Jede Menge Inserate und kaum Frauen

Die einen machen Auflage, die anderen Politik. Manche sogar beides. Wir haben die MedienmarktanalystInnen Walter Schwaiger und Maria Pernegger zu Aspekten und Besonderheiten der oö. (Print)Medienlandschaft befragt. Die freien Medien sind hier ausdrücklich nicht mitgemeint.

Wer sind die großen Player in der oö. Printmedienlandschaft?

Walter Schwaiger: Wir haben zwei große Verlagshäuser, den Wimmer-Verlag mit OÖNachrichten und Tips und die Mediaprint mit der Kronen Zeitung. Landesweit dann noch das Neue Volksblatt und die eben erwähnte Krone mit einer sehr gut gerüsteten Länderredaktion, die im Meinungsbildungsprozess die größere Rolle spielt. Zwischen OÖN und Krone gibt es eine starke Konkurrenzsituation, wie auch im Bereich der Gratismedien mit Tips und Rundschau.

Inwieweit machen diese Medien auch Politik und verfolgen eine eigene Agenda?

WS: Sowohl die Kronen Zeitung  als auch die OÖN machen Kampagnen und damit Politik – die OÖN haben sich beispielsweise sehr für die medizinische Fakultät eingesetzt, Unterschriften gesammelt und sind gemeinsam mit dem Landeshauptmann im zuständigen Ministerium gewesen. Deshalb muss man sich auch genauer ansehen, wie die OÖN über die aktuelle Problematik rund um das Kepler-Klinikum berichten.

Gibt es direkte Einflussnahme durch die Eigentümer?

WS: Ich denke, dass die Rolle des Chefredakteurs hier wichtiger ist. Er wägt ab, was gebracht wird und was nicht. Ein Durchgreifen bis zum Bericht gibt es bei den OÖN aber eher nicht.

Versucht die Politik sich in die Redaktion einzumischen?

WS: Es gibt Interventionen, in denen man das Gespräch sucht und seine Positionen vertritt. Unter Umständen schafft man durch diese Kontaktaufnahme eine Schere im Kopf, sie kann aber auch den kritischen Geist anstacheln. Jedenfalls gibt es eine Wechselwirkung – im Gegensatz zu Deutschland sind Politik und Medien in Österreich sehr verschränkt.

Apropos: Das Volksblatt ist Eigentum der ÖVP und damit die letzte Parteizeitung Österreichs. Wie kann man sich diesen Spezialfall erklären?

WS: Das Volksblatt ist zum größten Teil eine Funktionärszeitung und für die ÖVP ein wichtiges Instrument zur Meinungsbildung nach Innen. Solange sich das mit Presseförderung und Inseraten finanziell ausgeht und von niemandem ernsthaft infrage gestellt wird, wird es das Volksblatt weiter geben.

Die Redaktion von Dossier hat vor kurzem spektakuläre Zahlen über die Inseratenvergabe seitens des Landes OÖ an das Volksblatt veröffentlicht.  

WS: Die Zahlen fallen natürlich auf, aber das Volksblatt ist auch stark von der sogenannten Vielfaltsförderung abhängig. Diese unterstützt das auflagenschwächste Medium in einem Regionalmarkt und verschafft so dem Volksblatt bundesweit die drittgrößte Summe an Förderung. Dazu kommen die Inserate von Landesseite, die ja weit überproportional zur Reichweite ausfallen. Dass das Inserate-Gebahren des Landes als Presseförderung verstanden wird – wie Landespresse-Chef Gerhard Hasenöhrl gesagt hat – ist übrigens wirklich ein OÖ-Spezifikum.

Im TV-Bereich wird den ORF-Landesstudios immer wieder Hofberichterstattung vorgeworfen. Berechtigt?

WS: Wir haben in OÖ tatsächlich Phasen gehabt, in denen der Anteil der Berichterstattung von OÖ Heute (ORF) über die ÖVP bei 75 % oder darüber lag. Das liegt auch an der Kommunikationskompetenz der ÖVP, die ihre Breite nutzt und Redaktionen gut bespielt und bedient. Zudem ist klar, dass bei chronikalen Ereignissen wie Eröffnungen oder Ehrungen vor allem die Regierenden vorkommen.

Zurück zum Print: Ist die Kommerzialisierung angesichts der ökonomischen Schwierigkeiten der Medien alternativlos? Wo geht die Reise hin?

WS: Es gibt einen ganz klaren Trend, dass originärer redaktioneller Content zurückgeht, weil gerade Zeitungen unter starkem finanziellen Druck stehen. Wenn ich mir vorstelle, bezahlte PR und durchgeschaltete APA-Meldungen wären mit einem Schlag weg, was würde übrigbleiben? Ich denke, Paywalls und bezahlter Content sind für Medien der fast einzige Weg, um qualitativ hochwertigen Journalismus zu bieten.

Maria Pernegger: Die reine Information, das Chronikale, findet man im Internet überall. Wenn eine Geschichte, Recherche dahintersteckt, wenn verschiedene Sichtweisen geboten werden, dann ist das Qualitätsjournalismus und etwas, das sich verkaufen lässt.

Wo sehen Sie Handlungsbedarf für die Politik?

WS: Die Politik muss für die Rahmenbedingungen sorgen. Die Presseförderung ist wichtig, aber nicht existenziell – außer für das Volksblatt. Was die Vergabe von Inseraten betrifft, braucht es objektive Kriterien, wie zum Beispiel Instrumente der Wirkungsmessung. Wenn sich dann ein Medium dieser Überprüfung entzieht, sollte dort auch nicht geschalten werden können.

Ist das Medientransparenzgesetz von 2012 ein Fortschritt?

WS: Es ist ein erster Ansatz, aber es gibt durchaus Verbesserungspotenzial. Gelder müssen beispielsweise erst ab einer Schwelle von 5.000 Euro angegeben werden. Dazu kommt die Frage der Abgrenzung: Es ist sehr schwer überprüfbar, ob die Angaben wirklich stimmen.

Sie haben in einer Studie den österreichischen Kulturjournalismus untersucht. Wie sieht es in OÖ aus und welche Rolle spielt die alternative Kulturszene?

MP: Der Anteil der Kulturberichterstattung ist sehr hoch, wenn man sich zum Beispiel die Kronen Zeitung ansieht. Es kommen aber immer wieder die gleichen Einrichtungen vor.

WS: Die Person des Landeshauptmannes als Kulturreferent garantiert Präsenz. Im Vordergrund stehen aber die großen Häuser, die Volkskultur und Einrichtungen wie die Landesmusikschulen. Die alternative Kulturszene bräuchte einen politischen Proponenten, dem das wichtig ist und der immer wieder Forderungen stellt, dann hätten wir eine Kontroverse und damit Aufmerksamkeit.

In der neuen Landesregierung sind keine Frauen vertreten, wie sieht es da in der Medienlandschaft aus?

MP: In den Redaktionen sind Führungspositionen wie auch in der Wirtschaft überwiegend männlich besetzt, Frauen die totale Ausnahme. Die Runde der Chefredakteure ist der Regierung sehr ähnlich.

Hat diese Repräsentation auch Einfluss auf die Inhalte?

MP: Ja, das merkt man vor allem dort, wo Frauen führend tätig sind, wie z. B. bei News oder dem Standard. Gerade der Standard positioniert sich frauenpolitisch und setzt auch selbst Themen. Das ist auch eine Frage der Förderung von Frauen und eine Frage des Wollens.

Was muss geschehen, damit sich diese Situation ändert?

MP: Solange Frauen keine Kinder haben ist sehr viel möglich. Wenn sie aber dann Kinder bekommen, geht es um die Frage der Vereinbarkeit und man merkt, wie viel Arbeit hier noch nötig ist. Es geht aber auch um das Frauenbild. Männer werden als die Macher dargestellt und das beeinflusst nicht nur Gehaltsverhandlungen, sondern auch die Besetzung von Führungspositionen.  

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