Wir lassen die Namen weg, unsere und die der T ä t e r – die Namen sind austauschbar, die Täter meist cis-männlich. Was ist passiert? Emotionale Übergriffe. Das Verwenden unseres Materials, unserer Ideen, unserer privaten Worte für Texte. Stalking. Macht. Manipulation. Gaslighting (eine permanente Verunsicherung, die bewirkt, dass Betroffene an der eigenen Wahrnehmung, Realität und psychischen Gesundheit zweifeln).
Wir können sie sagen hören: „Ihr wolltet es ja so, oder? Habt ihr denn ‘Nein’ gesagt?“ Wir haben uns selbst lange nicht eingestanden, dass wir betroffen sind, haben mit den Tätern erneut gearbeitet. Es war einfacher, so zu tun, als ob alles gut wäre. Damit wir nicht ausgeschlossen werden. Aus dem Literaturbetrieb.
Was wir oft gehört haben: „Es ist ja okay, dass der Künstler so einen Sex-Drive hat, es soll ihm erlaubt sein, mit so vielen Künstler*innen und Fans zu schlafen, wie er will, solange es einvernehmlich passiert. Das gab es immer.“ Aber ist es wirklich so okay, mit (ehemaligen) Kursteilnehmenden zu schlafen, Ideen von jenen zu nehmen, denen wir Textfeedback geben, als Jurymitglied mit denen zu flirten, über deren Kunst wir urteilen, als Veranstalter*innen jene Autor*innen einzuladen, mit denen wir gerne schlafen würden?
Welchen Umgang können wir im Literaturbetrieb und in der Kunst- und Kulturarbeit damit finden, wenn vorwiegend cis männliche Kollegen oft abstreiten, dass es überhaupt ein Problem gibt? Häufig scheint die Situation aussichtslos und wir fühlen uns ohnmächtig, wir lassen alles so, wie es ist. Doch: Negatives Verhalten gegenüber Kolleg*innen sollte negative Konsequenzen nach sich ziehen. Statt dem Rückzug der betroffenen Kolleg*innen sollte gelten: Gebt den Tätern keine Bühnen! Redet miteinander über eure Erfahrungen. Zu wissen, dass es sich nicht um einzelne Vorfälle handelt, sondern um ein System, befreit vom Gefühl der Isolation. Organisiert euch, schreibt gemeinsam, veranstaltet Lesungen, übt Kritik. Schaut hin, nicht weg.