365 tage zirkus im jahr. mitten in linz. wer kennt nicht das linzer pflasterspektakel? tausende schaulustige drängen sich durch die linzer innenstadt und belustigen sich an den dargebotenen straßenkünsten. künstlerinnen aus dem in- und ausland stehen drei tage lang auf der größten kleinkunstbühne österreichs und freuen sich über das spendable publikum. die akzeptanz dieses genre an den verbleibenden 362 tagen im jahr ist wohl Ð wie die aus der not heraus zu straßenkünstlerinnen werdenden menschen Ð eine andere geschichte.
von andi liebl
das geheimnis der tricks und das schöne an nummern ist auch für den eigenen gebrauch sinnvoll. gerade wenn damit ein kontinuierliches angebot für kinder und jugendliche geschaffen wird. genau dies bietet das erste linzer kinderzirkusprojekt sobini. in einem ehemaligen lagerraum in der museumsstraße haben sich die aktivistinnen einen raum adaptiert, der vielfältigst den ansprüchen der nachwuchsartistinnen und freizeitclowns gerecht wird. ich besuchte die sobinis, vertreten durch monika schöllhammer und roland penzinger, und schildere hier nun meine eindrücke. von der museeumsstraße geht es bei der nummer 7a durch eine unscheinbare einfahrt in einen hof. dort sticht mir sofort ein rotes, altes feuerwehrauto in die augen. sobinis mobiler mitmachzirkus. neben dem museumsstück eine doppelflügeltür. sie zwickt und knarrt ein wenig, doch gibt sie dann den weg ins innere der sobiniräume frei. ich stehe in einem nicht allzulangen gang, links eine tür (in einen lagerraum) und rechts eine tür in das büro, die logistische zentrale. ich nehme den weg gerade aus, komme vorbei an einer kleinen küche und toiletten und stehe plötzlich im zentrum des raumes, der manege. hier passiert das eigentlich wichtige, denke ich mir. unzählige jongliersachen stehen an der wand und einige sitzecken bieten platz für erholung. die höhe und der grundriss der manege bieten trainieren wie spielen platz. bunter boden und tageslicht von oben machen diese nutzung zum doppelten vergnügen. angrenzend an diesen raum eine längliche im rechten winkel dazu ausgerichtete eher niedere halle, an deren ende eine schwarzlichtbühne steht. schwarzes theater und manipulation mit fluoreszierenden gegenständen hat hier sein zuhause. eine türe von der schwarzlichtbühne führt in die kostüm- und requisitenwerkstatt. ich gehe zurück ins büro und treffe monika schöllhammer. mit ihr führte ich folgendes gespräch:
sobini ist drei jahre alt und seit einem jahr bei der kupf mitglied. wie fing alles an? am 14. november vor drei jahren war das erste treffen hier im haus. es schaute damals noch nicht so einladend aus, aber es kamen kinder, die mit uns anfingen, zirkuskünste zu lernen und szenisches spiel zu probieren. die wurzeln der idee reichen natürlich schon ein paar jahre länger zurück. roland, mein lebensgefährte, hat zum jonglieren angefangen und dadurch die jonglier- und artistinnenszene in oö kennengelernt. durch unsere tochter sind wir dann daraufgekommen, das das auch eine tolle bereicherung für das spiel von und mit kindern ist. durch das spielen im garten vor unserem haus, haben sich dann plötzlich kinder aus der ganzen nachbarschaft eingefunden und so haben wir das erste mal einen kinderzirkus gemacht. als dann der herbst kam, wußten wir, daß wir einen raum brauchten um trotz schnee und kälte weiterzumachen. wir wurden dann auch fündig. mit einer portion finanzieller selbstausbeutung und einer doppelten portion freiwilliger helferinnen haben wir dann angefangen, die räumlichkeiten für uns nutzbar zu machen. die vision damals war eigentlich einerseits der kleinkunstszene, die ja in oberöstrreich relativ gut ausgeprägt ist, einen raum zu geben, um witterungsunabhängig zu trainieren und zu arbeiten und andererseits wollten roland und ich gerade den bereich zirkus für kinder erleb- und begreifbar machen.
wie schaut es aktuell aus: gibt es austausch mit der szene? unser schwerpunkt war bisher (neben adaptierung und so) die arbeit mit kindern. im speziellen eben kinderzirkus. das hat sich aus unserem erlernten hintergrund ergeben. unser team kommt fast geschlossen aus dem pädagogischen bereich. allerdings hat sich in diesem dritten sobini-jahr etwas geändert. wir haben bemerkt, daß die kinder, die mit uns angefangen haben und noch zu uns kommen, mittlerweile jugendliche geworden sind. die bezeichnung ãkinderzirkusÒ war nicht mehr zufriedenstellend. dem jahr Ô99 wurde somit ein schwerpunkt zugrundegelegt: integration. dadurch haben sich dann einige sehr interessante wege aufgetan. verschiedene teilbereiche und projekttätigkeiten wurden gefestigt. das ist am besten an unserer aktuellen programmplanung ersichtlich. der austausch, den du angesprochen hast, passiert zur zeit eher nur, wenn wir jemanden für worshops gewinnen können. ansonsten, wenn jemand eigeninitiative ergreift, freuen wir uns über kontaktaufnahme und auch mitgestaltung.
ihr arangiert meetings, wo leute techniken lernen können und sich im szenischen spiel erfahren können. was passiert hier im haus? und macht sobini auch etwas, wie ein anderer zirkus auch: in oder mit einem zelt? ja; bisher ging das so vor sich, daß wir vorwiegend von gemeinden, schulen und kindergärten eingeladen wurden. da sind wir dann mit unserem mobilen mitmachzirkus hingefahren, das ist ein altes feuerwehrauto voll mit requisten und kostümen, schminke und einem kleinen zirkuszelt. ausgesehen haben diese ausflüge ganz unterschiedlich. vom vierstündigen schnuppernachmittag in sachen zirkuskünste bis zu ein- und mehrtagesaktionen. da geht es dann auch nicht um die großen sensationen. die freude steckt da schon im einfachen und natürlich auch in der präsentation. verantwortlich für diesen bereich ist jürgen zeller. im haus passieren worshops unter so klingenden namen wie maxicircus für minisobinis, jonglieren für schwindelfreie, akrobatik für elastische, clownerie für gescheiterte, u.s.w. geleitet werden diese workshops von geschulten und erfahrenen menschen aus unserem team. für neugierige empfiehlt es sich doch einfach einmal vorbeizuschauen. hauen.
habt ihr hinter dieser arbeit so etwas wie ein pädagogisches konzept? das vordergründigste sagt schon unser name. sobini. so bin ich. also die präsentation von sich selbst, selbstwert, selbsterkennung und selbstfindung. wir gehen davon aus, daß kinderkultur notwendig ist und einen positiven einfluß auf die entwicklung der kinder besitzt. denn letztendlich kommen die kleinen besucherinnen hier mit ihnen bisher unbekannten dingen, wie beispielsweise theater, in berührung und gewinnen so vielfältige kulturelle eindrücke. und je mehr sie davon gewinnen, desto selbstbewußter wird jedes einzelne kind. sehr wichtig ist die kreativität; die kinder arbeiten an ihren nummern, basteln alles was sie dazu brauchen selbst. bis ihr stück bühnenreife erlangt, sind sie in einem prozess und der ist uns wichtig. arbeit an sich passiert beim training der technik, und das hinarbeiten auf eine gemeinsame aufführung ist dann wieder stark gruppenorientiert.
wie ist der zulauf zu sobini, welches feedback hört ihr von den eltern? die nachfrage ist eigentlich groß. es gibt kinder und jugendliche, die nur phasenweise kommen und andere hat es einfach fieberhaft bepackt. die sind dann wirklich oft da. wir haben kinder ab vier, da kommen auch die eltern mit. da hat sich auch ein dialog entwickelt. die eltern kennen sich schon untereinander, fahren mit, wenn die kinder auftritte haben. trainieren wollen wir dann aber mit den kindern alleine. unser konzept wird von den eltern genauso gut angenommen wie von den kindern selbst. sie schätzen den ausgleich zur schule und den ungezwungenen freien charakter unseres angebots.
ihr seid als verein organisiert. wie bestreitet ihr euer jährliches budget? das ist der bereich, wo wir noch am meisten lernen müssen, und wo wir auch auf weitere stellen angewiesen sein werden. wir haben ja das projekt gestartet, ohne zuvor öffentliche finanzierungszusagen in der tasche zu haben. es war uns einfach wichtig. nun gibt es defizite, entstanden durch die investitionen in der beginnzeit, um das haus kindersicher und fit für eine betriebsstättengenehmigung zu machen. die haben wir jetzt aber auch seit oktober!!! subventioniert werden wir von der linzkultur, und das land oö hat auch in aussicht gestellt, einen beitrag zu leisten. über ams-förderungen und new-start können wir uns das personal leisten, ohne dem ginge absolut gar nichts mehr. über workshops und projekte haben wir kleine eigenfinanzierungsanteile, der größte teil an eigenleistung ist die ehrenamtliche arbeitszeit. danke an alle!!!
nach einigen tassen kaffee und diesem gespräch mach ich mich wieder auf den weg nach draußen. ich komme jedoch nicht umhin, noch einmal einen fuß in die manege zu setzten, drei keulen aufzuheben und durch die luft wirbeln zu lassen. hm, denk ich mir: als ich 15 war, war die sehnsucht nach einem solchen raum der grund, mich einer bewegung für eine offenes jugend- und kulturhaus anzuschließen. mittlerweile gibt es dieses kulturhaus und weiters gibt es den kulturpolitischen schwerpunkt kinderkultur des landes oö. bleibt nur mehr die forderung, bei dessen umsetzung die millionen nicht nur in landeseigene institutionen fließen zu lassen, oder auf besonders öffentlichkeitswirksame projekte zu setzen, sondern genauso den kontinuierlich arbeitenden freien bereich auf eine solide finanzielle basis zu stellen. die sobinis brauchen das.
kontakt und programminfo: circus sobini museumsstr.7a, 4020 linz, tel/fax: 0732/770624