Vollrechtsfähig rechtlos

Eine Käferreform ortet Horst Scheiböck bei der Unireform.

 

So sieht der Cartoonist Rudi Klein den jüngsten Entwurf des neuen Universitätsorganisationsgesetzes zur Uni-Reform. In der Tat stehen sich die vollmundig klingende Formulierung Vollrechtsfähigkeit der Universitäten und die durch das neue Gesetz geschaffene Wirklichkeit diametral gegenüber.

Die sogenannte Vollrechtsfähigkeit bringt gravierende Veränderungen der finanziellen Ausstattung für die einzelnen Unis mit sich und stellt diese vor die Tatsache, dass die Entscheidungsgremien unmittelbar vom Ministerium beeinflusst werden. Denn im Gegensatz zur derzeitigen Lösung, werden im zukünftigen Universitätsrat zehn universitätsexterne VertreterInnen (aus Politik und Wirtschaft), die vom Bundesministerium aufgrund eines Vorschlags des zweiten Gremiums – dem Universitätssenat – vorgeschlagen werden, sitzen. Erst auf dieser Ebene befinden sich VertreterInnen der einzelnen Unis und haben nur beratende Funktion.

Der Universitätsrat wird in Zukunft absolutes Durchgriffsrecht bis ganz nach unten haben, während Rektor, Uni-Senat und Institutsvorstände nur eine beratende Funktion bleiben wird. Das bisherige Gremium einer Institutskonferenz, in dem bis dato VertreterInnen der ProfessorInnenschaft, des Mittelbaus und der Studierenden gemeinsam über Belange der einzelnen Institute beraten und entscheiden, wird überhaupt gestrichen werden. Das heißt: es wird dem direkten politischen Einfluss auf die internen Entscheidungen Tür und Tor geöffnet, während im Gegenzug die finanzielle Verantwortung direkt bei den einzelnen Bildungsstätten liegen wird. Das neue Gesetz passiert zur Zeit gerade den Ministerrat und wird sich bis zur endgültigen Vorlage im Juli zwar noch geringfügig ändern, aber in den Grundzügen wird es aber eine gewaltige Verschlechterung der Forschung und der Lehre mit sich bringen.

Ein weiterer Punkt ist die Frage der studentischen Mitbestimmung. Bislang sitzen in allen Gremien VertreterInnen von Studierenden und auch des Mittelbaus des Universitätslehrkörpers. Unter dem Vorwand, die Studierenden von einem gewissen Zeitaufwand, der für eine Mitbestimmung erforderlich ist, zu befreien, werden die zukünftigen Gremien entweder überhaupt von StudierendenvertreterInnenn frei gehalten oder einer Zweidrittel-ProfessorInnenmehrheit unterworfen. Diese neue Regelung schafft laut der Vizerektorin der Uni Wien, Gabriele Moser, zukünftig auch einen entscheidenden Nachteil für Frauen, da diese im ProfessorInnenstatus noch unterrepräsentiert sind.

“Wenn künftig nur noch Professoren in Leitungsfunktionen gelangen können, werden indirekt Frauen komplett diskriminiert“, argumentiert Gabriele Moser in einem Schreiben. Denn der Frauenanteil unter den ordentlichen ProfessorInnen betrage nur sieben Prozent. Sie frage sich, ob dann etwa im Senat überhaupt noch Frauen vertreten sein werden. Ebenso spricht Moser von einer empörenden Situation des Mittelbaus, der zukünftig nur mehr mit einer Stimme repräsentiert sein wird, obwohl er in der Vergangenheit enorm viel geleistet hat. Bundesministerin Gehrer sieht diese Tatsache naturgemäß anders und behauptet in einem Interview mit der Presse, dass die Frauenförderung im vollen Umfang enthalten und sonst in keinem anderen Gesetz besser verwirklicht sei.

Angesichts dieser Fakten wird ziemlich klar, dass hinter den gefällig formulierten “Verkaufstiteln“ wie Reform und Vollrechtsfähigkeit und dgl. zunehmend die Demontage demokratischer Mitbestimmung von bisher flachen Hierarchien und die Rückkehr zu steilen Hierarchien unter dem Vorwand der besseren Leistungsfähigkeit und der Effizienz betrieben wird.

Die Universitätsreform ist da nur ein kleiner Teil im Reigen der “speed-kills-Reformen“. Interessant ist dabei die ebenfalls zunehmende Widersprüchlichkeit der neuen Regierung, die gebetsmühlenartig vorgibt, sie habe quasi erst die österreichische Demokratie erfinden müssen, aber solche Gesetzesänderungen betreibt. Betrachtet man die Diskussion um die Universitäten auch aus dem Blickwinkel gesellschaftspolitischer Diskurse, wird einem auch klarer, dass eine Heranbildung intellektuell wacher Geister und Universitäten als Ort der gesellschaftlichen Reflexion, für einen neoliberal ausgerichteten Staat nicht erwünscht sind.

Horst Scheiböck

Kunstuniversität Linz Österreichische HochschülerInnenschaft Infopool zur Unireform

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