„wollt´s einen Orden, oder was?“

Zur Diskussion der zuMutungen in den Gemeinden

 

von Martin Wassermair

Zurückhaltung und Entbehrung sind die wohl augenscheinlichsten Merkmale einer gemeinsamen kulturpolitischen Realität in Oberösterreichs Gemeinden. Soferne im Zusammenhang mit Kultur im kommunalen Raum überhaupt von Politik im Sinne konzeptorientierter Gestaltung gesprochen werden kann. Und damit steht man unmittelbar vor der allerersten Frage. Es bleibt nicht bei dieser einen, wie eine derzeit aktuelle Reihe von Diskussionsveranstaltungen in den Gemeinden mit den politisch Verantwortlichen zeigt. Grundlage dafür bilden die zuMutungen der KUPF. Nach bereits vier absolvierten Etappen, hier nun eine vorläufige Bilanz.

Schon der Auftakt im „Roßmarkt“ in Grieskirchen machte deutlich, wie notwendig zunächst eine grundlegende Entwirrung ist. Auf die Frage, welchen Stellenwert die Kultur in der Gesamtheit der städtischen Politik erfährt, reagierte der zuständige Stadtrat Oskar Hofmann verständnislos und defensiv. „Es sei nicht Aufgabe der Gemeinde, Kultur zu machen, sondern Sache der vielen Vereine“, die das Rathaus schließlich für deren Aktivitäten unterstützt. Horst Scheiböck und Jürgen Volgger, als Gastgeber im Heimspiel auf dem Podium, entgegneten und erinnerten an den starren Rahmen, der ihre tägliche Kulturarbeit mit großer Zurückhaltung umgibt. Diesen fortzuentwickeln, in Abkehr von tradierten Mustern, solle Herausforderung sein für eine zukunftsweisende und couragierte Politik. Die Kulturinitiative müsse Voraussetzungen vorfinden, aus der Rolle der Bittstellerin herauszutreten. Erst recht im Sinne städtischer Entwicklung, denn nur eine neue Partnerschaft verhelfe Grieskirchen zum Ziel eines kulturellen Zentrums in der wirtschaftlich stagnierenden Region. Bürgermeister Wolfgang Großruck nickte und gestand mit der Zusage auf Teilnahmemöglichkeit an der kommunalen Leitbilderstellung erstmals öffentliche Anerkennung ein.

Weniger einvernehmlich verlief die Diskussion um partnerschaftliche Anerkennung in der Gesprächsrunde in Wels. Auch hier mußte eindringlich darauf hingewiesen werden, daß die niedrig bemessene Gleichmacherei der Vereinsförderkonvention den erbrachten Leistungen nicht Rechnung trägt. „Die Finanzierungsanteile der Magistratsverwaltung am Programm von ‚waschaecht'“, beklagte Geschäftsführer Stefan Haslinger, „seien bestenfalls ein Akt der Duldung. Von der städtischen Wertschätzung gegenüber Kulturereignissen zur Repräsentation ist die Szene der Kulturinitiativen in Wels noch weit entfernt“. Hermann Wimmer, altgedienter Gemeinderat im Kulturausschuß, setzte daraufhin auf die Wirkung des Humors: „Ja, wollts‘ einen Orden, oder was?“ Günther Kalliauer, Obmann des „Programmkino“, und Stefan Hattinger, Frontman von „the ape ltd.“, erwiderten den verlegenen Zynismus sachlich. Jetzt weiß auch Vizebürgermeister und Kulturstadtrat Martin Stieger von jenen Hürden, die der bürokratische Ablauf seines Amtes den kulturell Engagierten immer wieder vor die Füße legt.

Was in Wels seitens der Politik noch als Verstoß gegen Recht und Gesetz gedeutet wurde, ist in Steyr bereits seit kurzem Wirklichkeit: Anhörung der Kulturinitiativen im Kulturausschuß. Die Stadt an der Enns scheint eine Nasenlänge voraus zu sein. Irrtum, schränkten die an der Diskussion beteiligten Vereinsvertreter ein. Gemeinsam mit Mike Glück, dem Sprecher des neuen Jugendkulturhauses in Steyr, vermissen Helmut Schönleitner und Andi Liebl, die Vorsitzenden der KUPF-Mitglieder „Akku“ und „Kraftwerk“, noch immer jede Transparenz. Es ist ganz einfach nicht ersichtlich, welche kulturpolitische Überlegung der kommunalen Mittelvergabe zugrundeliegt. Im Gegensatz dazu gestaltet sich die Ansuchensformalität auf abschreckende Art und Weise mühsam, neue Projekte haben bei der gegenwärtigen Budgetfortschreibung kaum irgendeine Chance, und auch die genauen Zuständigkeiten seien mehr schlecht als recht geklärt. Kulturstadtrat Dietmar Spanring und der Vorsitzende des Kulturausschusses, Engelbert Lengauer, versprachen, noch in dieser Amtsperiode Abhilfe zu schaffen. Um auch tatsächlich weiterhin im Dialog zu bleiben, einigte man sich auf die Einrichtung eines eigens dafür vorgesehenen Gremiums. Damit erhielt die Hoffnung in Steyr neue Nahrung und trägt ab sofort die Bezeichnung „Kulturquartal“.

Bei der Diskussionsrunde in Freistadt wurde die Gemeinde Gutau miteinbezogen. Deren Bürgermeister Fritz Gerhartinger betonte das friktionsfreie Miteinander, die Akzeptanz gegenüber den Aktivitäten des Kulturvereins sei keineswegs in Frage gestellt. Doch Harald Freudenthaler, Obmann der „Alten Schule Gutau“, ließ nicht nach: „Schwellenängste der ortsansässigen Bevölkerung sind noch vorhanden. Es ist daher mit eine Aufgabe der Gemeinde, diese allmählich abzubauen.“ Für Freistadt sei es an der Zeit, meinte Wolfgang Steininger, der Mann an der Spitze der „Local-Bühne“, den Vorschlag der KUPF aufzugreifen, um ein zukunftsweisendes Leitbild zu entwickeln. Alexander Gratzl, erster Umrührer im „cultURkompott“, ergänzte den Appell mit Erfahrungen aus jugendlicher Sicht. Stadtoberhaupt Josef Mühlbachler und Ausschußvorsitzender Peter Knoll blockten ab. „Leitbilder verlieren sich in Gemeinplätzen, sind für das politische Vorgehen zu unkonkret.“ Freistadt ist somit durchaus symptomatisch für eine Situation, die es in vielen Gemeinden zu ändern gilt. Das Zusammenleben hat sich im Laufe der Jahre eingespielt, auf den Ruf nach perspektivischer Mitgestaltung folgt vielfach: Zurück an den Start!

Und abschließend noch einmal zur Frage nach den Insignien der Wertschätzung initiativer Kulturarbeit. An einem Orden ist dabei wohl niemandem gelegen. Über die goldene Ehrennadel der Marktgemeinde Ebensee als Auszeichnung für langjährige Verdienste ihres Kulturvereins haben sich die Brüder Klaus und Konrad Wallinger aber dennoch sehr gefreut.

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