Erklärung der Kulturplattform Oberösterreich

Die KUPF erklärt sich mit allen solidarisch, die sich gegen Populismus verwehren, die sich mit ihrem Handeln und Denken gegen die Entdemokratisierung unter dem Deckmantel einer „größeren“ und „besseren“ Demokratie stellen und sich für eine liberale, tolerante, demokratische, menschliche und friedfertige Gesellschaft einsetzen. (Punkt 15 der Guttenbrunner Erklärung, 1995)

 

Die Bildung einer österreichischen Regierung unter Beteiligung der FPÖ weist neuen Handlungsbedarf für die KUPF – Kulturplattform OÖ bezüglich eines (kultur)politischen Diskurses auf. Dies nicht nur (was Grund genug wäre), weil dieser Partei noch immer ein „Ziehvater des Rechtsextremismus“ vorsteht, sondern auch weil die Koketterie mit rechtsextremistischem Gedankengut und Gehabe in der Zweiten Republik schon des öfteren als probates Mittel zur Erringung der Macht angesehen wurde. Ob Schärfs Wahlslogan „Wer einmal schon für Adolf war, wählt Adolf auch in diesem Jahr“; ob die Bereitschaft Bruno Kreiskys eine FPÖ unter dem SS-Offizier Friedrich Peter salonfähig zu machen und sich im Tausch gegen eine Wahlrechtsreform die Duldung seiner Minderheitsregierung zu erkaufen; die antisemitische Hetze der ÖVP im Waldheim-Wahlkampf und nicht zuletzt die rassistische und ausländerInnenfeindliche Gesetzgebung der letzten Regierungen – das Verharmlosen menschenverachtenden Gedankengutes, das Kokettieren mit Fremdenfeindlichkeit und Vorurteilen, offene Kunst-, Kultur- und KünstlerInnenfeindlichkeit haben in dieser Republik leider Tradition und Kontinuität. So gesehen ist die Regierungsbeteiligung der FPÖ nur ein weiterer (und sicherlich nicht der letzte) Höhepunkt einer mehr als latent vorhandenen Grundströmung in Österreich.

Aber auch ein „anderes“ Österreich hat Tradition und Kontinuität. Das Österreich der aktiven Neutralitätspolitik, Österreich als Land des sozialen Fortschritts, Österreich als Asyl- und Flüchtlingsland, das Österreich in dem Menschen die 1956 aus Ungarn und 1968 aus der Tschechoslowakei flohen und spontan von Familien aufgenommen wurden. Das Österreich auch eines Caritas-Präsidenten Schüller, der angesichts menschenverachtender Gesetzgebung die ÖsterreicherInnen offen zum Gesetzesbruch aufrief. Ein Österreich erfolgreicher Au-Besetzungen, provozierender Kunst und aktiver Soziokultur – ein Österreich zivilgesellschaftlichen Widerstands.

Dieses andere Österreich gilt es zu stärken, den sich formierenden Widerstand gleichsam inhaltlich wie aktionistisch mitzutragen. Kulturschaffende, KünstlerInnen und Kulturinitiativen sind aufgerufen, jedeR auf ihre/seine Art Aufklärung und Widerstand zu leisten, sei es durch Boykott, Protestaktionen oder auch durch konsequentes und bewußtes Weiterarbeiten im eigenen Feld. Die Kunst- und Kulturszene kann nicht erst „Taten“, an denen profilierungssüchtige Machteiferer gemessen werden wollen, abwarten. Abwarten heißt Passivität und ist das falsche Signal angesichts der realen Bedrohungen eines kunst- und kulturfeindlichen Klimas, dessen Auswirkung sich sowohl in der Kulturpolitik als auch in der Verschlechterung der Rahmenbedingungen zeigen. Kunst und Kultur dürfen nicht resignativ den Dingen ins Auge sehen, sondern müssen vielmehr den Motor einer Gesellschaft personifizieren.

Die KUPF versteht Kulturarbeit auch als aktive Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen und deren Mitgestaltung. Kulturarbeit soll sich einmengen in die Gesellschaft, um ihren Geschmack zu verändern. Dabei kann es die Aufgabe von Kulturarbeit sein, Zugänge zu schaffen, Verständnis herzustellen und Menschen zusammen zu bringen. Auf jeden Fall aber ist es die Aufgabe von Kulturarbeit, bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen, auf bestehende Risse und Gräben in der Gesellschaft hinzuweisen und Probleme zu benennen. Auf keinen Fall kann es die Aufgabe von Kunst und Kultur sein, allein verantwortlich gesellschaftliche Sprünge zu kitten. Kunst und Kultur darf nicht Gemeinsamkeit dort vortäuschen, wo Differenz ist, und Harmonie nicht dort vorgaukeln, wo Grausamkeit ist.

Viele Anzeichen sprechen dafür, daß die lähmende parteipolitische Konsenskultur abgelöst wird von einer Konfliktkultur, die von einer breiteren Öffentlichkeit getragen wird. Das kann für dieses Land auch einen weiteren Schritt zu demokratischeren Verhältnissen bedeuten. Diese (erhoffte) Repolitisierung von Interessensvertretungen, die längst überfällige Trennung von Interessenspolitik und Regierungspolitik, das Erwachen politischen Interesses in weiten Teilen der Bevölkerung bestätigt die Kulturplattform in ihrer zivilgesellschaftlich-widerständischen Orientierung. So gesellt sich zu unserer Sorge auch ein gerüttelt Maß an Zuversicht die wir der derzeitigen Situation entgegenbringen.

Die KUPF versteht Kulturarbeit an sich als gesellschaftlichen und somit politischen Gestaltungsfaktor, und wird dieses Bewußtsein wieder stärker in den Vordergrund stellen. Mit aller Entschiedenheit verwehrt sich die KUPF gegen alle Versuche, Kultur als Mittel ausgrenzender oder rassistischer Politik zu benutzen. Dem „Kulturkampf der Völker“ stellen wir ein Modell des achtungsvollen Umgangs mit Differenzen gegenüber, und erinnern daran, daß die viel beschworene „österreichische Kunst und Kultur“ sich immer aus zahlreichen (außerösterreichischen) Wurzeln nährte, und dies soll auch weiterhin so bleiben.

Kulturplattform OÖ, Februar 2000

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