Die KUPF macht sich selber schwach

Georg Ritter im Interview mit Stefan Haslinger zum Thema 20 Jahre KUPF.

 

Ein Gespräch mit Georg Ritter, langjähriger Kunst- und Medienaktivist der Linzer Stadtwerkstatt und kritischer Beobachter der KUPF, anlässlich des 20 Jahre- Jubiläums der KUPF

Du bist seit Anfang der 80er Jahre in der Stadtwerkstatt aktiv. Wie hast du die Gründung der KUPF miterlebt, bzw. was waren die Gründe, warum die Stadtwerkstatt bis heute nicht Mitglied der KUPF ist?

Das wesentliche für uns, auch im Gegensatz zur KUPF war, dass wir uns in der Stadtwerkstatt als Kunstarbeiter verstanden haben, und weniger als Kulturaktivisten. Deswegen war für uns die KUPF anfänglich viel weiter weg. Wir haben uns dem Kulturbegriff in erweitertem Sinne genähert. Nicht nur das Haus, sondern auch die Stadt, später auch der mediale Raum waren Aktionsfeld. Alle unsere Tätigkeiten waren Kunst. Wir haben unsere kulturellen Aktivitäten anfänglich nur als strategische Maßnahmen gesehen. Uns ging es nicht darum, Veranstalter zu sein, uns ging es darum, mit Mitteln der Kunst vorhandene Themen im öffentlichen Raum unter Ausschöpfung aller relevanten Möglichkeiten zu bearbeiten.

Ging es dabei auch um die Diskussion urbaner Raum vs. Region, und damit verbunden auch die Verteilungsfrage. Ist das ein realer Konfliktfall?

Zu so einer Debatte habe ich nie einen Anlass gesehen. Vielmehr sähe ich Anlass darüber zu reflektieren, inwieweit die KUPF von dem, was sie repräsentiert abgedriftet ist. Die Frage wäre also, inwieweit die KUPF selbst ein urbanes „Kulturbüro“ geworden ist, und in ein Funktionärswesen eingetreten ist. Hat die KUPF den handelnden Menschen verlassen, und ist zum Funktionär mutiert? Wir haben aus unserer Kritik an so einer „Wasserkopf-Vertretung“ einen anderen Weg bei der Gründung des offenen Forum freie Szene Linz gewählt. Es wurde sehr ökonomisch vorgegangen. Das Positionspapier war die Arbeitsüberkeinunft, die Versammlung waren die Absprachen, und die Arbeit ist in den bestehenden Organisationen abgewickelt worden. Jeder konnte kommen und mitbestimmen. Das war ein Gegenmodell zur KUPF, wobei ich jetzt nicht sagen will, dass das eine schlecht ist und das andere gut. Jedes dieser Werkzeuge hat unterschiedliche Potentiale und hat unterschiedliche Auswirkungen und Fähigkeiten.

Es ging um Verweigerung von Strukturen, um bewusst einen Aktionsradius zu erhalten, der der KUPF abhanden gekommen ist?

Wir haben immer auf Politisierung gesetzt. Es gibt nur eine Grundlage für die Zusammenarbeit, nämlich die Kulturförderung im städtischen Raum massiv zu verändern. Das war notwendig nachdem, auf Stadt- und Landesebene eine völlige Stagnation eingetreten ist, und nichts mehr zu bewegen war. Wir haben rein aus dieser Bedarfsorientierung heraus gehandelt. Das war keine Standesvertretung, und das ist von der KUPF oft missverstanden worden. Wir haben eine Übereinkunft organisiert, um einen größtmöglichen Konsens herzustellen. Das Allerschwierigste und das Manko in der Kulturarbeit ist, dass sich kaum ein Thema organisieren lässt, um es auf einen breiteren Konsens zu heben. Alles ist so diversifiziert, alles ist in Partikularinteressen aufgeteilt, und gemeinsame Interessen werden nicht formuliert. Dazu bedarf es kontinuierlicher Arbeit, und ein immer wieder gegenseitiges Absprechen der Vorgehensweise. Ich kann nicht mit vielen kleinen Stecknadeln das Terrain abstecken, sondern ich muss diese vielen Stecknadeln auf einem Punkt ansetzen um etwas zu bewirken. Das Vereinfachen, das Überschaubar- und Nachvollziehbarmachen ist die absolute Notwendigkeit.

Aber dieses, wie du sagst, Vereinfachen und Überschaubarmachen ist bei Organisationen wie der KUPF in der jetzigen Form nicht so einfach.

Warum nicht? Meine Kritik an der KUPF ist ja, dass ständig versucht wird, verschiedene Themen zu besetzen. Einmal drängt die KUPF in den Bildungsbereich vor, einmal in den Behindertenbereich, einmal in den migrantischen Bereich. Aber wo bleiben die Strategien, wo bleibt die Kritik? Es wird für alle immer schwieriger, sich abzugrenzen, und deswegen, glaube ich, muss man dort ansetzen, wo man ursprünglich hergekommen ist. Nicht nur mit einer Kritik an der Gesellschaft, sondern mit der Förderung einer politischen Kultur, die in der Praxis so nicht stattfindet. Auch gegenüber der „Hochkultur“, gegen die man ursprünglich angetreten ist, muss eine gewisse Opposition bewahrt werden. Da wird ein Musiktheater gebaut in Linz und man steht völlig blank daneben. Da wird ein riesiger AEC-Zubau gemacht ohne irgendeinen Diskussionsprozess. Es muss ein wachsames Auge auf die öffentliche Hand geben. Ich denke, es gibt im kulturellen Feld einen großen Bedarf an einem Diskussionsprozesses.

Das heißt, dass ein grundlegendes Problem der KUPF in der Vielfalt der Themenfelder liegt?

Die KUPF macht sich hier selber schwach. Ein Beispiel: Die KUPF beginnt die prekären Arbeitsverhältnisse zu thematisieren und zu kritisieren, und hat ein völliges Dilemma in dieser Frage. Sie stellt sich hier selbst ins Eck, weil sie kein Lösungsmodell hat für das wozu sie selbst beigetragen hat. Mitunter sind die Kulturarbeiter die Speerspitze bei der Einführung dieser prekären Arbeitssituationen gewesen. Das Motto „less income – more experience“ als selbstauferlegte Lebenspraxis wurde zum Vorbild für Konzerne, die von ihren Mitarbeitern dasselbe einfordern. Das finde ich fade. Man müsste sich viel radikaler anschauen, warum man es in Kauf nimmt, hier Vorbildwirkung zu produzieren. Sitzt man hier nicht einer riesengroßen Illusion auf?

Ist das ein Vorwurf, dass die KUPF sich zuwenig an der Praxis orientiert, und zu institutionalisiert agiert?

Als Denkmodell finde ich es interessant, zu versuchen, die Strukturen der KUPF niederzufahren, und die vorhandenen Gelder in Projekte umzusetzen. Dadurch könnte die Arbeit auch an die Bedürfnisse der Basis gekoppelt werden, und gleichzeitig Aufklärungsarbeit in den Kulturinitiativen gemacht werden. So wie es jetzt ist, hat man das Gefühl, da oben sitzt wer, die machen das schon. Das strahlt ja nicht auf die Eigenverantwortlichkeit aus.

www.stwst.at

Eine lange Version des Interviews ist hier nachzulesen.

Stefan Haslinger ist Geschäftsführer der KUPF – Kulturplattform OÖ und im Vorstand der IG Kultur Österreich.

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