Automatismus versus Differenzierung

Die Gesichter des Beirates der Abteilung II/8 für regionale Kulturarbeit in der Kunstsektion des Bundeskanzleramtes wechseln regelmäßig. Seit Februar dieses Jahres ist Günter Mitter eines der derzeit sechs Mitglieder, die die Abteilung bei ihren Förderentscheidungen berät.

 

Günter Mitter ist KUPF-KennerInnen auf jeden Fall ein Begriff, weil er von 1992 bis 1995 die Funktion des KUPF-Geschäftsführers innehatte. Im einleitenden Gespräch zu diesem Interview erwähnt Günter Mitter auch das Studium der Germanistik und Philosophie, die langjährige, intensive Mitarbeit in der Kulturinitiative Kunst&Kultur Raab, die mehrjährige kulturpolitische Beratung des Linzer Stadtrates Dyk, journalistische Tätigkeiten, den Abschluss des ICCM und seine nunmehrige Lehrtätigkeit an der HBLA für Kultur- und Kongressmanagement Steyr als kulturelle Eckpfeiler seines Lebens. Was die Summe dieser Einzelteile für die Funktion als Beiratsmitglied bedeutet, wollten wir im Interview mit Günter Mitter wissen.

KUPF: Seit Februar konntest du drei Beiratssitzungen miterleben und mitgestalten. Wie siehst du die Arbeit des Beirats nach diesen ersten Erfahrungen? Mitter: Ich sehe beim Beirat ein großes Bemühen zu differenzieren und möglichst an die Förderkriterien heranzukommen, wobei ein sehr behutsamer Umgang von den Beiratsmitgliedern gewählt wird. Dieser ist einerseits sehr konservativ. Daher können jene, die schon immer eine Förderung bezogen haben, wenn sich keine gravierende Änderung ergibt, diese auch weiter erhalten. Hier herrscht also ein gewisser Automatismus, der auch vollkommen notwendig ist. Andererseits werden dadurch aber Spielräume für neue Antragsteller oder neue Projekte erschwert.

Es gibt von der „kulturpolitischen Kommission“, der auch die IG-Kultur angehört, Kritik am Beiratssystem. Ein Punkt ist zum Beispiel der Umgang der Abteilung mit der Missachtung von Beiratsempfehlungen. Was sagst du zu diesen Fällen? Wir geben Empfehlungen ab. Die Entscheidungsträger sind gewählte Mandatare mit einer ihnen unterstellten Fachabteilung. Hier sollte auch die Letztentscheidung liegen, und dieses System finde ich richtig. Ich habe eine Missachtung der Beiratsempfehlungen noch nicht erlebt. So wie ich die Tätigkeit und Arbeitsweise der Abteilung kenne, werden solche Fälle im Beirat diskutiert und begründet. Eine Alibifunktion des Beirates würde bei der derzeitigen Besetzung relativ rasch zu Unmut führen.

Siehst du in Zeiten des kontinuierlichen Sinkens des Kunstbudgets für den Beirat eine Notwendigkeit, sich gegen diese Entwicklung politisch zu positionieren? Das ist nicht unsere primäre Aufgabe. Diese liegt bei der Beurteilung der Subventionsansuchen nach den Subventionsrichtlinien und der Abgabe von Empfehlungen über die Förderhöhe. Aber natürlich würden wir unsere Stimme erheben, wenn es zu drastischen Kürzungen käme, aber im Sinne der Kulturinitiativen und nicht parteipolitisch motiviert.

Weil ich die Problematik aus der eigenen Erfahrung kenne, habe ich eine Frage zur Antragstellung im September. Ein Projekt wird mit einem bereits leeren Fördertopf konfrontiert. Beurteilt ihr diese Förderansuchen dann schon für das nächste Jahr? Nein, schon für das Einreichjahr. Klarerweise stehen mit „Zunahme des Jahres“ weniger Mittel zur Verfügung. Eine frühe Antragstellung kann ich daher allen Kultureinrichtungen empfehlen. Das ergibt sich aber auch aus einer seriösen Budgetplanung. Projekte, die beim Bund eingereicht werden, müssen laut Richtlinien einen innovativen Charakter und überregionale Bedeutung haben. Daraus ergibt sich ein gewisses Finanzvolumen und eine gewisse Vorlaufzeit. Das heißt aber nicht, wenn man im Frühjahr einen Antrag stellt, dass der Beirat dann nach dem Motto vorgeht: „Jetzt schöpfen wir aus dem Vollen.“ Dieses Bild will ich damit nicht vermitteln. Im Herbst kann es durchaus sein, dass bereits die ersten Anträge für das nächste Jahr kommen.

Zuletzt die Frage, welche Tipps du ProjekteinreicherInnen geben kannst? Ich habe einige Anliegen: Zum einen an die langjährigen Antragsteller: Wenn sie um eine Erhöhung ansuchen, muss diese wirklich begründet werden. Gründe für eine notwendige Erhöhung sind z. B. eine Verstärkung der Programmtätigkeit oder eine Veränderung im Investitionsbedarf. Das Zweite: Es hat immer zwei Philosophien der Budgetierung gegeben. Entweder ich versuche realistisch zu budgetieren oder einen gewissen Polster draufzulegen, um bei Kürzungen genau die gewünschte Summe zu bekommen. Hier würde ich empfehlen, realistisch zu budgetieren. Das ist langfristig glaubwürdiger und seriöser. Im Beirat sitzen Profis, die Budgets beurteilen können. In den meisten Fällen geht eine unrealistische Budgetierung nicht durch. Das Dritte habe ich bereits gesagt. Die Antragsteller sollten versuchen, im Frühjahr bei den Beiratssitzungen dabei zu sein.

Danke für das Interview.

Ulrike Stieger

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