Wir ziehen doch alle am selben Strang …

Darüber ist sich Gabriele Pammer Heidecker nicht mehr im klaren

 

von Gabriele Pammer Heidecker

Frau beschließt, ein Konzept zu erarbeiten. 1997: Einladung, sich anläßlich einer Frauen-Ringvorlesung der Kepler-Uni mit einer Ausstellung zu beteiligen. Eine Gruppe von 10 Künstlerinnen formiert sich. Eine der Frauen verfaßt einen Text zur Ausstellung. Unzufriedenheit betreffend Titel, Ort und Dauer verhindern die Umsetzung.

Gruppe beschließt, in Eigeninitiative weiter zu arbeiten. Frau begibt sich auf Suche nach neuen Räumlichkeiten. 1998: Es ist noch nichts geschehen.

Gruppe beschließt, daß eine Frau, die eh noch nichts… und außerdem nicht da…, sich in der Folge zu kümmern hat. Ein Gruppenmitglied wird beauftragt, uns diese Tatsache zu übermitteln. Wir nützen das Angebot der frauen.kultur.woche, um die bestehenden Konzepte samt Text in aufbereiteter Form einzureichen. Kurzer Rundruf, um alle zu informieren.

Gruppe beschließt ihr Einverständnis, wenn es für sie kein Aufwand ist. Wir begeben uns auf Galeriesuche und bemühen uns um Förderungen. Getätigter Aufwand unsererseits: reichlich Zeit, dicke Haut und drei „Große Braune“. Erste laute Kritiken, teilweise totales Entsetzen über den Titel des 1997 erstellten Textes.

Gruppenmitglieder beschließen, sich durch diesen Titel diskriminiert zu fühlen. Textänderung durch die halbe Gruppe. Eigenmächtig nehmen wir uns der sprachlichen und präsentationstechnischen Umsetzung an.

Fifititu% beschließt, unser Projekt zu realisieren. Durch eine eventuelle Koppelung mit einer Podiumsdiskussion eröffnet sich die Möglichkeit, u.U. in einem namhaften Haus auszustellen.

Gruppe beschließt, plötzlich reges Interesse zu zeigen. Wir erstellen die nötigen Texte für Folder und Presse; Kopien ergehen an alle Frauen. Rügen wegen Eigenmächtigkeit betreffend der Pressetexte dämpfen unser Triumphgefühl über die Zusage einer hohen Fördersumme. Ein anstrengendes Telefonat mit einer nicht anwesenden, sich übergangen fühlenden Frau kostet weitere Nerven.

Wir beschließen, daß das alles den Streß nicht wert ist und erwägen, das Projekt fallen zu lassen. In der folgenden Diskussion erringen wir zu der bereits bestehenden Verantwortung endlich auch Kompetenzen.

Gruppe beschließt, uns doch zu akzeptieren. Regelmäßige Gespräche zu den künstlerischen Arbeiten werden vereinbart. Eine Frau überrascht mit der Einführung einer „Dead-Line“. Diese soll den Abgabetermin festlegen und die Gruppe ermächtigen, nicht entsprechende (?!) Beiträge auszuschließen.

Wir beschließen, tief durchzuatmen und uns nicht zu äußern. Dringendes wird auf Grund raschen Handlungsbedarfs von uns erledigt.

Wir beschließen, künftig alle Frauen aktiv am Arbeitsaufwand teilhaben zu lassen.

Bei den folgenden Treffen werden wir allerdings nie wieder vollzählig sein! Aufgaben werden verteilt; 2 Frauen bieten an, Flyer zu erstellen. Letztes Treffen – die Initiatorin der Dead-Line fehlt, da ihre Arbeit nicht fertig ist! Am Tag vor der Eröffnung packt uns das blanke Entsetzen beim Anblick der Flyer. Der anwesende Gruppenteil ist heilfroh über unsere Neugestaltung im letzten Augenblick.

Wir beschließen, mit dieser Gruppe nicht mehr zu arbeiten. Eröffnung: allen Befürchtungen zum Trotz – und eigentlich recht schön. Beim abschließenden Umtrunk sind wir wegen Erschöpfung nicht dabei.

RESÜMEE: Der Verlust der Illusion, daß es in Frauengruppen anders läuft. Auch wenn frau an ihre Gruppenfähigkeit glaubt, ist es notwendig, Verantwortung und Kompetenz schon im Vorfeld zu klären. Macht und Ohnmacht spielen auch in Frauengruppen eine Rolle. Das Funktionieren einer Gruppe ist abhängig von der Fähigkeit, einen Schritt vom eigenem Selbst hin zum größeren Gesamten zu wagen. Die persönliche Betroffenheit der Einzelnen erweist sich als Hemmnis im allgemeinen Diskurs. Die Auswirkungen des Anspruchs einer feministischen Auseinandersetzung auf die Gruppendynamik ersetzt oft jene mit grundlegenden gesellschaftspolitischen Themen.

 

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