Die rückwärts gewandte Medienpolitik der Bundesregierung Noch dieses Jahr will die Schwarz-Blaue Regierungskoalition zwei neue Mediengesetze beschließen. Und diese sind leider keine verfrühten Weihnachtsgeschenke. Mit dem „Komm Austria Gesetz“ soll eine unabhängige Medienbehörde eingerichtet werden. Außerdem soll das Privatradiogesetz novelliert werden.
von Wolfgang Hirner
Mit dem Komm Austria Gesetz wird eine Behörde geschaffen, in der die Bereiche Medien und Telekommunikation im Sinne der Konvergenz gemeinsam behandelt werden. Diese ist unter anderem für Lizenzvergaben und Medienaufsicht zuständig. Von einer unabhängigen Behörde zu sprechen ist allerdings ein Hohn. Von den 12 Mitgliedern werden 7 von der Regierung bestellt, 4 von den politischen Parteien und einer von den Ländern. Man kann also davon ausgehen, dass 10 der 12 Mitglieder von der ÖVP-FPÖ Koalition entsendet werden. Dieser Besetzungsmodus entspricht in keiner Weise europäischen Standards. Bei unseren deutschen Nachbarn, wo Medien Ländersache sind, entsenden entweder die gesellschaftlich relevanten Gruppen Vertreter in die Landesmedienanstalten oder die Behördenmitglieder werden mit 2/3 Mehrheit der Länderparlamente bestimmt. Beim österreichischen Bestellungsmodus liegt der Verdacht nahe, dass die Regierung nicht an einer unabhängigen Behörde interessiert ist, sondern die elektronischen Medien auf Jahre hinaus kontrollieren will. Im vorgesehenen Privatradiogesetz sollen Beteiligungsgrenzen für Medienunternehmen fallen, was zu einer weiteren Konzentration im Medienbereich führen wird. Lokalradio wird es in absehbarer Zeit wohl nicht mehr geben, sondern nur noch einige bundesweite Ketten mit lokalen Sendefenstern.
Obwohl inzwischen 10 Freie nichtkommerzielle Radios den Sendebetrieb aufgenommen haben und sich als eigenständiger 3.Sektor neben öffentlich-rechtlichen und privat-kommerziellen Radios etabliert haben, sind die Freien Radios im Gesetzesentwurf wieder nicht gesetzlich verankert, wobei dieser Vorwurf nicht nur an die Bundesregierung, sondern auch an die SPÖ geht, die in ihrer Regierungszeit die Bedeutung der nichtkommerziellen Radios für eine demokratische Gesellschaft nicht erkannt hat. Staatssekretär Morak leistete ebenfalls gute Arbeit um die Freien Radios auszuhungern, indem er die Förderung in diesem Jahr auf ca. 30% des Vorjahres gekürzt hat und angekündigt hat, die Förderung im nächsten Jahr ganz zu streichen. Dies spricht für die vollkommene Ignoranz des Staatssekretärs gegenüber den Leistungen der Freien Radios. Diese stellen durch ihr Prinzip des offenen Zugangs Öffentlichkeit für jene Gruppen her, die in den kommerziellen Medien nicht zu Wort kommen, von österreichischen MusikerInnen und KünstlerInnen über Entwicklungspolitische Vereine bis zu Obdach- und Arbeitslosen, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Durch ihren hohen Anteil an fremdsprachigen Sendungen leisten sie wichtige Integrationsarbeit. Außerdem sei noch die medienpädagogische Arbeit der Freien Radios erwähnt: durch den aktiven Umgang mit dem Medium Radio erwerben Menschen und vor allem Jugendliche Medienkompetenz die sie in unserer medialisierten Welt dringend benötigen.
Das es auch anderes gehen kann zeigt ein kurzer Blick über die Grenzen nach Deutschland, wo „Bürgerfunk“ über sämtliche Parteigrenzen anerkannt ist und deshalb auch in allen Bundesländern in irgendeiner Form gesetzlich verankert ist. Das Spektrum reicht von Freien Radios über Offene Fernsehkanäle bis zu Uniradio und Ausbildungsfunk. Insgesamt gaben die deutschen Landesmedienanstalten im letzen Jahr ungefähr 350 Millionen Schilling für den Bürgerfunk aus. In Österreich wird im nächsten Jahr die Fördersumme für Freie Radios von Seiten des Bundes wohl bei Null Schilling liegen. Gratulation zur Europareife!