Sehr geehrte Damen und Damen!

Rede zur Eröffnung der „Frauenarbeitsgespräche“ mit dem Titel „Identität – Realität“ anläßlich der frauen.kultur.woche der KUPF-GleichstellungsInitiative FIFTITU%.

von Klaudia Gruber

Sehr geehrte Damen und Damen! Eine Wortspende zu einem Ereignis unter inzwischen scheinbar wohlbekannten Vorzeichen. „Frauenkunst“

Eine Wortspende zu „Frauenkunst“ Frauenkunst ist Ihnen nicht bekannt. Frauenkunst gibt es nicht. Frauenkunst geht über die Selbste, die Sie hier vorzufinden vermuten, hinaus. Frauenkunst verschafft Einblicke ins Selbst der Künstlerin. Frauenkunst verweigert dies im selben Augenblick. Frauenkunst ist etwas, was durch Ihren Blick hergestellt wird. Sie brauchen keine Rückschlüsse auf die Psychen der Künstlerinnen zu machen.

Wenn Sie mehr wissen wollen: Hier sehen sie Kunst von 3 Bildhauerinnen, 1 Textilkünstlerin, 3 Architektinnen, 1 ExperimentellVisuellSchaffenden, 2 Keramikerinnen und 1 Film-&Videoschaffende. Die Ausbildungssparte läßt sich nicht an den Werken ablesen. Ausserdem sind beteiligt: 3 ehemalige und 2 aktive Frauenreferentinnen der ÖH der Uni für Gestaltung. Es sind die Organisationszusammenhänge (ÖH der Kunstuni (insbesondere das Frauenreferat), FIFTITU %, FEMART, FrauenLesbenzentrum, Die Arbeitsgespräche, Architekturfrühstück) als Netzzusammenhang und Hintergrund im Spiel. Insgesamt ergibt sich die Summe von 10 Ausstellenden. Einige tragen eine Brille, andere nicht. Einige haben Muttermale.

Kunstmarkt

Die Kunst spielt sich nicht in einer auf ein „Aussen“ projizierten fiktiven Blase namens „Kunstmarkt“ ab. Wir (Künstlerinnen) neigen dazu, den Markt „woanders“ zu verorten, nicht in der Gegenwart des Selbsterlebbaren und -erlebten. Der Markt ist hier, und was hier zu Markte getragen wird ist nicht die Haut der Produzentinnen der Kunst in diesem Raum entgegen den Vorstellungen der main-stram-Rezeption. Auch nicht die Bilder und Objekte, welche eine voyeuristische Blicklust der Marke „Was will die Frau?“ (Freud), und dann: „Ist das hier die Frau?“ bedienen. Wer so schaut erfährt nichts. Wer sich aus dieser Position heraus anschleichen will, dem verschliessen sich Bedeutungen.

Wenn hier also getauscht wird, sollten auch Sie etwas mitzubringen haben. Was Sie umgekehrt antreffen, liegt ja bereits vor. Was tauschen Sie also? Welchen Blick haben Sie dabei? Sind Sie in der Lage, etwas anzuschauen, ohne dass Sie das Erschaubare mit den Augen aufessen und dann grusslos gehen? Können Sie Nähe herstellen ohne die Rückendeckung ihrer Urteilsfähigkeit, an deren Kategorien Sie das Gesehene anzupassen versuchen? Sind Sie fähig etwas Neues zu entdecken? Ich nehme es vorweg. Vielleicht ist das Neue, das es immer noch zu entdecken gilt: die Frau. „Frauenkunst“ ist eine Klasse, die einen bestimmten Paßrahmen hat. In diesem Begriff ist es immer zu eng. Das Fassbare der Realität von Frauen kann ein Ausgangspunkt sein für die Annäherung an das Unfassbare, an das, was die Eingrenzungen und Zuschreibungen immer übersteigt. Somit sehen Sie hier nicht unbedingt Dinge, in denen sie die Frau wiedererkennen könnten. Sie sehen verschiedene Positionen, die aus völlig unterschiedlichen Kontexten und Schaffensbedingungen heraus entstanden sind.

Einige Worte zum Politischen

Eine mögliche und, wie ich meine, wünschenswerte Kategorie, die es an Kunstgeschehen anzulegen gilt, ist die Frage nach der Politik, der ein Event wie diesem hier eingeschrieben ist. Die Politik, das ist doch die Frage nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner der differenten und kontroversen Positionen. Die Betonung liegt auf GEMEINSAM. Reflektiertes solidarisches Handeln verbindet. Was soll hier verbunden werden? Eine Verbindung, die in der Auseinandersetzung mit traditionellen Rollenbildern für Frauen hergestellt wird, ist die Setzung des Zusammenhangs zwischen Selbstwahrnehmung/Selbstbild und dem Verallgemeinerbaren, dem, was viele Frauen betrifft. Eine poilitische Entscheidung der „Arbeitsgespräche“ war es, ihre Arbeiten als Positionen von Frauen zu deklarieren. Diese Praxis ist der Verzicht auf die Vorgabe, unter dem Zeichen der Universalität zu rangieren. Der Wunsch nach Allgemeigültigkeit, wonach Frauen explizit ablehnen, dass Ihre Werke mit der Geschlechtskategorie „Frau“ in Verbindung gebracht werden, führt oft genug durch die Hinertür der traditionellen Deklassierung von Kunst von Frauen zu einem doppelten Unfall. Eimal der Stolperstein der Neutralisierung von Produktion, was oft in der Konsequenz einer Entkräftigung gleichkommt. Und dann der Widerhaken der Entsolidarisierung. Wenn die Bedingung dafür, Anerkennung, Öffentlichkeit und Achtung für die eigene Arbeit zu bekommen, die Verleugnung des Geschlechts ist, löst sich der als schwach und marginal deklassierte Geschlechtscharakter nicht auf , sondern widerholt die patriachale Zuschreibungen. Trennung ist hier eingeschrieben. Das Getrenntsein von der Möglichkeit, starke Besetzungen für Weiblichkeit zu finden, und im Zusammenspiel damit das Getrenntsein der Frauen untereinander. Verbindung hingegen kann entstehen über Insistieren auf die Sicherheit von Frauen als solche, die eigene Bezeichnungen für die Geschlechtercharaktere erfinden, gustieren und der Welt einverleiben. Verbindung kann auch entstehen über das Aufbrechen von Rollenzuschreibungen, wie sie als alte Ladenhüter frisch getünkt wiedererstehen und wo es neue, unerwartete und aufregende Rollen auszuprobieren gilt. Vielleicht überholen wir uns mit der Zeit.

Die Kategorie „Frau“ wird hier in verkürzter Weise verwendet. Es ist hier nicht der Raum für die Einführung der Notwendigkeit genauer zu bezeichnen (also Kategorien einführen, wie sexuelle Orientierung, Herkunft, usw.), um nicht einer Egalisierung von Frauen anheim zu fallen.

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