Interkulturelles Kompetenzzentrum

Der Verein „ADA – Alternatives Solidaritätszentrum“ macht sportliches, künstlerisches und politisches Programm für junge Postmigrantinnen

„Ich würde gerne mal gefragt werden, was ich von unserer Finanzministerin halte. Oder nach meiner Meinung über die Voest – die interessiert mich genauso, wie jeden anderen, der in Linz lebt und diese Luft einatmet. Ich möchte nicht immer nur über Integration und hausgemachte Integrationsprobleme sprechen“, bittet Arda Yilmaz. „Es gibt so viel Potential unter den jungen Migranten, das durch die Reduktion auf ihre Herkunftsthemen einfach verschleudert wird. Das tut mir weh!“

Arda Yilmaz ist Mitarbeiter im Integrationsbüro der Stadt Linz und seit einem Jahr auch als Jugendsprecher des Vereins „ADA – Alternatives Solidaritätszentrum“ tätig. Der 22-jährige kennt die Integrationslandschaft also von zwei Seiten, der städtischen Institution und der migrantischen Selbstorganisation. Für ihn nimmt ADA deshalb eine besondere Stellung ein, weil der Verein nicht herkunftsbezogen arbeitet, die Mitglieder nicht nach Volksgruppe oder Religion auswählt, sondern sein Programm mit Blick auf ein aktives Leben in Österreich gestaltet und betont zeitgenössisch, interessiert und kritisch auftritt.

Gegründet wurde ADA 2005 von Türken und Kurden der ersten und zweiten Generation. „Wir alle waren schon als Jugendliche politisch aktiv, weil wir nicht nur kritisieren, sondern unseren Beitrag leisten wollen“, sagt Gründungsmitglied und Obfrau Necla Tuncel. „Jetzt haben wir unsere Aufmerksamkeit auf die nächste Generation gerichtet. Wir sehen, wie die Jugend in der Luft hängt, wie Religionen und nationalistische Gruppen als Auffangbecken funktionieren. Wir wollten etwas hinterlassen, damit die Jugendlichen eine Stimme bekommen. Sie sollen ernst genommen werden, egal ob es um Jugendarbeitslosigkeit oder Verkehrspolitik geht.“

Begonnen hat der Verein mit mobiler Arbeit, einem Fußballclub und einem Theaterworkshop in Zusammenarbeit mit dem Theater Phönix – letzterer wurde im vergangenen Jahr mit dem „Interkulturpreis“ sowie mit dem Preis „Stadt der Kulturen 2012“ ausgezeichnet. Im März 2010 hat ADA mehrere Räume in der Starhembergstraße als Jugendzentrum eröffnet. Vor allem am Wochenende nutzen Jugendliche die Räume als Treffpunkt, es gibt Tischfußball und einen Internetanschluss. Seit der Anschaffung eines TV-Kabelanschlusses können bei ADA auch internationale Fußballspiele empfangen werden, die die Jugendlichen bislang in kostspieligen Wettbüros angesehen haben.

Mit der Eröffnung des Vereinslokals sind auch Kursangebote dazugekommen. Es gibt einen Mal-Workshop, den Gründungsmitglied und Maler Dersim Tuncel mit der Gestalttherapeutin Eva Patz leitet. Ein interkulturelles Musikerinnenensemble hat sich unter der Leitung des Saz-Lehrers Yüksel Omac zusammengefunden. Zwei mal jährlich werden Jugendcamps mit speziellen Schwerpunkten veranstaltet. Durch all diese Angebote werden mittlerweile an die 100 Jugendlichen erreicht. Es gibt Filmabende im Vereinslokal, Backgammon- und Schachturniere sowie Infoveranstaltungen für Eltern, die zusammen mit dem Verein SchEz organisiert werden. Aus den Elternveranstaltungen hat sich ein wöchentlicher Frauentreff herauskristallisiert. Zudem ist die Community mit anderen Organisationen wie migrare oder maiz gut vernetzt – von wegen Parallelgesellschaft!

Zur Vereinskommunikation wurde von Anfang an auch auf neue Medien gesetzt. Die ADA-Homepage  wird häufig aktualisiert und auch mit Hinweisen auf  Zeitungsartikel, Veranstaltungen und politische Statements zweisprachig befüllt. Arda Yilmaz und andere Jugendliche haben im vorigen Jahr die Gruppe rADAr gegründet, die „Schnappschüsse aus dem Alltag“ sammelt, online stellt und kommentiert. Satirische Beobachtungen von Momenten und Medienberichten, in denen jemand „zu schnell“ unterwegs ist. In der rADAr-Gruppe steckt noch Potential – soll auch heißen, dass dieses noch nicht zur Gänze entfaltet ist.

Als türkisch-stämmige Obfrau ist Necla Tuncel an sich schon ein Statement zur geschlechtersensiblen Positionierung des Vereins – und sicherlich ein Vorbild für die jungen Frauen bei ADA. Integration durch Vorbildwirkung – das Rezept von Staatssekretär Sebastian Kurz ist im Verein ADA bereits umgesetzt. So politisch die ehrenamtlich mitarbeitenden Erwachsenen agieren, so aktiv zeigen sich bereits einige Jugendliche. Nach dem letzten Infoabend zum Thema Gewerkschaften in Österreich sind nun auch drei Jugendliche vom Verein ADA und der Solidaritätsplattform bei der ÖGJ vertreten. Vielleicht dauert es also nicht mehr lange, bis die Öffentlichkeit entsprechend reagiert, den (migrantischen) Jugendlichen andere Fragen stellt und dann auch zuhört.

 

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