Für was bin ich herausgekommen…?

Unter dieser gestellten Frage, wanderte diese Ausstellung durch Oberösterreich.

 

von Michaela Schoissengeier

Herausgekommen von was? Für wen? Und was für mich eine wesentliche Frage ist: Wohin bin ich herausgekommen? 1945 geschunden an Leib und in der Seele, vor den Trümmern, die die grausame Herrschaft der Nazis hinterlassen haben. In dieser Zeit wurde nicht gefragt bzw. gab es keine große Hilfe für traumatisierte Kriegsopfer, jetzt hieß es Wiederaufbau, sich und seinen Kindern eine Zukunft geben.

Trotz der vielen schweren Schicksale gaben sich Frauen und Männer gegenseitig Unterstützung und leisteten und leisten noch immer einen wesentlichen Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung der Nation. Vielen Frauen war es auch lange Zeit nach Kriegsende nicht möglich, von ihren KZ-Erfahrungen zu sprechen, zu tief sind die Verletzungen, und Wunden heilen nicht immer durch die Zeit.

Die Projekte, die von einer Gruppe junger Wissenschaftlerinnen im Auftrag der „Österreichischen Lagergemeinschaft Ravensbrück“ in Wien erstellt und realisiert wurden – das Errichten eines Videoarchivs mit Interviews von österreichischen überlebenden Frauen, die Herausgabe von zwei Buchbänden und die Ausstellung „Wege nach Ravensbrück“ – geben den Frauen eine Stimme, die oft unter Schmerzen von der grauenvollen Zeit berichtet. So bleiben ihre Erlebnisse als Dokument für die Nachkommenschaft erhalten.

„Für was bin ich herausgekommen…?“ – überleben, einfach leben, Lebensgeschichten – Geschichten nicht anders wie du und ich sie haben und trotzdem sind sie grundverschieden. Frauen mit Visionen, Träumen und Sehnsüchten erleben einen Schnitt in ihrem Leben – die Zeit im Konzentrationslager, ab da ist nichts mehr, wie es einmal war.

Das Leben oft ohne Familie, PartnerIn und Kinder bringt noch – wie unglaublich es auch scheinen mag – Scham und Diskriminierung mit sich, die oft bis in die Jetztzeit hinein dauern. Der Kampf um Anerkennung des Opferstatus, der eine kleine Rente ermöglicht, die unwürdige Debatte über die Entschädigungszahlungen und der sorglose Umgang der österreichischen PolitikerInnen mit rassistischen, sexistischen und antisemitischen Tendenzen zeigen, dass noch viel Arbeit nötig ist.

Diese Frauen mit ihrem Vermächtnis geben uns die Chance und die Möglichkeit, uns mit dem Thema Schuld, Reue, Respekt vor der/dem Anderen, auseinanderzusetzen und so HoffungsträgerInnen zu sein für die Zukunft, dass so eine Zeit voller Menscherverachtung nie wieder kommen darf. Durch meine Begleitung der Ausstellung hatte ich viele interessante, spannende und berührende Begegnungen – insbesonders mit Menschen, die die Zeit des 2. Weltkrieges miterlebt haben. Sie berichteten von ihrem eigenem Leben, und Ängsten in dieser Zeit.

Grundsätzlich finden viele Menschen die Auseinandersetzung mit unserer gemeinsamen Vergangenheit wichtig, ja sogar notwendig. Es gibt aber auch Stimmen, die diese Zeit ruhen lassen wollen und nicht verstehen können, warum „wir das ständig aufwärmen müssen, wir sollen froh sein, dass dies alles vorbei ist.“ Besonders wichtig erschien allen OrganisatorInnen die Zusammenarbeit mit Schulen, die dieses Angebot auch rege nutzten.

Nicht nur für Schülerinnen war die Möglichkeit zu einem Gespräch mit einer Frau, die Ravensbrück erlebte und überlebte ein beeindruckendes Erlebnis. Frau Irma Trksak kam einige Male extra von Wien angereist, um ihrem Schwur getreu, den sie und andere Frauen nach der Befreiung 1945 machten, alles daranzusetzen, dass nie mehr wieder so eine schreckliche Zeit kommen darf, von ihren Erlebnissen zu berichten. Danke liebe Frau Irma, ich werde unsere Begegungen im Herzen behalten und nach meinen Möglichkeiten deine Botschaft weiter tragen!

Thema waren auch die vielen Kriegsereignisse der Jetztzeit, die auch vor unserer Haustür stattfinden, die viel Leid, Not und Elend über das betroffene Volk bringen, und die Auseinandersetzung mit der eigenen Ohnmacht „nichts tun zu können“, und allzu oft schwingt die Frage: „Wer ist Schuld daran?“ mit. Wichtig erscheint mir noch bzw. ist es mir ein Anliegen, hinzuzufügen, dass sich frau mit „so einem Thema“ nicht nur beliebt macht. Wenn nicht offen, aber oft diffus und nicht leicht durchschaubar erlebte ich auch ansatzweise Diskriminierung und Ablehnung.

Zum Beispiel gab es die kurzfristige Absage vom Mädchen- und Frauenzentrum Insel in Scharnstein – ohne Begründung, was grundsätzlich legitim ist, jedoch zu Spekulationen anregte. Weiters ebenso kurzfristig von der Bruckmühle OHG in Pregarten, mit der Begründung eines Umbaus, der in dieser Zeit nicht stattfand bzw. bei dem die geplanten Räumlichkeiten nicht betroffen waren. Eine Bank in Rohrbach fand, dass so eine Ausstellung nicht in ihr Leitbild paßt. Und wieder erscheint es mir angebracht zu sagen: „Wehren wir den Anfängen!!!!!“

Michaela Schoissengeier

Die Frage die auch Titel des Beitrags ist, wurde gestellt von Frau Rosa Winter, Überlebende des KZ Ravensbrück*, deren Biografie ein Teil der Ausstellung „Wege nach Ravensbrück“ ist,

Das KZ Ravensbrück – nördlich von Berlin – war in seiner fast sechsjährigen Existenz das einzige für Frauen bestimmte Konzentrationslager des nationalsozialistischen Deutschen Reiches.

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