Von der Schuhfabrik zur Kulturfabrik

Über Bewegung im Häuserkampf in Vorchdorf berichtet Richard Baldinger.

 

Die Entwicklung der Vorchdorfer Kitzmantelfabrik zu einem offenen Kulturhaus.

Wie kommt man eigentlich zu einem offenen Kulturhaus? Eine Frage, viele Antwortmöglichkeiten. In Vorchdorf würde man diese Frage ungefähr so beantworten: „Nun ja, man nehme eine handvoll engagierter und visionärer Menschen, die das Potential einer stillgelegten Fabrik erkennen, belebe und besetze es mit regelmäßigen Veranstaltungen, einem Jugendzentrum sowie einem Bandproberaum. Das ganze vermengt man schließlich noch mit Hartnäckigkeit und viel Geduld, um jahrelange Überzeugungsarbeit bei der Gemeindepolitik leisten zu können“. So oder so ähnlich geschehen in Vorchdorf. Das Objekt der Begierde ist die alte Schuh- und Lederfabrik Kitzmantel, bei der die weitere Adaptierung zu einer Jugend-, Kultur- und Veranstaltungsstätte unmittelbar bevorsteht.

Doch alles der Reihe nach. Die zu Beginn des 20. Jhdt. errichtete Fabrik der Familie Kitzmantel wird im Jahr 1995 aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt. Die ersten, die daraufhin das Gebäude für sich entdecken, sind örtliche Musiker einer Nachwuchs-Band, die dort ihren Proberaum einrichten. Weiters verlegt der Kulturverein Guten Morgen Vorchdorf im Jahr 1999 notgedrungen eine Veranstaltung in die alte Fabrik. Sowohl Besucher/innen als auch Künstler/innen und Veranstalter/innen sind vom Ambiente des alten Industriebaus beeindruckt. Im Jahr 2001 werden auch ein offener Jugendtreff und ein Skateplatz am Kitzmantelareal geschaffen. Die Idee, das Gebäude auf Dauer für derartige Zwecke zu nutzen, nimmt immer konkretere Formen an. Im Jahr 2001 wird der reizvolle Industriebau, welcher ein paar Gehminuten vom Vorchdorfer Marktplatz entfernt liegt, schließlich auch von der Gemeinde erworben, um ihn in ein „kulturelles und wirtschaftliches Begegnungszentrum „ umzuwandeln. Nach Erstellung eines Nutzungskonzepts, das Räume für ein Jugendzentrum, für die Marktmusik und die Musikschule sowie einen Veranstaltungssaal vorsieht, wird ein Architektenwettbewerb durchgeführt. Eine Prämisse dabei ist insbesondere auch die Erhaltung des Industriecharakters, da gerade dieser den Charme und das einzigartige Ambiente des Gebäudes ausmacht. Die erste Bauetappe mit Jugendzentrum und Proberaum der Marktmusik wird schließlich im Jahr 2005 realisiert.

Dann kommt allerdings wieder eine Phase des Stillstands. Seitens des neuen Bürgermeisters gibt es einen spürbaren Unwillen, das Projekt fortzuführen, das er selbst als Bleifuß seiner Amtszeit bezeichnet. In dieser Phase werden vor allem von Guten Morgen Vorchdorf dort regelmäßig Veranstaltungen durchgeführt, was aber langfristig gesehen nur mit einer weiteren Adaptierung möglich ist. Es werden allerdings auch neue Interessenten auf das Areal aufmerksam. So formiert sich der Jugendkulturverein DEZIBEL, welcher mittlerweile ebenfalls regelmäßig die Kitzmantelfabrik nutzt und auch in Zukunft nutzen will. Dieser Standpunkt wird seitens DEZIBEL auch den Gemeindepolitiker/innen vorgelegt und mit ihnen diskutiert. Anfang 2007 bringt schließlich eine von Guten Morgen Vorchdorf initiierte Podiumsdiskussion zum Thema „Kitzmantel: Jahrhundertchance oder Investitionsruine“ das Projekt wieder ins Laufen, da den Gemeindeverantwortlichen mit entsprechendem Druck klar gemacht werden kann, dass viel Potential in der alten Schuhfabrik steckt und dieses bereits begonnene Projekt nicht im Sand verlaufen darf. Daraufhin wird der Verein zur Dorf-und Stadtentwicklung „Zukunft Vorchdorf“, eine etwas merkwürdige Konstruktion aus Gemeindepolitiker/innen, Wirtschaft und einzelnen Vereinen, als Hauptverantwortlicher für die Weiterentwicklung des Projekts ausgewählt. Dieser stellt im Jahr 2007 ein mit dem Architekten abgeändertes Konzept vor, das einen Positionswechsel der geplanten Musikschule und des Veranstaltungssaals beinhaltet. Dieser bleibt nun im jetzigen Trakt, wandert allerdings vom ersten Stock ins Erdgeschoss.

Wie es nun weiter geht. Laut aktuellen Planungen soll Anfang nächsten Jahres mit den Bautätigkeiten für den neuen Veranstaltungssaal begonnen werden und im September 2009 seinen Abschluss finden. Das momentan noch offene Thema der späteren Verwaltung des Hauses wird insbesondere durch das Drängen der Vereine DEZIBEL und Guten Morgen Vorchdorf aktuell diskutiert. Die genannten Vereine plädieren für die Installierung eines aus Nutzer/innen des Hauses zusammengesetzten Trägervereins, welcher ab sofort in die Detailplanung mit einbezogen werden und schließlich für einen reibungslosen Betrieb in der Kitzmantelfabrik sorgen soll.

http://www.dezibel.cc http://www.gutenmorgenvorchdorf.at

Richard Baldinger ist Kulturaktivist beim Verein DEZIBEL, freier Journalist und Student. Lebt in Vorchdorf und Linz.

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