Europäische Kulturpolitik – eine neue Herausforderung!?
von Sylvia Amann
Der Versuch einer Annäherung
Vom 5. bis zum 8. Juni 1997 fand in Amsterdam die Generalversammlung der EFAH (European Forum for the Arts and Heritage) statt, bei der zahlreiche nationale und internationale Netzwerke, Dachorganisationen und Institutionen über die Zukunft der Kulturpolitik in Europa diskutierten. Die KUPF – Kulturplattform Oberösterreich – hat sich als assoziiertes Mitglied der EFAH in diesen Diskussionsprozeß eingebracht. In den nächsten Jahren wird im Bereich der EU-Kulturpolitik wahrscheinlich kein Stein auf dem anderen bleiben. Die eigentlichen Kulturprogramme der Union laufen mit Ende 1998 aus, manche, wie beispielsweise „Raphael“ (Erhaltung des kulturellen Erbes), sind niemals in den Programmstatus gekommen und laufen seit Jahren in einem Versuchsstadium. Der größte Kulturförderungsbereich der Europäischen Union sind aber nicht diese Programmschienen, sondern Unterstützungen im Rahmen der Strukturförderungen. 83 % der Unterstützungen für Kultur kommen aus den Strukturfonds und nur 8 % aus den Kunst- und Kulturförderungsprogrammen der EU. Die Strukturfonds und Gemeinschaftsinitiativen laufen im Jahr 1999 aus und werden durch die Vorbereitungen für die Aufnahme der ehemaligen Ostblockstaaten in die Union ebenfalls gravierenden Änderungen unterliegen.
Instrumentalisierung und Ökonomisierung
Die Diskussion rund um die Novellierung der Strukturfonds wird auch mit Argumenten rund um eine Aufwertung des kulturellen Bereichs zur besseren wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen geführt. Monika Wulf-Mathies, die Kommissarin für Regionalentwicklung, hat in einer richtungsweisenden Rede im Mai 1996 auf den Zusammenhang zwischen Kultur- und Regionalpolitik hingewiesen: „Die Strukturpolitik, die gerade auf solche Regionen zielt, die strukturelle Probleme zu bewältigen haben, bietet hier eine hervorragende Möglichkeit, die Kulturförderung zu dezentralisieren und die Sogwirkung der prosperierenden Kulturmetropolen auszugleichen. In diesem Zusammenhang erscheint mir die Überlegung der Präsidentschaft, kulturelle Aspekte der Raumordnung und den Beitrag der Kultur für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung von Regionen künftig stärker zu beachten, außerordentlich wichtig.“ (Dr. Monika Wulf-Mathies beim informellen Treffen der Minister für Regionalpolitik und Raumordnung, Venedig 1996).
Die Kultur spielt sicher eine herausragende Rolle in der regionalen Entwicklung, wie seit Jahren auch am Beispiel der oberösterreichischen Kulturinitiativen bekannt. Bei der ausschließlichen Betonung der wirtschaftlichen Auswirkungen kultureller Betätigung, wie dies seitens der Europäischen Kommission großteils der Fall ist, stellt sich aber auch die Frage, inwieweit daß Kunst und Kultur nur noch ökonomisch instrumentalisiert werden und nicht mehr ihrer viel weitreichenderen Bedeutung Rechnung getragen wird. Kunst und kulturelle Betätigung dienen nicht primär zur Steigerung der Tourismuszahlen und deren Förderung darf auch nicht von möglichst hohem wirtschaftlichen Erfolg abhängig gemacht werden. Ganz im Gegenteil, es muß der vielfältigen Bedeutung des kulturellen Bereichs Rechnung getragen werden. Auch was die Beschäftigung durch Kunst und Kulturarbeit betrifft, so darf nicht nur dann gefördert werden, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden, sondern es müssen die Kulturinitiativen dahingehend unterstützt werden, daß sie jene bezahlen können, die Arbeitsleistungen für sie erbringen und für die kulturelle Versorgung der Regionen aktiv sind.
Betroffene statt Bürokraten
Was die Förderung internationaler Kunst- und Kulturprojekte betrifft, so müssen schon bald Entscheidungen bezüglich der Post-Kaleidoskop-Programme gefällt werden. Besonders der bürokratische Aufwand rund um die bisherigen Programme muß für eine neue Programmschiene entscheidend verringert werden. Die rückläufigen österreichischen Einreichungen für das Kaleidoskop-Programm sind sicher auch ein Indiz dafür, daß an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei Unterstützung durch die Europäische Union angeboten wird. Ähnlich wie auf nationaler Ebene sind auch im internationalen Bereich längerfristige Fördermodelle, die ein kontinuierliches Arbeiten sowohl was die künstlerische Tätigkeit als auch die Teilnahme an der europäischen Kulturpolitik betrifft, notwendig. Dies bedeutet ebenfalls, daß die Union aber auch die nationalen und regionalen Gebietskörperschaften, die internationalen Aktivitäten der Dachorganisation für Kunst und Kultur entsprechend unterstützen müssen, damit sie am europaweiten Diskurs über europäische Kulturpolitik sowie über die Kulturpolitik der EU teilnehmen können.
Bei der Erstellung der neuen Programmschienen, ob nun im Bereich der Strukturfonds oder der Kunst- und Kulturförderung an sich, ist es sicher unerläßlich, die Betroffenen in den Regionen in den Entscheidungs- und Entwicklungsprozeß mit einzubeziehen. Nur sie verfügen über die Erfahrungen in der kontinuierlichen regionalen Kulturarbeit und können somit wertvolle Informationen geben und zu einer basisorientierten Gestaltung und sinnvollen Ausrichtung der EU-Kulturförderung beitragen. Die Kulturministerkonferenz in Linz im September ’98 stellt für die europäische Kulturpolitik eine Gelegenheit unter vielen dar, Bürgernähe und Basisorientiertheit praktisch umzusetzen, die nicht ungenützt bleiben sollte. Anderenfalls darf man sich seitens aller Gebietskörperschaften sowie der europäischen Institutionen nicht wundern, wenn Skepsis und Ablehnung gegenüber der Europäischen Union zunehmen.