Minusrechnen

Bund, Länder und Gemeinden kämpfen mit den Finanzen. Besonders betroffen ist wieder einmal die zeitgenössische Kunst- und Kulturszene. Thomas Diesenreiter gibt einen Überblick.

Im Zuge der allgemeinen Sparbemühungen hat die Bundesregierung bereits im heurigen Kulturbudget umgerührt. Ein klares Muster zieht sich durch alle Ebenen: Öffentliche Kultureinrichtungen erhalten Inflationsanpassung, während die Kulturinvestitionen im Bereich der Ermessensausgaben deutlich gekürzt werden. Im Bereich der Investitionsausgaben wurde bei den öffentlichen Kultureinrichtungen durch Verschiebungen auf Folgejahre Einsparungen erzielt, die für die Betroffenen aber großteils kein Problem zu sein scheinen. Härter trifft es die Bregenzer Festspiele: Ihr Zuschuss für 2025 und 2026 wurde um 30 % gekürzt. Mit  Rücklagen von 27 Mio. € (Stand Ende 2023) ist das ein Minus von 2,1 Mio €, wohl aber einfach zu verkraften – wirft jedoch  Fragen zur Rücklagenbildung auf.

Öffentlich diskutiert wurden u.a. die Kürzungen von 22 Mio. € beim wichtigsten Filmförderinstrument der ÖFI+. Pikant dabei: Auch die Vorgängerregierung trifft hier eine Mitverantwortung, diese hatte nämlich durch Budgetvorgriffe für im Vorjahr geförderte Projekte bereits Geld aus 2025 ausgegeben – Geld, das nun eben fehlt. Aktuell ist in Verhandlung, dass der Fonds durch eine Abgabe für Streaming-Dienstleister wie Netflix und Co nächstes Jahr zusätzlich aufgefüllt werden soll. Die Verhandlungen laufen.

Die Kürzungen der allgemeinen Kunst- und Kulturfinanzierung um 10 Mio. € trifft die Freie Szene massiv. Vor allem Künstler*innen, Kulturvereine, Projekte, Festivals und Initiativen, die ohnehin oft prekär arbeiten, sind betroffen. Bei der Jahresfinanzierung möchte das Ministerium zumindest möglichst schonend vorgehen. Für 2026 soll das Budget in gleicher Höhe festgeschrieben werden – bei 3-4% Inflation bedeutet das aber ein realer Verlust in selber Höhe.

Länder

In vielen Bundesländern wurden Kürzungen bereits angekündigt oder angedacht. Ein kleiner Überblick zum Status Quo:

In Oberösterreich wurde im Budgeterstellungsprozess als Vorgabe gemacht, dass die Pflichtaufgaben (=öffentliche Kultureinrichtungen) um 5% gesenkt werden sollen, während die Ermessensausgaben (=freie Szene, Volkskultur, Denkmalschutz) um 15% gekürzt werden sollen. Auch hier würde sich das Ungleichgewicht zwischen öffentlichen Kultureinrichtungen und freier Szene abbilden. Offen ist, welche Zahlen am Ende stehen, da Priorisierungen Spielräume lassen. Die KUPF OÖ steht dazu im Austausch mit Landeshauptmann Stelzer und der Kulturdirektion.

Auch in Tirol sind alle Abteilungen angehalten, die Ermessensausgaben um 15 % zu kürzen. Betroffen sind vor allem die Sozialvereine. Im Kulturbereich werden die Kürzung weniger hoch ausfallen, da die Kulturförderung an die ORF-Haushaltsabgabe gekoppelt ist. Die Jahresfinanzierungen bleiben vorerst auf gleichem Niveau, im Bereich Denkmalschutz sollen Projekte zurückgestellt werden.

In der Steiermark sind Budgetkürzungen für 2026 angekündigt, Details sind aber noch ausständig. Die Kürzung soll aber alle treffen, sowohl die landeseigenen Kulturinstitutionen, als auch die freie Szene. 

Das Bundesland Salzburg wird die Finanzierung für die freie Szene einfrieren, also nicht kürzen. Die Fair Pay Finanzierung bleibt bei 90%, Einschränkungen betreffen neue Projekte und Investitionen.

Stadt Linz

Auch in Linz wird gespart. Bürgermeister Prammer plant eine Kürzung der Ermessensausgaben um 15% ab 2026. Öffentliche Kultureinrichtungen bleiben vorerst verschont. Offen ist jedoch die Berechnungsbasis: Denn erst heuer beschloss der Gemeinderat die schon lange notwendigen Erhöhungen der 3-Jahres-Finanzierungen, von denen die Kulturszene mit 438.500 € gefördert wurde. Wird dieser Budgetteil einbezogen, droht der Freie Szene eine Kürzung von 450.000 € – also mehr, als 2025 erhöht wurde.

Es ist rechtlich fraglich, ob die Stadt Linz eine bereits zugesagte Finanzierung wieder zurücknehmen kann. Die eigentlich intendierte Planungssicherheit der 3-Jahres-Finanzierungen wäre jedenfalls so oder so verschwunden und das System auch für die Zukunft in Frage gestellt.

Selbst wenn die 3-Jahres-Finanzierungen nicht angegriffen werden, beträgt die Kürzung immer noch 200.000 €. Besonders betroffen sind hier all jene Vereine, Initiativen und Einzelkünstler*innen. die keine 3-Jahres-Finanzierung bekommen. Besonders paradox ist die Ankündigung, denkt man an die Millionenbeträge, die die Stadt Linz heuer bereits abermals der LIVA zuschießen musste. Gerechtigkeit sieht anders aus.

Fazit

Einsparungen sind nachvollziehbar, müssen aber gerecht verteilt werden. In ganz Österreich gehen im Schnitt zwischen 80% und 95% der Kulturbudgets in großen öffentlichen Einrichtungen, der geringe Rest bleibt der Kulturszene – egal ob zeitgenössisch oder Volkskultur. Die aktuelle Kulturpolitik macht es sich wieder einmal leicht: Gespart wird dort, wo der geringste Widerstand erwartet wird – in der freien Szene.

Die KUPF OÖ fordert daher eine einfache Regel: Der prozentuale Sparbeitrag der Freien Szene darf nicht größer sein, als jener der großen Häuser. Dafür kämpfen wir sowohl beim Land OÖ als auch bei der Stadt Linz. Ein politisch heißer Herbst steht bevor.

Produkt zum Warenkorb hinzugefügt.
0 Artikel - 0,00