Medienpädagogik

Endlich ist es nach jahrelangen Kämpfen nun doch gelungen, mit den Freien Radios auch in Österreich eine weitere Möglichkeit der aktiven Mediennutzung durchzusetzen. Jede/r Interessierte/r kann nun persönliche Anliegen, Meinungen oder Interessen kundtun.

 

von Andrea Reisinger Dipl. Sozialarbeiterin und Medienpädagogin

Nur – kann sie/er das tatsächlich? Hierzu benötigt es, neben dem Willen sich öffentlich zu artikulieren, allerlei Spezialwissen. Das Finden und Eingrenzen von Themen und Inhalten, die man ausdrücken möchte, die radiotaugliche Umsetzung dieser inhaltlichen Aussagen, die technischen Fertigkeiten, das Suchen und Finden eigener Ausdrucksformen – das alles will gelernt sein. Hier tritt die Medienpädagogik auf den Plan. Medienpädagogik ist ja ein sehr breites Feld mit vielen, sehr unterschiedlichen Ansätzen. Von Relevanz ist hier aber in erster Linie eine handlungsorientierte, emanzipatorische Medienpädagogik. Handlungsorientiert heißt in diesem Zusammenhang nicht nur reine Vermittlung technischer und journalistischer Fertigkeiten, sondern umfassendere Unterstützung und Begleitung auf dem Weg zu eigenständiger Handlungsfähigkeit. Zuallererst geht es hier einmal um das Bewußtsein, sich öffentlich äußern zu können und um das Selbstbewußtsein, sich das tatsächlich auch zu trauen. Das emanzipatorische Anliegen der Medienpädagogik liegt darin, Menschen nicht nur bei einer produktiven Nutzung des Mediums zu untertstützen, sondern gleichzeitig zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen und politischen Leben zu motivieren. Dies geschieht vor allem durch die Vermittlung einer gewissen Kommunikationskompetenz, die es dem ansonst meist stummen Rezipienten ermöglicht, aus seiner passiven Konsumentenrolle herauszusteigen und aktiv am medialen Kommunikationsprozeß teilzunehmen. Damit die Partizipation dann auch im Konnex mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit stattfindet, wäre es zuerst einmal erforderlich, die gesellschaftliche und politische Funktion der Medien im Allgemeinen und der Massenmedien im Besonderen zu durchschauen sowie die Eigentumsverhältnisse und Produktionsbedingungen derselben.

Um hier nicht mißverstanden zu werden, Gegenstandsbereich und Handlungsraum der Medienpädagogik sind nicht in erster Linie die Medien selbst, sondern die Menschen, die diese benutzen, und ihre Umgangsformen und Handlungsmöglichkeiten mit bzw. in den Medien. Natürlich ist es wichtig über Rahmenbedingungen, Besonderheiten und Möglichkeiten des spezifischen Mediums Bescheid zu wissen, aber aktive Medienarbeit kann nur dann sinnvoll sein, wenn sie auf individuelle Interessen, Anliegen und Fähigkeiten eingeht bzw. von ihnen ausgeht.

Am Ende steht immer ein Produkt mit einer bestimmten Aussage, welches Ergebnis einer intensiven Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema ist. Dieses Produkt wird dann im konkreten Fall als Radiosendung an die Öffentlichkeit gebracht. Es ist daher von großer Wichtigkeit, daß es hörbar und interessant gestaltet ist, d.h. die Sendungen müssen eine gewisse technische, inhaltliche und journalistische Qualität erreichen, um gehört zu werden. In diesem Bereich muß noch viel geleistet werden. Das Produkt ist aber keinesfalls der alleinige Zweck der aktiven Medienarbeit. Mindestens ebenso wichtig ist der Prozeß, der zu diesem Produkt führt. Der gesamte Arbeits – und Lernprozeß muß von der Gruppe selbst definiert und organisiert werden; jeder Einzelne muß die Funktion finden, in der er für das Projekt am nützlichsten ist. Das beginnt damit, daß sich die Teilnehmer zuerst einmal auf ein Thema einigen müssen, dann gemeinsam eine Möglichkeit suchen, wie sie dieses kreativ umsetzen wollen und schließlich, wer je nach Fähigkeit für welchen Bereich zuständig ist. Dies braucht ein hohes Maß an Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit innerhalb der Produktionsgruppe und schult damit die Teamfähigkeit der einzelnen Teilnehmer. Weiters wird durch die aktive Arbeit mit Medien auch die Art ihrer Manipulationsmöglichkeiten besser durchschaubar und die Fähigkeit bewußt zuzuhören geschult. Dies wiederum erhöht die Kompetenz zu einem kritischen Umgang mit Massenmedien.

Um all diese hier nur kurz angerissenen Anforderungen und Anliegen möglichst effizient erfüllen zu können, erfordert es zuallererst einmal eine qualifizierte Ausbildung der TrainerInnen selbst. Es müssen sowohl technische und journalistische als auch pädagogisch inhaltliche Standards geschaffen und in einem permanenten Reflexionsprozeß weiterentwickelt werden. Weiters ist es unerläßlich, die Vernetzung und enge Kooperation mit verschiedenen Kulturinitiativen, Sozialprojekten, Jugendclubs und Bildungseinrichtungen voranzutreiben. Die meiner Meinung nach beste Herangehensweise, diese Herausforderung möglichst schnell und effektiv meistern zu können, ist die Einrichtung einer „Arbeitsgruppe Medienpädagogik“, die sich aus interessierten Menschen aus oben genannten Bereichen mit einschlägigen Kompetenzen und Erfahrungen im pädagogischen und/oder auch im Medienbereich zusammensetzt. Ihre Aufgabe wäre es vor allem, das bereits vorhandene Wissen zu bündeln und kontinuierlich weiterzuentwickeln und es für alle Interessierten zur Verfügung zu stellen.

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