Wenn mich etwas ärgert, dann sind das Begriffe, in denen sich eine Propaganda-Behauptung oder verzerrte Sichtweise versteckt. In solchen Wörtern verstecken sich Diskursverschiebungen. Lustig, wie viele Medien dem aufsitzen.
Ein Beispiel: Seit Monaten reden Regierungspolitiker*innen davon, eine „Messengerüberwachung“ einzuführen. Denn die Polizei hat technische Schwierigkeiten, die Kommunikation über verschlüsselte Messenger wie WhatsApp oder Signal anzuzapfen. Die Software, die das kann – auch bekannt als Spyware oder Staatstrojaner –, überwacht aber mehr als nur den Messenger, sie verschafft Zugriff auf das ganze Gerät, inklusive Fotos, Bewegungsprofile, Kontodaten, oder sogar nicht versandten Nachrichten. „Messengerüberwachung“ gibt es nicht – Trojaner sind eine „Alles-Überwachung“ mit schwerwiegenden grundrechtlichen Konsequenzen.
Dennoch wiederholen Medien unkritisch den Begriff – und spielen damit einem Narrativ der Politik in die Hände: Denn diese will neue Überwachungsmöglichkeiten schaffen.
Anderes Beispiel: Die sogenannten „Systemsprenger“ (jeglichen Geschlechts) im Jugendstrafvollzug. Früher wären sie vielleicht „Jugendliche“ genannt worden. Jugendliche mit Problemen, die leider immer wieder Straftaten begehen. Wer sie ohne Einordnung als „Systemsprenger“ bezeichnet, und – wie zuletzt geschehen – haftähnliche Unterbringungen selbst für schutzbedürftige Unter-14-Jährige fordert, definiert diese jungen Menschen als Gewaltakteur*innen. Also als ein Problem, das sich scheinbar nur wegsperren lässt.
Die Beispiele verdeutlichen: Schon ein einzelnes Wort kann eine Form des Framing sein, also eine eingebettete Erzählung enthalten. Wer solche Wörter unbedacht wiedergibt, unterstützt die darin enthaltene Erzählung. Darum ist besondere Wachsamkeit erforderlich, wenn plötztlich neue Begriffe im medialen Diskurs auftauchen. Die mächtigste Form der Propaganda ist jene, die gar nicht erst als solche wahrgenommen wird.