Vom Elend der Organisierung

Ein Appetithappen für eine Veranstaltung im April von Klemens Pilsl.

Politisch werden ist nicht schwer, politisch sein hingegen sehr: In postmodernen Zeiten ist der Gedanke an eine verbindliche Organisierung den meisten Aktiven in Kunst, Kultur & Politik ein Graus. Die Angst vor Stillstand, Vereinnahmung, Stigmatisierung oder Klubzwang schreckt viele ab. Die Alternativen: One-Person-Armys, lose Kollektive oder temporäre Assoziationen, die kurzfristig und anlassbezogen aktiv werden. Die Notwendigkeiten und Modelle von Organisierung und Aktivismus werden am 16. April im Kepler Salon in Linz verhandelt.

Aus dem kleinen 1×1 der Politikwissenschaft und Soziologie: Soziale Bewegungen und ihre Akteurinnen neigen zur Institutionalisierung. Hausbesetzungen werden zu Genossenschaften, aus radikalen Party-People werden Kulturvereine und aus religiösen Neuerungen werden Amtskirchen. Arbeitskämpfe mutieren zu Gewerkschaftsblöcken, Kunstvereinigungen werden Dienstleistungsbetriebe. Diese Entwicklung zur Institution ist per se weder schlecht noch gut: Einerseits gewinnen solche Institutionen im Idealfall an politischer Relevanz, sie werden offizielle Ansprechpartner für Behörden, Medien und Politik. Sie können ihre Macht zur Durchsetzung gesellschaftlicher Ziele einsetzen und kontinuierliche soziale, politische und kulturelle Arbeit leisten. Andererseits fördert das Verfestigen von Strukturen auch die Bürokratisierung, die Hierarchisierung und den Verlust von Radikalität. Ursprüngliche Forderungen verlieren an Schärfe, Aktivistinnen werden zu Funktionärinnen. Aktenordner stapeln sich, Sympathien verfliegen.

Dieselbe Uneindeutigkeit gilt im Gegenzug auch für das „nicht-institutionalisierte“ Feld der Agitation: Einzelkämpferinnen, spontane Zusammenschlüsse oder natürlich auch Bewegungen, wie z.B. Occupy Wall Street in New York, mögen oft fernab der komplexen Behäbigkeiten der großen Player (egal ob nationale Kunstbetriebe, Parteien oder Majors) agieren, ihre Existenz hängt aber oft am seidenen Faden: Ohne halbwegs berechenbare Ressourcen, Gelder, Aktive und Erfahrungen reichen oft kleine Widrigkeiten oder auch nur der Zahn der Zeit, um das Aufbegehren zu ersticken.

Natürlich gibt es zwischen den Extrempolen der Institution, der Person und der Bewegung jede Menge Graustufen, vermutlich bedingen sich diese Pole sogar gegenseitig und jeder Organisationsgrad hat seine Vor- und Nachteile. Fähigkeit oder Zwang zur Institutionalisierung sind dabei nicht nur vom Charakter der Bewegung und der Aktivistinnen abhängig, sondern auch von äußeren Umständen: Wie wirken die mediale, ökonomische und politische Umwelt ein?

Um solche Umstände zu klären, werden im April KUPF-Geschäftsführer Stefan Haslinger (für die Gruppe „Institution“) und die Kunst- und Politaktivistin Tina Leisch (für das Team „Temporäre Assoziation“) das Thema beleuchten: Welche Organisationsform dient welchem Zweck? Wie sieht die Organisationsform der Zukunft aus? Wieso neigen wir zur Vereinsmeierei? Wann machen temporäre Assoziationen Sinn, wann die politische Institutionalisierung? Wie kann man als Künstlerin, Aktivistin oder Politikerin die Mühen der organisatorischen Ebenen minimieren?

Stefan Haslinger: seit 1990 hauptals auch ehrenamtlich in der freien Kulturarbeit tätig (u.a. waschaecht, KUPF). Die KUPF hat sich vor 25 Jahren als Dachverband freien Kulturinitiativen gegründet. Die Institutionalisierung hat viel Kontinuität und Erfahrung zur Thematik produziert.

Tina Leisch: Journalistin & Regisseurin, u.a. Mitbegründerin des Volxtheaters Favoriten und Kustodin des Museum Peršmanhof, Museum des antifaschistischen Widerstandes in Kärnten. Betreibt durchaus politische Kunstund Kulturarbeit in vielen Feldern, u.a. in temporären, zweckgebundenen Kooperationen.

 

 

 

Kunst, Politik und Aktivismus. Wie sollen wir uns organisieren?

Am Montag, 16. April 2012, 19.30 Uhr, im Kepler Salon (Linz)

 

Eine Kooperation von Kepler Salon, KUPFakademie

Gefördert von der Gesellschaft für politische Bildung

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