Wie die (Un)Kultur in die Medien kommt

Ein Bericht von Otto Tremetzberger.

Als mich irgendwann Mitte November die KUPF ein wenig besorgt, der Dringlichkeit wegen, anrief und bat, sehr, sehr kurzfristig und ebenso ungeplant einen Beitrag zum Thema «Kulturjournalismus in Oberösterreich» zu schreiben, habe ich natürlich, wie es meine Art ist, sofort zugesagt.

Ich habe mir dann zunächst die wesentlichen und zentralen Thesen zurechtgelegt, zum Beispiel dass der Kulturjournalismus – im Unterschied zum Journalismus generell – nicht mehr nur in der Krise, sondern beinahe fast schon am Ende sei.

Ich habe mir überlegt, dass zwar in den letzten 25 Jahren das Kulturangebot insgesamt erstaunlich zugenommen habe, auch hierzulande, und dabei längst nicht nur die sogenannte Hochkultur, der verfügbare Medienraum für Kunst und Kultur seither aber merklich geschrumpft sei. Die Ressourcen in den Redaktionen verknappen, habe ich gedacht: Lifestyleberichterstattung, Promis, Hollywood, Society, «Wetten Dass …? », Heimat und Tradition, die Stars und Sternchen … Das alles dominiert die Berichterstattung. Und (auch) davon zu viel und überall das gleiche. Ich dachte und notierte: «Wenn auch der Hintern von Kim Kardashian es nun doch nicht geschafft hat, das Internet zu sprengen (was für ein großartiger Gedanke eigentlich, manchmal, das Internet zu sprengen!): Selbst an den sogenannten Qualitätsmedien ist dieser nicht spurlos vorbeigezuckelt.» Was wird da eigentlich mitgeteilt? Warum diese Meldung? Und nicht eine andere? habe ich mich gefragt.

Ich habe mich dann wieder an den Begriff des «Nullmediums » erinnert, den Hans Magnus Enzensberger, schon enttäuscht von seinen eigenen früheren und noch oppositionelleren Medienkritiken, in den 80er Jahren verwendet hatte: Inhalt von jeder Bedeutung befreit, ein Medium der vollkommenen Leere, bar jeder Versuchung und jeden Anspruchs, die Welt, die Gesellschaft noch ein Stückweit besser zu machen. Einmal mehr ist mir dann wieder die Diskussion um den «Kulturinfarkt» eingefallen. Sie erinnern sich vielleicht! Und ich habe mir darauf die wenigen verbliebenen Medienräume für Kunst- und Kultur wie Wasserstellen in der Wüste vorgestellt, aus denen, weitgehend unter sich bleibend, jene «systemrelevanten » kulturellen «Leuchttürme», ihr Wasser zum Leben, umgelegt also: ihre Sichtbarkeit, ihr Grundrauschen, ihre Präsenz in den Köpfen, und zwar auch der IgnorantInnen und KulturbanausInnen, heraussaufen – jene Leuchttürme also, die ohnehin den «Löwenanteil der Kulturhaushalte» (Förderungen) verschlingen, die angesichts stagnierender Etats die nichtinstitutionellen Angebote nicht nur an die Wand, sondern auch aus dem Licht drängen würden. Dem Licht der Öffentlichkeit nämlich, wovon nicht genug für alle da ist. Umsonst ist dabei nichts. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich habe mich an Situationen erinnert, in denen KulturjournalistInnen und andere Zuständige die Frage, warum denn über so vieles hartnäckig nicht berichtet werde, damit beantworteten, dass diesen Angelegenheiten eben die nötige Relevanz fehlen würde, für das überregionale, für das oberösterreichische Publikum, zumal es sich ja oft um Inhalte handeln würde, die, so wird behauptet, von ausschließlich lokaler Bedeutung seien.

Ich habe mir dann nicht zum Spaß eine Woche lang die abendlichen Sendungen «Oberösterreich Heute» im ORF angesehen und mich gefragt, welche besondere überregionale Relevanz dann aber beispielsweise der «Leonardiritt in Schenkenfelden», der «Martinimarkt in Steinerkirchen» (Wo liegt das eigentlich?) oder die «Weinsegnung in Kremsmünster» haben sollen? Dabei handelte es sich übrigens um jene Beiträge, die zumindest noch von einem breiten Kulturbegriff erfasst werden.

Ich habe mir dann wieder die so bezeichnete «Brandrede » von Hans Hurch, Viennaledirektor, im Falter (Ausgabe 43/2014) herausgesucht, in welcher dieser den FalterfilmkulturjournalistInnen die Leviten liest. Diese würden nämlich Objektivität nur vorschieben, in Wahrheit aber kulturpolitische Kommentare verfassen, einseitig berichten, Naheverhältnisse verschweigen, bestimmten Interessen und Verbindungen verpflichtet sein und wie «Parksheriffs» agieren. Hurch schreibt: «Ihr seid Sklavenseelen geworden». Ich habe mir gedacht: Das kann ich vielleicht noch einmal brauchen.

Ich habe dann über das alles nachgedacht, Überlegungen und Vergleiche angestellt und damit begonnen, bewusst und halbbewusst, diese im Kopf und am Bildschirm weiter auszuarbeiten. Dass es irgendwie in meinem Artikel auch um das Thema Freie Medien gehen würde, ist mir übrigens vernünftig erschienen, im Grunde aber nicht prioritär.
Es ist dann ein wenig anders gekommen als geplant. In der Zwischenzeit hat sich nämlich Herr Helmut Atteneder, seit kurzem stellvertretender Kulturressortleiter der Oberösterreichischen Nachrichten an DORF TV gewandt, mit der freundlichen Anfrage um einen Termin. Der Grund: Er plane wieder einmal einen Beitrag über die Freien Medien, DORF TV, Radio FRO und so weiter.

Nachdem unser letzter größerer «Event», der TVLivemarathon «Nahsehen – Fernsehen» wieder einmal (aber nicht wider Erwarten) auch an den OÖN spurlos vorübergegangen war, kam uns das ganz recht. Ich habe mich dabei auch an eine Aussage des mittlerweile ehemaligen Kulturressortchefs erinnert, als dieser auf eine Interviewanfrage für die Sendereihe «DORF TV Mediengespräche» abwehrend meinte, es könne sich dabei wohl nur um ein «Tribunal» handeln. Aus dieser Aussage haben wir dann nämlich gefolgert, dass es unter den RedakteurInnen ein schlechtes Gewissen, zumindest aber eine Vorstellung über die doch von vielen als unzureichend empfundene Kulturberichterstattung der OÖN geben würde. Ein beträchtlicher Teil des Oö Kulturlebens, hört man oft, komme nämlich selten, wenn überhaupt, aber in der Regel nie in den OÖN vor – vom Veranstaltungskalender vielleicht einmal abgesehen.

Wie er uns dann im Studio am Linzer Hauptplatz besucht hat, der freundliche Herr Atteneder von den OÖN, haben wir in lockerer Stimmung und Atmosphäre über DORF TV geplaudert und allerlei Fragen beantwortet. Im Hintergrund haben sich derweil Peter Androsch und Margit Knipp mit ihrem Studiogast, dem gebürtigen Freistädter, Komponisten und mittlerweile auch Rektor der FH St. Pölten Hannes Raffaseder auf ihre Livesendung «Hörstadtgespräche» vorbereitet. Am Ende hat dann der OÖN-Photograph noch ein paar Fotos gemacht und so sind wir auseinander gegangen. Ich habe dann in den Tagen danach Andi Wahl von Radio FRO gefragt, ob der Herr Atteneder wie angekündigt auch schon bei ihnen gewesen sei, aber der wusste davon nichts.

Schließlich, zwei Wochen später, haben die OÖN dann am 18. November 2014 tatsächlich über DORF TV berichtet. Als Aufhänger: Halbe Titelseite. Artikel. Kommentar. Sogar die Witzfigur «Vitus Mostdipf» meldete sich zu Wort. «Kaum Verbreitung», aber «hohe Förderung» war zu lesen, und von «dürftiger Qualität», von «vollen Fördertöpfen» aus denen «geschöpft » würde und so weiter.

Warum man das alles subventionieren soll, erschließe sich ihm nicht, postete Chefredakteur Gerald Mandlbauer auf Facebook. Von DORF TV habe er bisher auch nur ein Standbild konsumiert. Davon, dass derselbe Mandlbauer am 10. Juli 2013 bei uns zu Gast im Studio «Schirmmacher» live mit Mario Friedwagner eine dreiviertel Stunde lang über «Qualitätsjournalismus» und die «Verfasstheit der Oö Medienlandschaft» diskutiert, und sich nicht nur enthusiastisch über die OÖN, sondern, im Anschluss, auch anerkennend über den wichtigen Beitrag von DORF TV geäußert hatte, war in der Berichterstattung freilich nicht die Rede.

Und so haben wir dann unter dem Titel «Medien – Macht – Missbrauch? Wie und warum die Oberösterreichischen Nachrichten den nichtkommerziellen Sender „dorf tv“ mundtot machen wollen. Medienpolitik unter dem Deckmantel des Kulturjournalismus» dazu auch sehr ausführlich Stellung genommen. Nachzulesen unter dorftv.at/blog/21555
Leider bin ich dann aber nicht mehr dazu gekommen, den Artikel zum Thema «Kulturjournalismus in Oberösterreich» zu schreiben. Aber vielleicht fällt dem Hans Hurch dazu noch was ein.
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Innovationstopf 2014: Land der freien Medien

Im Rahmen des KUPF Innovationstopf 2014 wurde auch eine gemeinsame Projekteinreichungen von Freies Radio Salzkammergut, Radio B13, Freies Radio Freistadt, Radio FRO und DORF TV prämiert. Ziel des Projektes „Land der freien Medien“ ist es, die Info-Redaktionen der Freien Radios und von DORF TV dauerhaft zu vernetzen und eine gemeinsame Metaredaktion zu gründen. Dahinter steht die Vision, gemeinsame Recherche zu betreiben, alle verfügbaren Kanäle gezielt zu bespielen und gemeinsam kampagnenfähig zu werden. Das Projekt läuft seit Frühjahr 2014, etliche Vernetzungstreffen der MedienmacherInnen in allen Landesteilen fanden statt. Mehrere Beiträge für die Info-Redaktionen wurden produziert und sind unter dem Label „Land der freien Medien“ im CBA, dem Cultural Broadcasting Archive nachzuhören bzw. im Medienarchiv von DORF TV anzusehen. Aktuell sind weitere Vernetzungsschritte im Gange und TV- Talks mit externen ExpertInnen in Vorbereitung.

cba.media dorftv.atinnovationstopf.at

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