„Feminismus ist Politik; eine Politik, die auf die Veränderung der realen gesellschaftlichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen abzielt. Diese Machtverhältnisse bestimmen sämtliche Lebensbereiche: Familie, Erziehung, Fürsorge, die Welt der Arbeit und der Politik, Kultur und Freizeit. Sie legen fest, wer was für wen tut, was wir sind und was wir werden können“.
von Chris Weedon, Wissen und Erfahrung
Die verschiedenen feministischen Strömungen von Differenz, Separatismus, Gleichheit und Gender-Konzeptionen bedingen unterschiedliche Strategien. Allen ist jedoch gemein, die Verschiedenheit der gesellschaftlichen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Situation von Frauen zu sehen. Alle anerkennen die Unterschiedlichkeit der einzelnen Frauen. Wir fordern den halben Kuchen, wir fordern einen eigenen Kuchen, wir fordern, die Zutaten für den Kuchen selbst zu wählen! frauen.fordern.kultur
PARITÄT
Wir fordern dieparitätische Besetzung des Oberösterreichischen Landeskulturbeirates inklusive der Fachbeiräte zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Jeder einzelne Fachbeirat muß paritätisch besetzt sein.
Wir fordern die paritätische Besetzung von Jurys und die doppelte Ausschreibung und Vergabe von Landespreisen, Stipendien, Atelierförderungen und Talentförderungen des Landes Oberösterreichs, die an Einzelpersonen vergeben werden. Über die Besetzung von Jurys muß öffentlich (z.B. im Landeskulturbericht) vor einer Entscheidung informiert werden, insbesondere der Landeskulturbeirat und die zu schaffende Vernetzungsstelle sind einzubeziehen und haben das Recht, Stellung zu nehmen. Bei Stipendien, Landespreisen, Talentförderungspreisen und Atelierförderungen muß die Vergabe an alle in Oberösterreich lebenden Menschen um die Unabhängigkeit von ihrer StaatsbürgerInnenschaft erweitert werden. Im speziellen Fall der Talentförderung muß die Altersbegrenzung abgeschafft werden, um Eltern nach „Kinderzeiten“ oder SpäteinsteigerInnen einen Zugang zu ermöglichen.
Auf der Ebene der Herstellung von Parität im Landeskulturbeirat und bei Jurys usw. sind MigrantInnen in der Höhe ihres Anteils der Bevölkerung zu berücksichtigen. Auch hier sind Frauen im gleichen Maße wie Männer zu berücksichtigen.
In der gesamten Landeskulturverwaltung, in den ausgegliederten Kultureinrichtungen des Landes Oberösterreich (Landestheater, OK, Landesmuseum, Musikschulwerk, etc.) und in allen kommunalen Kulturinstitutionen ist eine Erhöhung des Frauenanteils besonders in den Führungspositionen anzustreben. In jeder Ausschreibung ist darauf hinzuweisen, daß bei gleicher Qualifikation Frauen bevorzugt einzustellen sind. Die in landesnahen und kommunalen Einrichtungen immer umfassender werdenden Beschäftigungen mittels Werkvertrag oder freiem Dienstvertrag sind einzuschränken, MitarbeiterInnen sind abgesicherte Arbeitsplätze anzubieten.
VERNETZUNG
Wir schließen uns der Forderung einer Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur im Kulturentwicklungsplan Linz an und fordern koordiniert zu dieser linz-orientierten Vernetzungsstelle eine oberösterreichweite Vernetzungsstelle, die ihr Hauptaugenmerk auf die regionale oberösterreichweite Kunst- und Kulturszene legt. Diese Vernetzungsstelle muß analog dem Modell des Vereins FIFTITU% selbstverwaltet sein. Inhaltliche Schwerpunkte liegen bei der freien Szene, der zeitgenössischen Kunst, interkulturellen Projekten und der Interessensvertretung gegenüber dem Land Oberösterreich. Durch Beratung von Projektbetreiberinnen, durch eine Künstlerinnendatenbank und durch professionelle Öffentlichkeitsarbeit soll diese Vernetzungsstelle ein Beitrag zur Förderung von Frauen in Kunst und Kultur sein.
Um Frauenkulturarbeit in den Regionen besser zu verankern sollen, angekoppelt an bestehende Kulturinitiativen regionale Frauenkulturzusammenhänge entstehen und vom Land Oberösterreich finanziell unterstützt werden. Diese selbstverwalteten Zentren sind weniger Veranstaltungshäuser, sondern vielmehr offene Produktions-, Informations- , Kommunikations – und Medien(werk)Stätten, die konkret Frauen vor Ort bei der Kulturarbeit unterstützen. Zunächst sind solche regionalen Zusammenhänge mindestens in allen oberösterreichischen Vierteln zu schaffen.
FÖRDERUNGEN
Wir fordern vom Land Oberösterreich, zusätzlich zur Landesausstellung und zum Festival der Regionen, alle zwei Jahre Schwerpunktwochen zur Symmetrie der Geschlechterzu finanzieren. Dieses Großprojekt soll dazu dienen, mittels Kunst und Kultur die gesellschaftliche Konstruktion der Benachteiligung von Frauen umfassend bewußtzumachen: in ihren regionalen, generationsspezifischen, nach soziale Schichten und Nationalität bedingten Dimensionen, in der Freizeit und Arbeitswelt etc.. Damit sollen nachhaltig wirkende Impulse für das oberösterreichische Kunst- und Kulturgeschehen gesetzt werden. Das Modell des Festivals der Regionen kann in zwei Bereichen als Vorbild dienen: die Finanzierung durch das Land OÖ Kulturabteilung muß sich in einer ähnlichen Größenordnung wie im Falle des Festival der Regionen bewegen, die Organisation des Festivals durch einen selbstverwalteten Verein unter Einbeziehung von Expertinnen erscheint als praktikables Modell.
Im Kulturbereich sind Frauen überproportional vertreten, einerseits als ehrenamtliche Kräfte und andererseits in den Bereichen, die zu den „vermittelnden“ Tätigkeiten gerechnet werden, ebenso als Rezipientinnen. Ehrenamtliche Arbeit bietet einen Freiraum jenseits von marktabhängig bestimmten Interessen, aber keine soziale Absicherung für den/die AktivistIn. Die Arbeitsplätze in der Freien Kulturszene sind und werden noch immer großteils mit Männern besetzt – darum: Das Land OÖ finanziert aus Mitteln des Kultur-, Sozial- und Wirtschaftsbudget das Äquivalent von 20 Vollzeitarbeitsplätzen über mindestens 3 Jahre in der freien Szene, die nur mit Frauen besetzt werden können. Diese Förderung muß berücksichtigen, daß es sich um entsprechend bezahlte, qualifizierte Jobs handelt, daß für die Frauen Weiterbildungsmöglichkeiten bestehen und daß Teilzeitmöglichkeiten/Jobsharing für Frauen mit Betreuungspflichten bestehen. Bei davor arbeitssuchenden Frauen ist auch eine Kooperation mit dem AMS denkbar (Einbeziehung in den OÖ Beschäftigungsplan), allerdings ist sicherzustellen, daß diese Förderung auch nicht offiziell arbeitslosen Frauen, sondern auch WiedereinsteigerInnen ohne AMS-Anspruch oder JobumsteigerInnen zusteht. Die Kulturinitiativen, die diese Förderung in Anspruch nehmen möchten, haben analog dem Modell des KUPF-Innovationstopfes „Kultur – Arbeit“ ein Projektkonzept einzureichen, über das eine nur mit Frauen besetzte Jury entscheidet. Der Arbeitsinhalt des Projektes kann sich mit frauenspezifischer Kulturarbeit beschäftigen, muß das aber nicht unbedingt (Frauen sollen in allen Bereichen der Kulturarbeit gefördert werden).
Die bestehende geschlechtsspezifische Zuweisung von Reproduktionsarbeit ist ein grundlegendes Konstruktionselement der Asymmetrie der Geschlechter. Darum müssen Maßnahmen, die Frauen mit Kindern eine bessere Teilhabe am kulturellen und politischen Leben ermöglichen, in allen Themenbereichen verankert werden:
Ehest richtet das Land OÖ einen eigenen Fördertopf ein, der dazu dient, während Kulturveranstaltungen, Seminaren, Workshops udgl. im Kulturbetrieb, Kinderbetreuung anzubieten (das betrifft vor allem tagsüber stattfindende Veranstaltungen) Dieser Fördertopf muß für VeranstalterInnen unbürokratisch zugänglich sein, der/die zuständige BeamtIn sollte zudem über verschiedene Mglichkeiten für Kinderbetreuung informieren. Längerfristig sollten Kinderbetreuungskosten in den laufenden Budgets der Kulturinitiativen und -projekte verankert werden, die Budgets müssen um diesen Betrag erhöht werden.
Generell ist das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen für alle Altersstufen insbesondere im ländlichen Raum auszubauen. Ebenso kann eine Förderung von Kinderkultur, aber auch generationenübergreifenden Projekten dazu beitragen, daß mehr Eltern am Kulturleben des Landes teilhaben können – gemeinsam mit ihren Kindern. Interkulturelle Kinderkultur ist dabei besonders zu berücksichtigen.
Wir fordern das Land OÖ auf, Initiativen zu setzen, um eine bundesweite Vernetzung und damit Förderung von Frauen aus dem Kunst- und Kulturbereich voranzutreiben.
- Möglichst sofort muß das Thema „Förderung von Frauen in Kunst und Kultur“ zum Thema der LandeskulturreferentInnen-Konferenz gemacht werden. Die Ergebnisse müssen für die interessierte Öffentlichkeit transparent gemacht werden.
- Das Land OÖ soll sich dafür stark machen, daß der Bund ein alljährliches bundesweites Praxis- und Theorie-Treffen von Frauen finanziert, das jeweils in einem anderen Bundesland stattfindet. Das erste bundesweites Treffen soll in Oberösterreich stattfinden und muß vom Land OÖ kofinanziert werden. Dieses Treffen, in Form einer Konferenz oder eines Symposiums, muß Vernetzung, inhaltliche Auseinandersetzung, Diskurs und Solidarisierung ermöglichen. Best practise Präsentationen bieten die Möglichkeit, österreichweit Know-how auszutauschen und sich gemeinsam weiterzuentwickeln.
BILDUNG, AUSBILDUNG, ARBEIT
Bei bestehenden und bei der Entwicklung von Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen für Kulturarbeiterinnen und Künstlerinnen sind frauenspezifische Aspekte inhaltlich und organisatorisch zu berücksichtigen. Grundlagen feministischer Theorie sollten in jedem umfassenden Bildungsprogramm Teil der Ausbildung sein, genderspezifische Weiterbildungsangebote sind besonders zu fördern. Die öffentliche Hand soll besonders solche Bildungsmaßnahmen unterstützen.
Auch ist zu berücksichtigen, daß Frauen zumeist diejenigen sind, die finanziell schlechter gestellt sind (Frauen verdienen im Schnitt ein Drittel weniger als Männer und besitzen weniger Anteil am gesellschaftlichen Vermögen) und es notwendig ist, Ausbildungen und Weiterbildungen anzubieten, die auch leistbar sind. Gleichzeitig sind verstärkt Bildungsangebote zu entwickeln, die minoritären Bevölkerungsgruppen ermöglichen, an Kunst und Kultur zu partizipieren z.B. für Menschen mit weniger Schulbildung und für Menschen nicht-deutscher Muttersprache uä.. Für Frauen mit Betreuungspflichten ist bei jedem Bildungsangebot eine kostenlose Kinderbetreuung anzubieten.
Wir fordern analog dem Frauenvolksbegehren einen Mindestlohn von ÖS 15.000.- brutto (für einen Vollzeitarbeitsplatz). Gerade im Kulturbereich würde dieser Mindestlohn vielen Frauen zugute kommen. Die öffentlichen SubventionsgeberInnen haben sicherzustellen, daß diese Bezahlung Kultureinrichtungen auch budgetär sichergestellt ist.
Aufbauend auf dem Modell der Bildungskarenz ist ein Jahr der „Kulturkarenz“ einzurichten, das Land OÖ soll sich gegenüber AMS und Bund dafür einsetzen. Dieses Jahr soll Interessierten mit einer finanziellen Grundsicherung ermöglichen, direkt an der Kulturarbeit umfassender als neben einem Vollzeitjob zu partizipieren. Bildungs- und Kulturkarenz muß neben den bestehenden Sicherheiten auch für die Pension anrechenbar sein und der Betrag der Absicherung muß mindestens auf den Ausgleichzulagenrichtsatz erhöht werden.
FRAUENVOLKSBEGEHREN
Im übrigen fordern wir die sofortige Umsetzung aller Punkte des von über 600.000 ÖsterreicherInnen unterschriebenen Frauenvolksbegehrens.