Fürsorge im Freien Radio

Wie gehen Mitarbeiter*innen bei Radio FRO mit Fürsorge um? Das diverse Team wird von einem gemeinsamen Projekt und dem Bemühen um gegenseitige Fürsorge getragen. Marina Wetzlmaier für Radio FRO.

Radio FRO feierte 2023 das 25-jährige Bestehen: mit Sonderprogramm, neuen Sendereihen und mehrtägigen Live-Berichterstattungen. Mit wenigen Ressourcen das Maximum herausholen. So lässt sich unsere Arbeit zusammenfassen. Klar ist auch: Diesen Job macht man aus Überzeugung. Er funktioniert nur durch viel Herzblut und einer starken Identifikation der Beteiligten mit dem Projekt Radio FRO. Und vor allem durch einen freundschaftlichen Umgang im Arbeitsumfeld, mit Rücksichtnahme und Verständnis füreinander. Die Selbstfürsorge bliebe bei einigen wohl auf der Strecke, würden die Kolleg*innen nicht hin und wieder daran erinnern, dass man auf sich schauen, auf die Gesundheit achten und sich unbedingt aus- ruhen soll, wenn der Körper streikt. Der Balance- Akt zwischen Beruf und Freizeit beschäftigt alle im Team. Da bei Radio FRO Teilzeitarbeit überwiegt, haben einige zudem noch weitere Jobs. Jede*r hat für sich einen eigenen Umgang und Strategien gefunden.

Flexibilität
Wir können uns die Arbeitszeit frei einteilen und im Notfall kurzfristig im Home Office bleiben, um uns um andere zu kümmern. Mit allen Vor- und Nachteilen. Freie Einteilung bedeutet aber auch, dass man selbst dafür verantwortlich ist, sich abzugrenzen. Den Laptop, mit dem sich überall und jederzeit arbeiten lässt, ruhen zu lassen. Das Diensthandy auch mal auszuschalten. In einigen Bereichen gelingt es nicht immer, etwa bei Social Media, wo man ja nichts verpassen möchte. Freie Medien leben von ehrenamtlichem Engagement, das sich bei FRO in der Programmgestaltung durch großteils ehrenamtliche Sendungsmacher*- innen widerspiegelt. Bei den hauptamtlichen Mitarbeiter*innen kommt es aber immer wieder zu Situationen, wo eine Trennung schwierig ist. Umso bewusster stellt sich die Frage: Bis wann geht meine Arbeitszeit, wenn ich von einem Konzert berichte, ab wann handelt es sich um Freizeit?
Egal, wo und wie man arbeitet, das Vertrauen, dass Aufgaben erledigt werden, ist da. Dennoch ist klar, dass jede*r einen eigenen Verantwortungsbereich hat und es nicht immer möglich ist, für die anderen einzuspringen. Auch wenn dadurch Arbeit liegen bleibt, muss man weder negative Konsequenzen fürchten noch den Vorwurf nicht genug zu leisten. Das schlechte Gewissen macht man sich ohnehin selbst, wie die Aussage einer Kollegin zeigt: „Falle ich aus, weil mein Kind oder ich – oder wir beide, wieder irgendwas auskurieren, macht sich in mir das Gefühl breit, alle im Stich zu lassen.“

Gemeinschaft schaffen
Gerade in Führungsrollen bedeutet Care-Arbeit auch Fürsorge im und fürs Team. Das komplexe Gefüge aus unterschiedlichen Lebensrealitäten zusammenzuhalten, erfordert ein hohes Maß an Empathie und soziale Kompetenz. Der Aufgabe des Kümmerns nehmen sich unterschiedliche Personen im Team an.
Gemeinschaft zu schaffen ist die Grundaufgabe eines Community-Radios. Sie erfordert permanentes Engagement, für das es treibende Kräfte braucht. Nur so schafft man es, die Ressourcen für gemeinsame Projekte wie Live-Events, Feste und spezielle Anlässe, etwa den Feministischen Kampftag oder den Tag der Sprachen, aufzubringen. Vielleicht ist es gerade dieser Spirit, der dann auch Wehmut oder ein schlechtes Gewissen verursacht, wenn man daran weniger teilhaben kann.

Gummiball vs. Glaskugel
In dieser Hinsicht können wir voneinander lernen. Etwa, dass es legitim oder gar notwendig ist, Zeit mit der Familie statt der Arbeit zu wählen. Wie eine Kollegin sagt: „Arbeit ist ein Gummiball. Wenn er herunterfällt, kommt er zurück. Familie hingegen ist eine Kugel aus Glas, zerbrechlich und einzigartig. Sie braucht mehr Aufmerksamkeit.“
Auch hier können die Grenzen fließend sein, etwa wenn man Familienzeit mit Arbeit kombiniert. So kommt es schon mal vor, dass die eigenen Kinder an Ferientagen einen Radiobeitrag über ein Lieblingsthema gestalten, während man selbst in einer Besprechung sitzt.
In unterschiedlichen Lebenswelten bedeutet Kümmern vieles. Wir unterstützen Partner*innen und erwachsene Kinder bei der Care-Arbeit oder haben Sorge um ältere Angehörige. Nicht zu vergessen Haustiere, die uns fordern können. Das eigene Wohlergehen wird dabei hintangestellt. Selbstfürsorge muss man sich eingestehen, lernen und aktiv betreiben, denn: „Care-Arbeit fängt bei mir an. Nur wenn ich mich um mich gut kümmere, kann ich meine Arbeit erledigen und für andere da sein.“

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