Der Fall „Acoustic Lakeside“ hat die freie Kulturszene aufgeschreckt. Hätte das Festival freiwillige Helfer*innen als Dienstnehmer*innen bei der Österreichischen Gesundheitskasse anmelden müssen? Marlies Auer über den aktuellen Stand.
Was ist passiert?
Der Verein Acoustic Lakeside erhielt während seines gleichnamigen Festivals 2023 in Kärnten Besuch von der Finanzpolizei. Während der Kontrolle wurden unter anderem die ehrenamtlichen Helfer*innen befragt, die bei Einlass, in der Ausschank und Backstage tätig waren. Die Finanzpolizei war der Ansicht, dass alle 192 freiwilligen Helfer*innen eigentlich Dienstnehmer*innen wären, unter anderem weil sie einen gratis Festivalpass und Verpflegung erhalten hatten. Damit hätten sie aus Sicht der Finanzpolizei angeblich bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) angemeldet werden müssen. Das Amt für Betrugsbekämpfung stellte Antrag auf Strafanzeige bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft (BH) in der Höhe von 140.160 Euro (730 Euro pro ehrenamtlich tätiger Person). Die BH sah das grundsätzlich wie die Finanzpolizei, erkannte aber Milderungsgründe und verhängte daher im Oktober 2024 eine Strafe in Höhe von 70.080 Euro über den Verein. Sowohl der Verein Acoustic Lakeside als auch die Finanzpolizei haben den Strafbescheid angefochten, dieser kam damit vor das Landesverwaltungsgericht Kärnten zur Beurteilung.
Das Gerichtsurteil
Nach der Verhandlung im Februar 2025 wurde Mitte März das Urteil veröffentlicht. Das Gericht hat sich 14 der 192 Fälle von ehrenamtlichen Helfer*innen einzeln im Verfahren angesehen. 2 Personen waren für einen Subunternehmer im Gastrobereich auf dem Festival tätig, waren erst seit dem 1. Tag des Festivals Vereinsmitglieder, kannten den Vereinszweck nicht bzw. halfen mit, um sich den Eintritt zu ersparen. Damit blieb die Strafe für diese beiden Fälle aufrecht. Bei 12 Personen wurde die Ehrenamtlichkeit eindeutig bestätigt: Sie waren teils schon lange Vereins- oder Vorstandsmitglieder, identifizierten sich stark mit dem Vereinszweck bzw. kannten diesen zumindest und die freiwillige Tätigkeit für den Verein wurde als idealistisch eingeordnet. Dem Verein wurde in diesen Fällen recht gegeben. Festivalpass und Verpflegung vor Ort wurden nicht als Entgelt gewertet. Von der ursprünglichen Gesamtstrafe von 70.080 Euro blieben daher nun nur 1.400 Euro übrig, was der Verein Acoustic Lakeside akzeptiert. Die Finanzpolizei akzeptiert das Urteil nicht und hat mittlerweile außerordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof erhoben.
Bedeutung für Kulturvereine
Wichtig ist, dass alle ehrenamtlich Tätigen auf Kulturveranstaltungen und Vereinsfesten aus idealistischen Gründen helfen, den Vereinszweck kennen und die Tätigkeit als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich erbringen. Dies lässt sich etwa durch eine Vereinsmitgliedschaft und / oder die Unterzeichnung einer Unentgeltlichkeitserklärung¹ nachweisen. Beachtet dazu auch die Informationen zu Tätigkeiten bei Vereinsfesten² der ÖGK.
Insgesamt ist es sehr verwunderlich, dass die Kärntner Finanzpolizei sich so in den Fall verbeißt und die bestehende Ehrenamtskultur in Österreich nicht akzeptieren und würdigen will. Vergleichbare Fälle aus anderen Bundesländern sind uns nicht bekannt. Ein positiver Aspekt ist allerdings, dass das Thema ehrenamtliche Tätigkeiten bei Kulturveranstaltungen nun in der obersten Instanz ausjudiziert wird.
In Oberösterreich hat die ÖGK Regionalstelle auf Nachfrage betont, dass der Zutritt zum Gelände sowie Verpflegung für Helfer*innen eindeutig nicht als sozialversicherungspflichtige Entlohnung gelten.
Hilfe – Die Finanzpolizei kommt zu meiner Veranstaltung?
Die Finanzpolizei kontrolliert u.a. Steuerhinterziehung und Sozialbetrug. Bei einer Kontrolle: Ruhe bewahren und die Einsatzleitung nach Ausweis, Namen und Rechtsbelehrung zu fragen. Die Finanzpolizei muss Auskunft geben, wie der Ablauf der Prüfung erfolgt und welche Rechtsfolgen es gibt. Ihr könnt zu diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Vertretung (Anwält*in, Steuerberatung) hinzuziehen und beantragen, dass die Finanzpolizei wartet, bis diese da ist. Die Finanzpolizei darf trotzdem zu prüfen beginnen. Sie hat Betretungs-, aber kein Durchsuchungsrecht. Sie darf Identitätsfeststellungen machen und Auskünfte über steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Tatsachen (auch Unterlagen dazu) verlangen. Der Betrieb darf dabei nicht beeinträchtigt werden. Wichtig ist: Nur auf Fragen, die gestellt werden, antworten! Dokumentiert die Amtshandlung. Am Ende wird eine Niederschrift von der Einsatzleitung ausgestellt, kontrolliert diese und lasst sie euch unbedingt aushändigen. Vor einer Unterschrift ist es ratsam, Steuerberatung oder Rechtsanwält*in beizuziehen.
¹ Unentgeltlichkeitserklärung: https://tinyurl.com/m42r4zy6
² Informationen zu Tätigkeiten bei Vereinsfesten: https://tinyurl.com/mweh4ykm
Information von WKO “Abgaben und Steuern” : https://tinyurl.com/bdfhtbcs