anregungen, Leitlinien, Projekte, Maßnahmen und Ziele in das Kulturleitbild hineinkommen.

Normalerweise erwartet man sich von einem Leitbild eher Leitlinien. Im Diskussionsentwurf sind konkrete Maßnahmen erwähnt. Die Umsetzung der Maßnahmen ist aber Sache des politischen Willens. Kann gewährleistet werden, dass etwas umgesetzt wird?

Das Leitbild ist kein Firmenleitbild oder ein Leitbild des Landes Oberösterreichs, sondern es ist ein Leitbild für die Kulturarbeit in Oberösterreich. Was die politische Umsetzbarkeit betrifft, dafür bin ich die falsche Adresse. Ich kann, will und darf es nicht vorwegnehmen, was in den politischen Gremien passiert. Ich bin kein Hellseher. Was ich sagen kann ist, dass geplant ist, dass sich mit Anfang 2008 die politischen Gremien, also der Kulturausschuss des Landtages und die OÖ Landesregierung mit dem Vorschlagspapier auseinandersetzen, und dass beabsichtigt ist, zumindest die Leitlinien für eine Überarbeitung des Kulturförderungsgesetzes heranzuziehen. Von unserer Seite ist mit dem Referenten vereinbart, dass das endgültige Papier als Grundlage für die Leistungsvereinbarung zwischen der Abteilung und dem Referenten im Rahmen der wirkungsorientierten Verwaltung herangezogen werden.

Ist beim Kapitel Spezielle Zielgruppen angedacht, hier mit den „Betroffenen“ zu arbeiten, um nicht einem paternalistischen Ansatz anheim zu fallen?

Das ist schon geplant. Es gibt eine fixe Veranstaltung im Vorfeld des integrativen Kulturfestival sicht:wechsel mit ExpertInnen und Betroffenen, zum Thema Kulturarbeit von und für Menschen mit Behinderung, und auch während des Festivals werden die Anliegen dieser Zielgruppe diskutiert. Für die Zielgruppe der Migrantinnen und Migranten werden wir auf den sehr intensiven Diskussionsprozess, und vor allem auf die Ergebnisse des Arbeitskreises Kultur und Religion des Integrationsleitbildes zurückgreifen.

http://www.kulturleitbild.at

Stefan Haslinger ist Geschäftsführer der KUPF und im Vorstand der IG Kultur Österreich und des KV waschaecht.

 

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