Tatendrang im BMKÖS

Die österreichische Bundesregierung hat sich Anfang 2020 zu einer Kunst- und Kulturstrategie selbstverpflichtet. Das ist im Regierungsprogramm verankert und dort grün auf türkis nachzulesen. Auf gut-österreichisch hat man sich danach – nur nicht hudeln – zusammengesetzt: Knapp zwei Jahre braucht so ein Sesselkreis schon. Also fand im Oktober 2021 erst die Kick-Off Veranstaltung statt. Wie, wo mit welchen honorigen Personen seither – sicherlich schlau – überall dialogisiert wurde, lässt sich, wenn man nach der Fördereinreichung und vor dem Auftritt noch Zeit hat, auf der Website des BMKÖS nachlesen. All das ist löblich, Kulturtätige freuen sich immer, wenn die Politik sie ernst nimmt und anhört und ihr zusätzlich zur prekären Kulturarbeit unter Selbstausbeutung noch ehrenamtlich zugearbeitet werden darf. Habe ich erwähnt, dass es sogar einen Strategie-Kummerkasten gibt? Schreib an KunstKulturStrategie22@bmkoes.gv.at!

Im Februar 2023 – das Grüne Kunst- und Kulturministerium hatte schon drei Jahre Zeit gehabt, eine Strategie zu entwickeln – lud es zum ‹Branchen-Treff› Forum Kultur ins Volkstheater in Wien ein. Würde nun endlich die Kulturstrategie präsentiert werden? Würde das BMKÖS für eine Nachfolgeregierung Fakten schaffen? Ergebnisse vorlegen, auf die sich die Kulturszene zukünftig berufen würde können? Fehlanzeige. Oder: Der Kulturminister und seine Staatssekretärin haben ein völlig anderes Verständnis des Wortes ‹Strategie› als z. B. der Duden:

«Strategie: genauer Plan des eigenen Vorgehens, der dazu dient, ein […] politisches […] Ziel zu erreichen, und in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht.» In ihrem Lexikon steht vielleicht: «Ermüdung jeglicher zielgerichteter politischer Aktionstätigkeit durch Überladung mit Berichten.» Oder gar: «Strategie: zu anstrengend?»

Zu Beginn des Forum Kultur wurde eine Szene aus der aktuellen Faust-Inszenierung von Kay Voges zum Besten gegeben. Strategisch gut durchdacht war auch das nicht, war da nämlich der klarste Auftrag des Tages zu hören: «Der Worte sind genug gewechselt, lasst [uns] auch endlich Taten sehn.» Kulturpolitische Zwischenergebnisse gäbe es – jetzt bräuchte es Zielformulierungen und einen Aktionsplan für den Weg dorthin.

Die Kritikkolumne wird, ebenso wie ihre Vorgängerin, die Gnackwatsch’n, anonym publiziert.

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