Erfahrungen von Kulturinitiativen mit EU – Förderungen hat Bettina Mayr-Bauernfeind dokumentiert.
Es ist nicht einfach, sich einen Überblick über die Aktivitäten und Förderprogramme der EU im Kulturbereich zu verschaffen. Verschiedene Programme mit unterschiedlichen Förderkriterien und Verwaltungsbehörden sorgen für Verwirrung und Resignation. Kulturinitiativen und ihre Erfahrungen mit EU-Programmen.
Gleich vorweg. Viele sind es nicht, von den KUPF-Mitgliedsvereinen, die schon einmal um EU-Förderung angesucht haben. Auffallend: meistens handelt es sich um Routiniers, die bereits über viel Erfahrung im Konzepte Schreiben und Förderansuchen Ausfüllen verfügen. Und selbst jene scheinen mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Tania Araujo vom Linzer Migrantinnenverein Maiz: „Wir haben bereits mehrere EU-Projekte durchgeführt, aber es ist immer wieder ein Kampf.“ Gründe dafür nennt sie einige: kompliziert formulierte Antragsformulare, bürokratische und formale Hürden, späte Auszahlung von Förderungen und damit verbunden das Problem der Vorfinanzierung, verspätete Ausschreibungen, usw.
Wenig Geld für die Kultur
Eines der Hauptprobleme dürfte jedoch sein, das passende Förderprogramm für ein Projekt zu finden. Denn Kulturaktivitäten können aus verschiedenen EU-Töpfen finanziert werden. Der mit Abstand größte Teil der Kulturförderung kommt aus den Strukturfonds. Daraus werden Regionalentwicklungsprogramme wie Interreg III, Leader+, Urban oder Ziel 2 gespeist. Laut der Studie „Kultur & EU-Strukturfonds“ von Sylvia Amann wurden von 1995 – 1999 österreichweit knapp 23 Mio. Euro aus den Strukturfonds für Kultur ausgegeben. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern fiel der Anteil für Kultur aus den Strukturfonds verhältnismäßig gering aus. Europaweit kamen im Schnitt 2,8% der EU-Strukturfondsmittel kulturellen Projekten zugute, in Österreich lukrierten Kulturprojekte nur 1,4% der insgesamt zur Verfügung stehenden Regionalfördermittel.1 Neben den Strukturfonds werden Kulturprojekte über das Förderprogramm Kultur 2000 sowie über diverse Aktionsprogramme der EU außerhalb der direkten Kulturförderung (z. B. Programm Jugend, Sokrates oder Leonard da Vinci) finanziert.
… Erfahrungen
KUPF-Mitgliedsvereine, die um EU-Förderung angesucht haben, konnten vor allem Geld aus einzelnen Regionalentwicklungsprogrammen sowie aus dem Programm Jugend lukrieren. Das Förderprogramm Kultur 2000 spielte bisher kaum eine Rolle. Die positivsten Erfahrungen wurden mit dem EU-Jugendprogramm gemacht. Radio FRO, Medea und Maiz konnten bereits erfolgreich Projekte über diese Förderschiene realisieren. Ansuchen und Abwicklung verlaufen bei diesem Programm relativ unproblematisch. „Die Antragstellung war im Grunde genommen nicht viel komplizierter als beim Land oder beim Bund“, so Elvira Kurabasa vom Verein Medea. Medea erhielt einen Monat nach Antragstellung die Finanzierungszusage, ähnliches bestätigen Barbara Wildberger von Radio FRO und Tania Araujo von Maiz.
Die relativ unproblematische Handhabung dürfte auch damit zusammenhängen, dass der Höchstförderbeitrag bei 10.000 Euro liegt, es sich also um relativ kleine Fördersummen handelt, die Einreichung in Österreich über eine nationale Einreichstelle erfolgt, die zuständigen Kontaktpersonen kompetent und freundlich sind und nicht immer ProjektpartnerInnen aus dem Ausland erforderlich sind. Anders sieht es bei den Regionalförderprogrammen aus. Gotthard Wagner vom Verein Sunnseitn hat im Rahmen von Interreg II zwei österreichisch-tschechische Projekte durchgeführt. 1998 „via pedalicum mobile“ und 1999 einen „Skulpturenweg der Nachbarschaft“. Angesprochen auf seine Erfahrungen sprudelt einiges an Kritik hervor. Die Krux lag weniger in der Antragstellung als vielmehr in der Abrechnung. „Es dauerte irrsinnig lange bis das Geld ausbezahlt wurde“, so Wagner. „Ich musste über einen Zeitraum von zwei Jahren 500.000 Schilling Privatkredit aufnehmen.“ Die dafür anfallenden Zinsen konnten nicht abgerechnet werden.
Dass solche Zwischenfinanzierungen enorme Kosten verursachen, bestätigt auch die Studie von Sylvia Amann. Allein in Österreich fallen aufgrund von Überbrückungskrediten für TrägerInnen von kulturellen Regionalentwicklungsprogrammen jährlich Kosten in der Höhe von 300.000 Euro an.2 Gotthard Wagner: „Ich kenne einige tschechisch-österreichische PionierInnen der ersten Stunden, die große Projekte durchgeführt haben, aber aufgrund solcher Förderpraxen resignieren.“ Kritik äußert Wagner vor allem gegenüber dem Land Oberösterreich, das für die Abwicklung des Interreg-Programmes zuständig ist. Dort müsste man sich darum kümmern, dass Einreichung und Abrechnung möglichst rasch und unbürokratisch durchgeführt werden und das Geld von der EU rechtzeitig ausbezahlt wird.
Erfahrungen mit einem Regionalentwicklungsprogramm sammelte auch Nicolette Wächter vom Höribachhof. Sie hat bereits zweimal beim Leader-Programm eingereicht. Das erstemal für den Ausbau der Ausstellungsräumlichkeiten, das zweite mal für das Projekt „Getreidesommer“. Die Einreichung des Projektes in das Programm gestaltete sich relativ unproblematisch. Ein Grund dafür war die Unterstützung durch die Geschäftsführerin des örtlichen Regionalentwicklungsverbandes. Probleme gab es dann allerdings bei der Auszahlung der zugesagten Fördersumme. Für das Projekt „Getreidesommer“ gab es ursprünglich eine Förderzusage in der Höhe von 134.000 Schilling, ausbezahlt wurden letztendlich 100.000 Schilling, also um einiges weniger als versprochen. Hinzu kam dass das Geld erst ein Jahr nach der Zusage überwiesen wurde. Dennoch lässt sich Nicolette Wächter nicht entmutigen. Sie sieht in den EU-Förderungen eine große Chance und hat bereits wieder ein paar Projekte in das Leader+-Programm eingereicht.
Die größte Hürde dürften für Kulturinitiativen jedoch jene Programm darstellen, die direkt bei der EU-Kommission eingereicht werden müssen. Barbara Wildberger von Radio FRO hat vor einem Jahr ein Projekt bei der Generaldirektion Bildung und Kultur eingereicht. Es handelte sich dabei um eine Konferenz zum Thema Medienvielfalt und Kommunikation. Die Antragsstellung gestaltete sich sehr aufwendig. „Ich habe länger als eine Woche intensiv daran gearbeitet“, so Wildberger. Das Ansuchen wurde wegen „Mangel an Details über die Auswirkungen des Projektes“ abgewiesen. Rückfragen von Seiten der Generaldirektion gab es keine.
Ebenfalls bei der EU-Kommission eingereicht werden, müssen Projekte im Rahmen von Kultur 2000, dem einzigen Programm auf EU-Ebene, das sich ausschließlich auf die Förderung kultureller Aktivitäten bezieht. Bisher erhielt erst ein ehemaliger KUPF-Mitgliedsverein Geld aus einem der Vorgängerprogramme von Kultur 2000, dem Programm Kaleidoskop. Es handelt sich dabei um das Projekt „Unsichtbare Städte“ des Kulturclubs Untraha (Unterach), das im Rahmen des Festivals der Regionen 1995 realisiert wurde. Nach derzeitigem Recherchestand hat es sonst keine Mitgliedsinitiative gewagt, in dieses Programm einzureichen. Das hängt auch damit zusammen, dass über diese Förderschiene Projekte erst ab einer Fördersumme von 50.000 Euro und einer Laufzeit von einem Jahr finanziert werden. Dabei müssen mindestens drei Partnerorganisationen aus drei Ländern zusammenarbeiten. Medea überlegt jedoch sich an einem Kultur 2000 Programm als kleinere PartnerInnenorganisation zu beteiligen.
Neben den bereits erwähnten Programmen wurden von Mitgliedsinitiativen auch noch andere Förderansätze (z. B. Daphne, Sokrates, Equal, …) genutzt. EU-Geld beantragt wurde außerdem noch von einigen anderen KUPF-Vereinen als den bereits zitierten: z. B. Textile Kultur Haslach, LocalBühne Freistadt, Treffpunkt Georgia oder Fiftitu%.
Mailingliste zu EU-Förderungen
Trotz der Hürden und Schwierigkeiten mit denen Kulturinitiativen bei der Abwicklung von EU-Projekten konfrontiert sind, ist es wichtig, dass es solche Töpfe gibt. Das bestätigten auch die für diesen Artikel geführten Gespräche mit KulturaktivistInnen. Die KUPF hat unter der Adresse eu-info@kupf.at eine Mailingliste eingerichtet, die zu einer verstärkten Vernetzung in diesem Themenbereich beitragen soll. Die Liste ist für all jene gedacht, die bereits EU-Projekte realisiert haben, gerade eines planen oder sich einfach für EU-Förderungen interessieren. Die Mailingliste sollte in erster Linie zum Informations- und Erfahrungsaustausch dienen. D. h. wenn im KUPF-Büro interessante Infos einlangen, werden sie in diese Liste gepostet, das gleiche sollte für alle List-TeilnehmerInnen gelten. All jene, die an der Mailingliste interessiert sind, bitte ein kurzes Mail an das KUPF-Büro senden (kupf@kupf.at).
Beratung und Projektbegleitung
Mag. Sylvia Amann, Inforelais, steht Kunst- und Kulturschaffenden mit konkreten Projektideen bzw. mit Fragen und Problemen im Kontext laufender EU-Projekte mit Rat und Tat zur Seite. Interessierte schicken am besten ein Mail mit Projektbeschreibung, ungefährem Zeitplan und eventuellen ProjektpartnerInnen. Die Beratungsgespräche sind kostenlos.
Inforelais, Mag. Sylvia Amann Im Weizenfeld 26, 4209 Engerwitzdorf Tel: 07235/660-5411, office@inforelais.org, http://www.inforelais.org
1 & 2 Amann Sylvia: Kultur & EU-Strukturfonds 1995-1999, Handbuch Österreich, Pregarten 2001, S. 34 & 44
Bettina Mayr-Bauernfeind