Heute schon Radio gehört?

Seit 1. April können nun jene, die im Herbst des vergangenen Jahres die Lizenz zum Senden bekommen haben, ihr Programm durch den Äther schicken. Haben auch Sie sich schon von Welle 1 durch den Tag tragen lassen oder Life-Radio aufgedreht? Und hat Sie dabei auch das Gefühl beschlichen, daß die uns aufgetischte Suppe ein wenig dünn ist? Daß uns unter dem Titel der Medienliberalisierung etwas anderes versprochen wurde, als uns jetzt fahl am Gaumen liegt?

 

von Andi Wahl

Dabei passiert zur Zeit gar nichts besonderes, sondern nur das, was uns jede einschlägige Untersuchung auf diesem Gebiet prophezeit hat: wirtschaftliche Konkurrenz auf dem Radiomarkt bringt nicht mehr Vielfalt, sondern alle machen das, was am meisten einzubringen verspricht. Das heißt im Klartext: Alle machen (annähernd) das Gleiche. Kommerzielle RadiobetreiberInnen können gar kein Interesse an Minderheiten oder unterpriveligierten Gruppen haben, das wäre gegen jede Geschäftslogik. Sie müssen mit ihrem Programm auf große, beeinflußbare, kaufkräftige Gruppen der Gesellschaft abzielen, denn nur wenn sie diese erreichen, können sie auf dem Werbemarkt bestehen. Was also fehlt, sind Radios, die sich gar nicht erst an der Buhlschaft um Werbekunden beteiligen, sondern sich die Verbreitung möglichst unverfälschter Informationen und die Betreuung jener Gruppen zur Aufgabe gestellt haben, die auf dem Werbemarkt nichts oder nur wenig einbringen. Daß dies staatliche Sender nur begrenzt leisten können, ist, so meine ich, gesellschaftlicher Konsens. Aber auch sonst sind sich ­ bis hierher ­ alle handelnden Personen einig. Der Punkt an dem sich die Geister mitunter sehr heftig scheiden, ist jener der Finanzierung solcher freier Sender. Wer das Ganze nun bezahlen soll. Die ÖVP (und mit ihr Ladeshauptmann Dr. Pühringer) als stärkste politische Kraft im Lande steht auf dem Standpunkt, daß sich die Freien Radios aus eigener Kraft finanzieren müssen und die öffentliche Hand bestenfalls die eine oder andere Sendereihe subventionieren kann. Sie vergißt dabei aber ein wesentliches österreichisches Spezifikum. In Österreich hat sich (aus unterschiedlichen Gründen) eine besonders starke staatlich-bürokratische Tradition entfaltet. Modernisierung mußte häufig von „oben“ ausgehen, da sich die „bürgerliche Gesellschaft“ in diesem Land nie so recht vom Staat freispielen konnte. Österreich besitzt (bisher) einfach zuwenig bürgerlich-demokratische Tradition, sodaß – ähnlich wie in anderen europäischen oder amerikanischen Staaten – Freie Radios im wesentlichen von der Hörerschaft finanziert werden könnten. Das ist schlicht die bittere Situation, vor der Freie Radios in Oberösterreich heute stehen. Die ÖVP, die sich jetzt so heftig gegen eine strukturelle Förderung Freier Radios wehrt, hält seit 1945 ungebrochen die politische Macht in Händen. An ihr wäre es auch gelegen, der demokratischen Entwicklung in Oberösterreich Vorschub zu leisten. Statt dessen hat sie (vor allem im Medienbereich) immer zuerst die Absicherung der eigenen Hegemonieansprüche im Auge gehabt. So erhalten beispielsweise nur die Oberösterreichischen Nachrichten, die Rundschau und das Volksblatt Presseförderungen aus dem Landessäckel ­ drei Zeitungen, denen man getrost ÖVP-Nähe unterstellen darf. Hier beweisen Dr. Pühringer und seine Partei, mit der Weigerung Freie Radios zu fördern, erschreckende Kontinuität in ihrer Medienpolitik. Letztendlich ist die Förderung unabhängiger Medien nämlich eine demokratiepolitische und machtpolitische Angelegenheit. Die ÖVP weiß das nur zu gut, und denkt gar nicht daran, mit den Freien Radios die (möglichen) Totengräber der eigenen bequemen Hegemonie zu unterstützen. Höchste Zeit also, um endlich bundesweit zu einer Medienförderung zu finden, die vor allem jene unterstützt, die zu einer demokratischen Reifung Österreichs beitragen können. Von der Sozialdemokratie ist dazu leider kaum etwas Bemerkenswertes zu vernehmen. Außer vielleicht die Aussage von Staatssekretär Dr. Wittmann, daß sich die Regierung nicht getraut, die Presseförderung zu einer demokratischen Medienförderung umzugestalten, weil sie um ihr positives Medienimage fürchtet ­ aber das wußten wir ohnehin schon.

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