Über die Gründung eines „Österreichischen Nationalkomitees“ und diverser Arbeitskreise zum „Internationalen Jahr der Freiwilligen“
von Uli Böker
Die Vereinten Nationen haben bei ihrer 52. Generalversammlung 1997 mit einer Resolution als symbolträchtige Orientierung für das beginnende neue Jahrhundert das Jahr 2001 zum „Internationalen Jahr der Freiwilligen“ proklamiert. Die Vereinten Nationen verbinden damit das globale Ziel, die Bedeutung von freiwillig und unentgeltlich geleistetem Engagement von Menschen für Menschen im Rahmen der Zivilgesellschaft für die Gesellschaft sichtbar zu machen, dem Schattendasein ehrenamtlicher Arbeit ein Ende zu bereiten und strukturelle Rahmenbedingungen durch die nationalen Regierungen zu schaffen.
Eine jüngst durchgeführte Studie der Abteilung für Sozialpolitik der Wirtschaftsuniversität Wien (Dr. Christoph Badelt und Dr. Hollerweger) belegt die beachtlichen quantitativen Dimensionen der Ehrenamtlichkeit in Österreich. Mehr als 51 % der ÖsterreicherInnen sind ehrenamtlich tätig. Sie arbeiten mehr als 10 Wochenstunden. Hochgerechnet werden damit 32 Mio. Stunden wöchentlich in Österreich ehrenamtlich gearbeitet, was rechnerisch dem Arbeitseinsatz rund 950.000 ganztags tätigen Personen entspräche. Die quantitativ wichtigsten Einsatzfelder der Ehrenamtlichkeit sind die Nachbarschaftshilfe, die sozialen sowie religiösen Dienste, und der Bereich Kultur und Unterhaltung.
Mit diesem Hintergrund konstituierte sich am 4. Dezember 2000 das „Österreichische Nationalkomitee“ unter Federführung des Bundesministeriums für soziale Sicherheit und Generationen und des Bundesministerium für Inneres, welches sich ein Jahr lang mit den diversen Rahmenbedingungen des Ehrenamtes auseinandersetzen soll. Eingeladen wurden VertreterInnen der Bundesministerien, der Landesregierungen, des Städte- und Gemeindebundes, der Sozialpartnerorganisationen, des universitären Bereichs und der Forschung, der Privatwirtschaft, der Medien, sowie nicht-staatlicher Organisationen. In letzterer sind wir als Kulturplattform OÖ. vertreten
Wir sehen uns als wichtigen Faktor, wenn es darum geht, über Rahmenbedingungen der Ehrenamtlichkeit zu diskutieren und neue Ansätze für diese zu schaffen. Ohne die weitgehend ehrenamtlich getragenen Kulturvereine wäre ein Großteil des Kulturangebotes nicht vorhanden. All diese Vereine oder Initiativen sind geprägt von Freiwilligenarbeit. Trotz Professionalisierung der Kulturvereine seit dem Aufbuch in den 70er Jahren aber auch durch den Zusammenschluss von Initiativen in Dachorganisationen, beruhen viele Aktivitäten immer noch zu einem großen Teil auf ehrenamtlicher, unentgeltlicher Mitarbeit.
Zur Entwicklung und zur Erarbeitung von offenen Problemen der Freiwilligenarbeit in Österreich wurden auch interdisziplinäre Arbeitskreise eingerichtet, in denen auch ExpertInnen aus dem kulturellen Bereich vertreten sind. Diese ExpertInnen beschäftigen sich u.a. mit Themenbereichen wie Versicherungsschutz für Freiwillige, der Modernisierung des Vereinswesens, der Anerkennung des Ehrenamtes im öffentlichen Dienst, sowie der Unterstützung von Freiwilligenarbeit durch die Wirtschaft.
Viele Diskussionen haben sich um dieses Thema aufgebaut. Gerade in Österreich löste Andreas Khol eine Debatte mit seiner Kreation der „Bürgergesellschaft“ aus, die in Zeiten der „Sparsamkeit“ eine neue Brisanz erhält. Dieses „Hochloben“ der „Bürgergesellschaft“ beinhaltet u.a. den schalen Geruch, man könnte doch vielleicht damit den Aufbruch der Frauen in die Erwerbswelt und damit in eine neue Unabhängigkeit durch diese belobigten Angebote unterbrechen? Der Soziologe Ulrich Beck beschreibt in seinem Buch die Vision der „Weltbürgergesellschaft“ und sorgte als Mitglied der Zukunftskommission in Deutschland für Aufregung, wo er sein Modell der Bürgerarbeit zu entwickeln begann.
Ehrenamtlichkeit in all seinen Facetten bedient sich unterschiedlicher Begriffe und drückt darin und damit die Vielfalt des Verständnisses für diesen Bereich aus. Sprechen wir von Zivilgesellschaft oder dem 3. Sektor, so werden sich die Bürgergesellschaftsbefürworter nicht verstanden wissen und es steckt auch eine an sich grundsätzlich unterschiedliche Haltung dahinter.
In der Dokumentation des Forschungsprojektes über „Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und bürgerschaftliches Engagement in der Kultur“ schreibt Bernd Wagner, dass sich Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement im Kulturbereich auf einem schmalen Grad bewegt (und wie ich meine nicht nur im Kulturbereich) nämlich:
+ zwischen der Funktion als Lückenfüller und Ausdruck neuer Kulturverantwortung + zwischen politischer Instrumentalisierung und neuen gesellschaftspolitischen Visionen + zwischen modernen Worthülsen und neuen Wegen der partnerschaftlichen Verantwortung für die Kultur + zwischen der Abwälzung lästiger Aufgaben und demokratischer Partizipation an gesellschaftlichen Prozessen
Zum einen liegt es im Interesse der Gesellschaft und der Ehrenamtlichen, wenn die öffentliche Politik die ehrenamtliche Arbeit maßvoll unterstützt, ohne sie jedoch zu vereinnahmen. Zum anderen ist ehrenamtliche Arbeit stets im Umfeld sozialstaatlicher Sicherungen zu sehen, da sich ehrenamtlich nur engagieren kann, wer selbst wirtschaftlich hinreichend abgesichert ist. Einige VertreterInnen aus dem Kulturinitiativenumfeld und der KUPF selbst haben die Einladung der Bundesregierung angenommen, sich an dieser Diskussion zu beteiligen und werden neben der Mitarbeit sehr genau beobachten, ob dieses „Internationale Jahr der Freiwilligen“ nicht nur dem Belobigen dienen soll, sondern wirklich daran gearbeitet wird, die Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche und damit der Zivilgesellschaft zu verbessern.
Uli Böker