Was kann die Kulturhauptstadt 2024 dem Ausseerland bringen?
Resonanz
Im Ausseerland schwirrt leider bisher vorwiegend Skepsis bezüglich der Kulturhauptstadt herum. Die allgemeinen Schwingungen werden meist negativ wahrgenommen und Meinungsverschiedenheiten als Leserbriefe in unserer regionalen Zeitung öffentlich ausgetragen (Initialzündung hierfür war der offene Brief von Hannes Androsch, der im Februar aus dem Komitee der Kulturhauptstadt ausstieg). Die Bevölkerung wünscht sich aber einfach mehr Informationen zu den Projekten sowie den beteiligten Kulturtätigen! Sofern man nicht aus Eigeninitiative recherchiert, bekommt man die vielen interessanten Bewegungen einfach nicht mit. Dabei finde ich das bereits Veröffentlichte spannend – auch wenn ich mir ein paar mehr Musik-Projekte wünschen würde. Nun ist es jedenfalls an der Zeit, das Interesse der Menschen zu wecken und positives ‚Mitschwingen‘ zu ermöglichen.
Harry Reiter-Gaisberger aus Altaussee, Promotion und Organisation diverser Musikveranstaltungen, seit über 20 Jahren DJ mit Leib und Seele, Sendungsmacher Freies Radio Salzkammergut.
Vision
Seit der Bewerbungsphase 2017 reflektieren wir, wieso wir Kulturhauptstadt sein wollen. Für mich sind es nach wie vor die großen Visionen und Utopien, die ich verfolge und mir wünsche. Dass junge Menschen wieder mehr Lust, Möglichkeiten und Nährboden finden, in unserer Region zu leben und zu wirken. Dass sich neben der Tourismusbranche auch eine starke Kreativbranche entwickelt, die kreative Prozesse und Personen hervorbringt. Dass dadurch Arbeitsplätze und Existenzgrundlagen entstehen, die eine optimale Balance aus Lebensqualität und Arbeitswelt herstellen. Dass wir kleine Bauernhöfe, kleine Geschäfte und kleine Initiativen am Leben erhalten und stärken können. Dass alle Kinder eine intensive kulturelle Ausbildung erhalten und dass wir uns als Teil der Region, aber auch als Teil von Europa und der Welt begreifen.
Franz Steinegger (ÖVP) ist Bürgermeister der Gemeinde Grundlsee, Organisator von Sprudel, Sprudel & Musik und im Aufsichtsrat von Salzkammergut 2024.
Chancen
Der Titel birgt für das Salzkammergut eine immense Chance. Durch den ländlichen Charakter gilt es, sehr vielen Herausforderungen zu begegnen, um der Landflucht entgegenzuwirken. Inwieweit die ‚Kulturhauptstadt‘ dies schafft, bleibt abzuwarten. Neben der Landflucht sind die Verbesserung der Infrastruktur, die Anbindung an ein Glasfasernetz sowie die Arbeitswelt die spannendsten Themen. Durch den Titel können sicherlich Weichen gestellt werden. Abgesehen von einigen Plakaten habe ich bis jetzt wenig erfahren, was die Gemeinde zur ‚Kulturhauptstadt‘ beiträgt. Die Kommunikation und die Einbindung der Bevölkerung könnten aus meiner Sicht etwas intensiviert werden, um die Bevölkerung zu integrieren und mitzunehmen. Mein Wunsch an alle Beteiligten ist, dass die Chancen für das Salzkammergut, für das Ausseerland, maximal genutzt werden.
Alexandra Hofer, Klinische Psychologin und Sportpsychologin, Grundlsee.
Verbindungskraft
Ich träume von der Kulturhauptstadt 2024 als Brückenbauerin, die Orte der vielfältigen Begegnung schafft. Ein länderübergreifendes, kulturelles Kennenlernen ist ein Geschenk, das vor allem im ländlichen Bereich wichtig, wertvoll und ausbaufähig ist. Interaktion, Inspiration, Vernetzung und somit Beziehung dürfen dadurch entstehen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es oft eine Herausforderung ist, die ortsansässigen Menschen neugierig zu stimmen und sie für Neues, oftmals Fremdes zu begeistern.
Was ich persönlich im Programm (noch) vermisse, sind künstlerisch-kritische Arbeiten zu Brauchtum und Tradition. Auch im Salzkammergut hat das Patriarchat durchaus ‚gute Arbeit geleistet‘. Es braucht feministische Botschafter*innen, die diese (oft veralteten) Sitten beleuchten, damit sich unsere Betrachtungsweisen erweitern und verändern dürfen.
Jacqueline „Shaki“ Korber hat den Großteil ihres Lebens in Bad Mitterndorf verbracht, ist Fotografin, Künstlerin und Obfrau des Vereins wirliebe HERZWÄRTSKULTUR.