Kein Grund, am Status Quo zu erstarren

Kein Grund, am Status Quo nun zu erstarren

 

von Martin Wassermair

In Oberösterreich für Kunst und Kultur engagiert zu sein, hat tatsächlich etwas Besonderes für sich. Wie kaum ein anderes destilliert das Land ob der Enns seine Eigenheiten aus dem Widerspruch von liberaler Haltung und dem Fundament gewachsener feudaler Macht. Wenn etwa LH Pühringer in der Diskussionsrunde der KUPF zur aktuellen Kulturpolitik (siehe letzte KUPF-Zeitung) großzügig zu verstehen gibt, wie dringend auch er den Stachel der Kulturinitiativen nötig hat, so tut er es im beruhigten Wissen, daß dieser ihm nicht allzu gefährlich zu Leibe rückt. Dennoch: Das Politikfeld der Kultur ist in Bewegung geraten. Unaufhaltsam haben vielfältige Kontrapunkte zeitgenössischer Ausdrucksformen den Beigeschmack der Überladung von Brauchtum und Traditionen auch hierzulande eingedämmt. Den Verantwortlichen in mühevoller Weise abgerungen, verdient die politische Bereitschaft, das Neue und Nichtkonforme bei der Vergabe von Fördermitteln zu berücksichtigen, heute entsprechenden Respekt. Eine unvergleichliche Großtat aber ist sie nicht, vor allem kein Grund, an dieser Marke zu erstarren.

Von Beginn an trägt die KUPF mit ihren Mitgliedsvereinen beträchtlichen Anteil an der kulturellen Veränderung. Schöne Worte vom Land der offenen Atmosphäre alleine jedoch verfehlen den dafür angemessenen Tribut. Wenn auch nach dem Stadium der Herausbildung zahlreicher Initiativen ihre weitere Festigung zu einem nennenswerten Teil verwirklicht ist, mißt sich die Qualität der Entwicklung wie schon zuvor an weiterführenden Schritten der ihrem Wesen nach dazu berufenen Politik. Dessen ungeachtet aber tritt diese auf der Stelle: Noch immer stößt die wohl dringlichste Forderung der KUPF, nämlich die finanziellen Zuwendungen dem jährlich erhobenen Bedarf der Vereine anzugleichen, auf kein Gehör. Handlungsmaxime scheint dagegen vielmehr zu sein, jetzt den Status Quo zu zementieren. Das kategorische Nein der FPÖ und auch die öffentliche Wirkung, kommt LH Pühringer nicht umhin einzugestehen, seien sehr wohl ausschlaggebend für die Zurückhaltung, seine Person und die Standhaftigkeit des Kulturressorts allerdings nur im Undank angreifbar. Ein übles Argument, das nicht nur die Szene der KUPF in ihren Aktivitäten knebelt, sondern in Hinkunft jeglichem Ausbau einer beherzten Kulturarbeit unzulänglich Rechnung trägt. Nicht zuletzt deshalb hält der Dachverband sich keineswegs bedeckt. Im Gegenteil: Am Round-Table wurden die Kultursprecher der eingeladenen Parteien mit zwei Kernanliegen der Interessensvertretung konfrontiert, deren Inhalte sich ebensosehr zur Überprüfung einer couragierten Abkehr von Verwaltungsgewohnheiten in diesem Lande eignen. Der Wunsch, ehestmöglich mittel- bis langfristige Förderungszusagen für Kulturvereine zu erhalten, zielt zugleich darauf ab, vor populistischer Willkür – von welcher Seite auch immer – geschützt zu sein. Gleichermaßen ließen sich durch die Entkoppelung von Kulturverwaltung und Fördervergabe ungewollte Einflußnahmen vermeiden. Zu deren Ablösung drängt die KUPF auf verbindliche Beiratsbeschlüsse sachkundiger ExpertInnen und damit auf Transparenz und Objektivierung der Entscheidung. Und überhaupt sollen jene Interventionen im Schulterschluß mit den Verantwortlichen für Kunst und Kultur unterbunden werden, welche die bestehende Substanz zusätzlich bedrohen. Allen voran stehen der fiskalische Hüftschuß der Lustbarkeitsabgabe sowie die Verordnung von Sicherheitsgebühren, die bei Veranstaltungen durch das entgeltpflichtige Abstellen von Ordnungskräften der Exekutive die Kulturarbeit an sich schon kriminalisiert.

Für Oberösterreichs kritische Kulturgemeinschaft ist im Augenblick noch nichts geritzt. Den derzeit aktuellsten Beleg lieferte die mehr als dilettantisch und regressiv erfolgte Empfehlung der Landesregierung zur Vergabe von Lizenzen privater Radios. Freie, nichtkommerzielle Projekte wurden dabei – mit einer Ausnahme – wieder einmal ausgespart. Hier fällt das Bild der Aufgeschlossenheit liberal gesinnter Musterknaben von der Wand. Vielleicht gelingt es nach der Wahl am 5. Oktober, das kulturelle Konterfei dieses Landes in einem breiteren Spektrum von Parteien zu erneuern. Unverzichtbarer Katalysator bleiben auch dann zweifellos die vorausblickenden Orientierungsleistungen der KUPF.

 

Weitere Reaktionen auf diese Diskussion: Eva Kósa Peter Kraml

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