How Scandinavian

Rundgänge im Kopf zu einer Studie, einem Gespräch und den Möglichkeiten kulturpolitischer Durchsetzung von Förderverfahren!

 

Von Stefan Haslinger.

„Good Governance“ übersetzt das Wörterbuch mit „verantwortungsbewusste Regierungsführung“. „Good Governance in der Kulturförderungsverwaltung“ nennt sich eine empirische Untersuchung, die Tasos Zembylas – Professor am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft – mit FörderwerberInnen der Abteilungen II/2 (Theater, Musik) und II/8 (regionale Kulturinitiativen) der Kunstsektion des Bundeskanzleramtes durchgeführt hat. Verantwortungsbewusste Regierungsführung! Das klingt einmal sehr salbungsvoll. Es steht aber nicht als Status Quo sondern als Forderung über der Studie. Als Forderung über einer Studie, die mit Begriffen aufwartet, die in einem Förderverfahren eigentlich unerhört (oder bis jetzt ungehört) klingen. Fairness zum Beispiel. Und dazu heißt es in der Studie: „Darüber hinaus kann ein Konzept von Fairness geltend gemacht werden, das überall notwendig ist, wo eine signifikante Machtasymmetrie vorherrscht.“ Wo aber, und wie wird dieses Konzept geltend gemacht?

Mahnende bzw. warnende Worte richtete Otto Tremetzberger, Geschäftsführer des freien Radio Freistadt, beim 6. Kulturpolitischen Kamingespräch von KUPF und KunstRaum Goethestrasse unter anderem an die Adresse der KUPF. Die Auseinandersetzung mit Verfahrensstandards sei schön und gut, so Tremetzberger, und auch die Forderung nach mehr Transparenz in der Fördervergabe, aber dabei dürfe niemals die kulturpolitische Dimension außer Acht gelassen werden. Es geht immer um die Frage: „Warum wollen wir mehr Transparenz und welche Konsequenzen sind damit verbunden?“ Tremetzberger streute mit dieser Wortmeldung und den einschließenden Gedanken Salz in eine schwärende Wunde. Die Wunde eitert nicht übermäßig, aber läuft immer Gefahr aufzuplatzen. Denn selbstredend ist es für einen Dachverband wie die KUPF einfacher lautstark nach mehr Transparenz, verbindlichen Förderkriterien usw. zu schreien, und im Umkehrschluss können hier auch schneller Erfolge verbucht werden. Ungleich schwieriger gestaltet sich der Vorgang, wenn es darum geht den kulturpolitischen Impetus hinter derartigen Forderungen zu vermitteln. Und wieder steht es da, das böse Wort „vermitteln“.

Verfahrensstandards können ein dankbarer Ausweg aus der Misere sein, dass trotz aller Vermittlung die Argumente oft nicht gehört werden. Aber ist das schon genug, wenn die Erleichterung und Verbesserung von Fördervergaben als probater Ausweg angesehen werden? Hier muss ein Riegel vor heraufdräuende Entkoppelungstendenzen geschoben werden. Eine Diskussion über Einführung von Standards und die Implementierung kulturpolitsicher Inhalte darf keine „entweder – oder“- Debatte sein, sondern muss immer im Rahmen von „sowohl – als auch“ verhandelt werden.

Neben der Fragestellung um die Vermittelbarkeit kulturpolitischer Inhalte muss und kann im Rahmen der Diskussion von Verfahrensstandards auch noch ein weiteres Gefahrenpotential angesprochen werden. Eine Gefahr, die darin liegt, dass durch Vereinfachung und Fairness so etwas wie eine strukturelle Gewöhnung seitens der FörderwerberInnen entstehen kann. Strukturelle Gewöhnung? Damit ist die Problematik gemeint, dass sich KulturarbeiterInnen mehrheitlich als AntragstellerInnen definieren und ihren kulturpolitischen Auftrag vernachlässigen. Also wiederum die Frage: Inhalt oder Standard?

Was bleibt, ist also die Frage wo und wie Auseinandersetzung mit diesen Themen passieren kann. Auf welcher Plattform das passieren kann. Und hier ist nicht zuletzt die KUPF gefordert sich diesen Fragen zu stellen und sich in Permanenz damit zu beschäftigen. Denn noch gibt es nicht das Allheilmittel und die Lösung. Zum Schluss noch zum Anfang und zum Titel! In Skandinavischen Ländern wird mit der Transparenzfrage ganz anders umgegangen und sozusagen der radikale Ansatz gewählt, dass alle über alles Bescheid wissen können. Ein System mit Tücken, welches sich eher nicht zu 1:1 Umsetzung empfehlen ließe.

Und ganz zum Schluss noch die Lösung: Der Titel bezieht sich auf eine Textzeile aus dem Song „Hunter“ von Björk: „I thought I could organize freedom, how Scandinavian of me“.

Tasos Zembylas Studie „Good Governance“ in der Kulturförderungsverwaltung. Einsichten aus einer empirischen Untersuchung: http://kulturrat.at/agenda/transparenz/Studie_Kulturfoerderung.pdf

Auszüge aus dem KUPF Kamingespräch unter: http://cba.media/show.php?lang=de&eintrag_id=5321

Stefan Haslinger ist Geschäftsführer der KUPF – Kulturplattform OÖ, und im Vorstand der IG Kultur Österreich.

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