Wohin und zurück – Kultur im Aufbruch?

Über die Feiern zum 50er der Landeskulturdirektion wundern

 

Rainer Zendron

Das Programm der Jubiläumswoche („Zeitblicke – Kultur im Aufbruch“ – 50 Jahre Kulturabteilung des Landes OÖ) spiegelt den angestaubten Geist oberösterreichischer Kulturpolitik vergangener Zeiten. Bewahrheitet sich der Satz, dass die Geschichte als Farce wiederkehrt oder genieren sich die Verantwortlichen vor ihrem eigenen Weitblick?

Die Kunst- und Kulturpolitik unseres Bundeslandes im letzten Jahrzehnt war wesentlich von konzeptiver Innovation, liberaler offener Förderpolitik und Vertrauen in heimische Kulturschaffende geprägt. Nachdem ich mich hier nicht als Redenschreiber unserer Kulturpolitiker verdingen will, muß bei allem Lob vermerkt werden, dass immer noch wesentliche Fragen wie z.B. Kunst&Bau dringend für Reformen anstehen und in der Frage des Opernhaus-Baus, die alles entscheidenden Konzeptfragen offen sind. Der Tendenz nach kann man jedoch vermerken: Die generellen Entwicklungslinien deuten in eine positive Richtung. Viel Positives konnte allein deshalb wachsen, weil es nicht von oben verordnet wurde, weil sich die Verwaltung nicht als besserere Veranstalterin oder Kuratorin begriff. KünstlerInnen und Kulturschaffende fanden in der Regel kompetente SachbearbeiterInnen, die trotz fachlichem Interesse meist die Grenzen ihrer Aufgaben nicht überschritten. Ohne Überschätzung einer (hoffentlich nur) missglückten Serie ist es angeraten, das Programm, vor allem jedoch seine Leerstellen, unter die Lupe zu nehmen. Schießlich wird vielerorts befürchtet, dass es nach den Wahlen zu einer schleichenden Umorientierung in der Politik und im Budget kommen könnte. Die „Kultur im Aufbruch“ blendet jedenfalls nahezu alle Innovationen, regionale Besonderheiten und überregionale Bedeutsamkeiten oberösterreichischen Kunst-und Kulturschaffens aus:

  • Die zahlreichen Kulturinitiativen, welche trotz teilweise recht einfallsloser Bla-bla-sicher-ist-sicher-veranstaltungs-herunter-abspielerei immer noch wichtiger Impulsgeber für zahlreiche Städte und Dörfer sind.
  • Das „Festival der Regionen“, welches aus dieser spezifischen Situation heraus entwickelt wurde und dezentral erstklassige Kunstproduktionen präsentiert. (Andere Bundesländer versuchen dieses Modell zu kopieren.)
  • Mit ars electronica, dem AEC und dem Archimedia ist es gelungen Leitprojekte zu sichern, die Oberösterreich zum führenden Bundesland in den elektronischen Künsten macht.
  • Mit der Gründung des OK als Zentrum für Gegenwartskunst wurde ein Produktions- und Ausstellungshaus geschaffen, welches in kürzester Zeit europaweit Beachtung im Bereich der Installationskunst erfuhr und gerade dadurch Sprungbrett für ansässige KünstlerInnen ist.

All diese Projekte wurden auf spezifisch oberösterreichische Gegebenheiten hin in den beiden letzten Jahrzehnten konzipiert. Zu all diesen Entwicklungen trug die Kulturabteilung des Landes bei. Scheinbar sind diese unverwechselbaren Aushängeschilder jedoch ungeliebte Kinder, welche in einen Film von Gruber oder die Sondernummer des Kulturberichtes abgeschoben werden. Die Veranstaltung ignoriert jedoch nicht nur diese regional ansässigen, jedoch national als Markenzeichen oberösterreichischer Kunst und Kultur identifizierten Einrichtungen, sondern auch KünstlerInnengruppen und Kunstsparten, die überregionale Bedeutung aufzuweisen haben:

 

  • wie Theater Phönix und Stadtwerkstatt
  • die außergewöhnliche Dichte an international bedeutenden KomponistInnen (die, soweit der jüngeren Generation angehörend, zu den wichtigsten Positiva des breiten Musikschulwerks zählen)
  • die Revolutionierung der Volksmusikszene (Attwenger, …)

 

(Die Kulturdirektion monierte auf meine Kritik, dass die zeitgenössischen KomponistInnen ohnehin in Wort und Bild [adäquat] ausgestellt seien – ???)

Präsentiert wird demgegenüber als „HÖHEPUNKTE“ Braves und Gesichertes, so wie es jedes Bundesland, ja nahezu jeder Bezirk aufbieten könnte: Blasmusik, Bigbandsound, Goldhauben und Seniorentanz des Kneippbundes – „Nur net auffallen!“ Als Hoffnungsschimmer für meinen Gram lockte mich Hofrat Mohr zum Symposium, obwohl ich schon den Verdacht hatte, daß auch dort leider wieder die falschen Leute sitzen würden; – lauter recht ehrenwerte Personen – bekannt aus Funk und Fernsehn, sicherlich jedoch keine Beobachter, Spezialisten oder gar Vordenker einer zielsicheren, zukunftsorientierten, oberösterreichischen Kulturentwicklung. Der kabarettistische Verlauf dieses Abends war für wenige Ausgewählte ein Genuß der anderen Art (Stenzel : Muliar : „in Würde ergraute Konsulenten im Publikum“). Wer nicht dort war ist selber Schuld!

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