«Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?» So heißt ein aktuelles Buch der Journalistin Sara Weber, das im Kiwi-Verlag erschienen ist (und auf Seite 29 rezensiert wird). Bereits der Titel fasst ein grundlegendes (Anti-)Lebensgefühl dieser Zeit zusammen. Naturkatastrophen, Pandemie, Wirtschaftskrise, Armut, Existenzkämpfe – was seit der Pandemie (auch die westliche Welt) erfasst, erschüttert viele Menschen und die kapitalistische Gesellschaft in ihren Grundfesten. Oder sagen wir besser: in ihren vermeintlichen Grundfesten. Denn wie fragil oder sogar inexistent ebendiese sind, wird wohl in diesen Zeiten deutlicher denn je. Fehlende, weil völlig wegsozialisierte Solidarität, ein löchriger Sozialstaat, sollte es ihn überhaupt geben, und massiv ungerechte Arbeits- sowie Eigentumsverhältnisse dringen immer greller und lauter an die Oberfläche. Strukturelle Auffangbecken fehlen überall. Die schreiende Ungerechtigkeit kann nicht mehr ignoriert werden, sie ist viel zu offensichtlich und schädlich. Trotzdem lautet die oberste Devise: funktionieren, produktiv und effizient sein, weiter, weiter, weiter.
Aber wie weitermachen in diesen Zeiten? Wo ist der Ausweg? Gibt es einen? Wie soll die (ohnehin im öffentlichen Diskurs kaum existente) Linke aus dieser Resignation kommen, die irgendwo zwischen völliger Selbstüberschätzung und fehlenden Ressourcen traurig weiter gedeiht? Dabei sollte doch klar sein: Wer sich als «links» bezeichnet, darf sich nicht herausnehmen aus den Weltproblemen – nein, ist sogar dazu verpflichtet, sich einzumischen. Dass dieses Einmischen laut und radikal sein muss, zeigt die wieder aufblühende Rechte und Rechtsextreme deutlich. Noch weiter nach unten zu treten, geht in einer Zeit, in der immer mehr Menschen zu diesem Unten werden, nicht mehr lange (so) gut. Solidarität, Vergesellschaftung, Community Care – das sind die Diskurse und politischen Strategien, die in aller Munde sein sollten. Das heißt aber nicht, dass linke Bewegungen entweder neoliberal-progressiv oder reaktionär-populistisch (Zitat: Nancy Fraser) sein müssen. Es braucht neue Wege. Individualismus und punktuelle Feuerlöscher werden diesen Großbrand nicht löschen. Das ganze System muss weg.