Früher gab es den Begriff: “Lehnstuhlgelehrte”. Damit wurden Menschen bezeichnet, die sich für ihre jeweilige Wissenschaft nicht aus dem Lehnstuhl erhoben. Relevante Informationen und notwendige Daten ließen sie sich von anderen – bildlich gesprochen – an ihren Lehnstuhl bringen.
Was Klimawandel und Artensterben betrifft, war ich wohl lange Zeit so ein Lehnstuhlgelehrter.
Jetzt allerdings hat mich das Projekt der KUPF OÖ, einen eigenen kleinen Wald anzulegen, aus meinem Lehnstuhl aufgescheucht. Dieses Jahr sah man mich daher immer wieder auf allen Vieren herumkriechen, um das Heranwachsen von Tannen und Buchen zu dokumentieren. Diese pflanzlichen Däumlinge gehören zu einem Schweizer Forschungsprojekt, in dessen Auftrag wir Samen aus unterschiedlichen Weltregionen in Mühlviertler Erde versenkten. Es soll herausgefunden werden, Samen welcher Herkunft sich zukünftig für diese Region eignen werden. Um es gleich zu sagen: Die Buchenkeimlinge haben die Augusthitze nicht überstanden und von den kleinen Tannen haben es auch nur wenige bis in den Herbst geschafft. Es ist eben eine unwirtliche Gegend, das nördliche Mühlviertel.
Solche Aufforstungsprojekte galten vor Jahren noch als entscheidender Hebel, um den Klimawandel zu bremsen. Dies ging jedoch auf eine Studie zurück, von der man heute weiß, dass sie erhebliche Schwächen hat. Derzeit erhofft man sich mehr von der Wiedervernässung der Moore. Aufforstungen sollten aber dennoch nicht eingestellt werden. Das meint zumindest Bernhard Kegel in seinem neuen Buch “Mit Pflanzen die Welt retten”. Es sei nämlich so, schreibt der Chemiker und Biologe, dass durch Photosynthese Kohlendioxid und Wasser zu Zucker und Sauerstoff umgewandelt werden. Mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre verstärkt diesen Vorgang, führt also zu mehr Wachstum, zu mehr Photosynthese und so wieder zu mehr Sauerstoff. Unseren Buchen hat dieser Düngungseffekt aber nicht geholfen. Doch selbst wenn sich Aufforstungen als Humbug erweisen sollten, weil eh schon alles zu spät ist oder sich die Natur ohnehin selbst zu helfen weiß, kann es nicht falsch sein, wenn ich mich um dieses kleine Stück Wald kümmere. Ich komm’ an die frische Luft und mein Lehnstuhl wird auch geschont.