Gebärdensprache ist offiziell anerkannt – dennoch oft unsichtbar. Welche strukturellen Hürden erschweren gehörlosen Menschen den Zugang zu Kunst und Kultur – und wie können wir das ändern? Drei Fragen an den Gehörlosenverband Oberösterreich.
Was ist in eurer Arbeit aktuell besonders wichtig?
Unser Hauptanliegen ist, die Teilhabe Gehörloser an der Gesellschaft zu verbessern. Zentrales und auch aktuelles Thema in unserer Arbeit ist die Kommunikation: Obwohl die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) seit 2005 in der Österreichischen Bundesverfassung verankert ist und 2013 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt wurde, stoßen gehörlose Menschen leider nach wie vor auf viele Hindernisse. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass ausreichend Gebärdensprachdolmetscher*innen ausgebildet (wir betreiben eine eigene Ausbildungsstätte) und die Kosten für deren Einsätze in allen Bereichen übernommen werden, was derzeit leider noch nicht der Fall ist. Außerdem betrachten wir die aktuell neue Möglichkeit, ÖGS in der Schule als Unterrichtsfach zu wählen, als große Chance für eine bessere Verbreitung der Gebärdensprache in der Gesellschaft und damit als weiteren Schritt hin zu mehr Inklusion.
Worauf sollte bei Veranstaltungen und anderen Formaten im Kunst- und Kulturbereich geachtet werden?
Gehörlose Menschen haben genauso Interesse an Kunst und Kultur und wünschen sich hier mehr barrierefreie Angebote wie z.B. Veranstaltungen, Ausstellungen, Führungen mit Gebärdensprachdolmetschung oder mit der Möglichkeit, ÖGS als Sprache bei Audio-/Videoguides auswählen zu können. Auch mehr Angebote für gehörlose Kinder wären wünschenswert, damit schon früh der inklusive Zugang zu Kultur geboten ist.
Was sollte sich in den nächsten fünf Jahren verändern – und wie können Kulturvereine dazu beitragen?
Unser größter Wunsch ist es, genauso spontan an Veranstaltungen teilnehmen zu können wie hörende Personen. Dazu müsste aber die Übernahme von Dolmetschkosten selbstverständlich werden. Für uns ist es jedes Mal ein Spießrutenlauf und sehr ermüdend, immer wieder um die Übernahme dieser Kosten kämpfen zu müssen. Eine inklusive Gesellschaft zeichnet sich aus unserer Sicht dadurch aus, dass Barrieren vorausschauend aus dem Weg geräumt und Angebote nicht nur auf Nachfrage barrierefrei gestaltet werden.