Je mehr Geld, desto mehr Frauen*. Konjunktiv.

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Andrea Mayer-Edoloeyi über Genderperspektiven in der öffentlichen Kulturförderung

Prekäre Arbeit als eisglatter Boden

Frauen* sind überdurchschnittlich im Kunst- und Kulturbereich tätig, einem Feld, dass stark gekennzeichnet ist von der Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse und sozialer Existenzunsicherheit der Protagonist_ innen. Die wenigsten Künstlerinnen können vom Verkauf ihrer künstlerischen Produkte leben, vorhandene (ältere) Statistiken sprechen von 2 – 3 %1. Und auch die Basis der freien, nicht-kommerziellen Kulturszene stellt nicht ordentlich bezahlte Kulturarbeit, sondern das oftmals weibliche* Ehrenamt dar.

Symmetrie der Geschlechter* als öffentliche Aufgabe

Es ist klar, dass es primär eine öffentliche Aufgabe innerhalb der Kunst- und Kulturförderung wäre, eine Symmetrie der Geschlechter herzustellen. Konjunktiv. Allzu oft wird die Kunst- und Kulturförderung dem Markt überlassen, der nach Angebot und Nachfrage, nicht aber nach ethischen Kriterien wie Geschlechter*gerechtigkeit funktioniert. Die soziale Situation von Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen lässt sich mit Förderungen, Ankäufen, Stipendien, kostengünstigen Bildungs- und Beratungsangeboten, aber auch durch Aktivitäten öffentlicher und freier Einrichtungen verbessern, die ihre Rückwirkung auf die Einkommenssituation der Beteiligten haben. Bei Kulturschaffenden, die keine österreichische oder andere europäische Staatsbürgerschaft haben, sind zudem Verbesserungen des rechtlichen Status notwendig, um oftmals überhaupt eine unabhängige, legale Existenzsicherung zu ermöglichen.

Die Frage nach der Symmetrie ist eine Querschnittsmaterie und sie ist inhärent mit der Frage nach der Verteilung des Geldes verbunden. Appelle, besser noch politische Initiativen, für mehr Geld für Kunst und Kultur sind gerade angesichts der Durchsetzung der rigiden Budgetpolitik der EU (Fiskalpakt, …) auf allen Ebenen des Staates notwendig, aber doch zu einfach: Wenn die Frage der Geldverteilung innerhalb des Kunst- und Kulturbereichs nicht gestellt wird, wird sich die Ungerechtigkeit fortschreiben. Frauen*, die das fordern – wie z. B. FIFTITU% – begeben sich damit in eine traditionelle «männliche» Sphäre: es geht um Geld und es geht um Macht. Anecken, unbeliebtmachen und aus der noch immer zugeschriebenen Rolle der Sanften und Anmutigen fallen, ist dabei unausweichlich.

Das Bündnis 8. März und die Initiative #OhneUnsVielSpaß luden heuer schon mehrmals zu einer Parallelsitzung der oö. Frauen-Regierung vor dem Landhaus in Linz. Als Gegenpol zur frauenlosen Landesregierung greift die Frauen-Regierung aktuelle Themen rund um Diversität und Geschlechtergerechtigkeit auf. Sie sensibilisiert für die Wichtigkeit von Vielfalt in Österreichs Gremien und Vertretungen.
Foto: Petra Moser

Wissen und Fakten helfen

Wissen hilft nicht nur dem Einzelnen, sich im Dschungel von Kunst- und Kulturförderung, Steuern, Sozialversicherung und sonstiger Bürokratie zurecht zu finden, sondern auf der politischen Ebene helfen Fakten. Wenn sie vorhanden wären. Konjunktiv. Die Zahlenlage zur Symmetrie der Geschlechter* ist noch immer unzureichend, oftmals weil diese Informationen nicht an der Quelle erhoben werden und weil nur ein Bruchteil der Förderungen an Einzelpersonen geht, wo das Geschlecht* einfach feststellbar ist.

Ein interessantes positives Beispiel ist der Bericht zur «Symmetrie der Geschlechter» der Stadt Linz2. Hier werden seit 2001 die Kultur-Aktivitäten systematisch ausgewertet. Erst waren es nur die magistratseigenen Tätigkeiten, mittlerweile erstreckt sich dieser Bericht auch auf städtische Einrichtungen wie Lentos, Nordico, Wissensturm oder Musikschule. In Linz ist es u. a. mit diesem Bericht gelungen, dass viele Führungspositionen im Kulturbereich weiblich* besetzt wurden. Hauptproblem der Linzer Kulturförderung ist mittlerweile nicht mehr so sehr die Symmetrie der Geschlechter*, sondern die systematische Unterdotierung der Förderbudgets. Diese bewirkt aber eben auch eine Hemmung des künstlerischen und kulturellen Schaffens und fördert prekäre Arbeit.

Fakten sind hilfreich, um politisch Druck zu machen und um die Peinlichkeit zu fördern, die die Ignoranz von Gender-Fragen bei Politiker_innen der Mitte auslöst. Wenn es aber möglich ist, wie in Oberösterreich eine Landesregierung nur mit Männern zu besetzen, dann hilft wohl auch eine Strategie, Peinlichkeit zu erzeugen nichts mehr. Da hilft nur feministisches Engagement und progressive Politik mit langem Atem! Rufzeichen!

 

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* Frauen, Männer, weiblich, männlich, Geschlecht … sind gesellschaftliche Konstrukte. Ich habe mich aber bei diesem Thema außer Stande gesehen diesen Beitrag zu schreiben ohne diese Begriffe strategisch zu verwenden, denn die hegemoniale Kulturpolitik tickt leider noch immer zweigeschlechtlich.

1 Almhofer, Edith et. al., Die Hälfte des Himmels, Wien 2000
2 linz.at/kultur/2278.asp, abgerufen am 16. 2. 2016
 

 

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