Armutsfalle Kunst!

Die Katze ist aus dem Sack! Die monatelang unter Verschluss gehaltene Studie des BMUKK zur sozialen Lage der KünstlerInnen bestätigt: Kunst rentiert sich nicht – jedenfalls nicht wirtschaftftlich für die meisten, die sie schaffffen. Von Daniela Koweindl.

 

Auf 12.400 Euro beläuft sich das so genannte jährliche Äquivalenzeinkommen von KünstlerInnen. Damit ist die Armutsgefährdungsquote von Kunstschaffenden dreimal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung und fünfmal so hoch wie jene der Erwerbstätigen in Österreich.

Dazu kommt: das Gesamteinkommen von Künstlerinnen ist im Schnitt um 30% niedriger als jenes von Künstlern (und entspricht der geschlechtsspezifischen Einkommensdifferenz in der Gesamtbevölkerung). Die Einkommensdifferenz aus künstlerischer Tätigkeit liegt sogar bei 35%. 10% der StudienteilnehmerInnen erzielen gar kein Einkommen aus der künstlerischen Tätigkeit, 55,3% weniger als 5.000 Euro jährlich und insgesamt 74,9% bleiben immer noch unter 10.000 Euro. Doch KünstlerInnen leben nicht vom künstlerischen Einkommen allein: Gut drei Viertel sind mehrfach beschäftigt und gehen zumindest einer weiteren (kunstnahen und/oder kunstfernen) Beschäftigung nach. Lediglich 24% sind ausschließlich künstlerisch tätig.

Arbeit ohne Sicherheit

Mehrfachbeschäftigung bedeutet für über die Hälfte der KünstlerInnen Parallelität von selbständiger und unselbständiger Tätigkeit. Anstellungen für KünstlerInnen zeichnen sich weniger durch Sicherheit oder Kontinuität denn durch äußerst kurze Dauer aus und spielen lediglich in den Bereichen Theater, Film und Musik eine nennenswerte Rolle. In Literatur hingegen kann diese Beschäftigungsform bekanntermaßen als inexistent bezeichnet werden. Die wenigen KünstlerInnen, die im Referenzjahr (auch) unselbständig tätig waren, kamen im Schnitt auf zwei Anstellungen. Filmschaffende erreichten mit vier Anstellungen den höchsten Durchschnittswert und ebenso die niedrigste durchschnittliche Beschäftigungsdauer: 32,4% der Anstellungen dauerten nicht länger als einen einzigen Tag. In einem in der Studie zitierten Extrembeispiel konnte eine darstellende Künstlerin auf über 60 Anstellungen in einem einzigen Jahr verweisen, keine einzige davon ging über eine 1-Tages-Anstellung hinaus. Während Mehrfachbeschäftigung vielfach zu mehrfacher Pflichtversicherung führt, sind ebenso auch Lücken in der Sozialversicherung ein verbreitetes Phänomen: 30% haben keine durchgehende Pensionsversicherung, 14,7% sind nicht durchgehend krankenversichert. Auch hier fallen Filmschaffende besonders auf: Rund ein Drittel hat keinen durchgängigen Schutz in der Kranken- und Unfallversicherung, mehr als die Hälfte weist Lücken in der Pensionsversicherung auf. Und bei der Arbeitslosenversicherung – für die bei Anstellungen zwar Pflichtbeiträge anfallen – scheitern viele KünstlerInnen aufgrund der nur tageweisen Anstellungen letztlich am Entstehen einer Anspruchsberechtigung.

Zahlenspiele ohne Ende

Auf 263 Seiten liefert die Studie jede Menge Zahlen, Daten, Fakten: KünstlerInnen kommen auf eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 52,1 Stunden – im Vergleich zu einerseits 34,8 Stunden bei der Gesamtheit aller Erwerbstätigen, andererseits 45,6 Stunden bei den selbständig Erwerbstätigen. 73,8% der KünstlerInnen haben eine akademische Ausbildung begonnen, 43% haben diese auch abgeschlossen. Lebenslanges Lernen wird groß geschrieben: nur 6,4% geben an, sich in keiner Form weiterzubilden. Bis zu einem Fünftel der wöchentlichen Arbeitszeit wird in administrativ-organisatorische Tätigkeit gesteckt. Mobilität ist hoch: lediglich 21,2% waren noch nie außerhalb Österreichs künstlerisch tätig. Vernetzung zählt: 80,9% der KünstlerInnen sind Mitglied in einer oder mehreren Organisationen.

Realeinkommen gesunken

Mit dieser Studie liegt nun nach zehn Jahren zum ersten Mal wieder eine umfassende Untersuchung und erstmals eine gemeinsame Erfassung der sozialen Lage von Künstlerinnen und Künstlern in verschiedenen Sparten vor. Sie soll – so das deklarierte Vorhaben des Auftraggebers BMUKK – Grundlage für die gezielte Arbeit zur Lösung von evidenten Problemen sein. Aus der Praxis bekannte Problemlagen haben hiermit eine wissenschaftliche Bestätigung und Präzisierung erfahren. Auch das subjektive Gefühl, für immer weniger Geld zu arbeiten, hat die Studie belegt, denn so ist zu lesen: „Die vorliegende Studie weist nicht nur auf sehr geringe Einkommen der KünstlerInnen hin, im Vergleich zu Referenzstudien hat sich die Einkommenssituation sogar noch verschlechtert.“ Die Ergebnisse dieser Studie sind ein Handlungsauftrag! Es wird an der nächsten KunstministerIn liegen, rasch lösungsorientiert Konsequenzen zu ziehen.

Daniela Koweindl ist kulturpolitische Sprecherin der IG BILDENDE KUNST.

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