Kunst- und Kulturveranstaltungen finden häufig abends statt. Ginge das auch anders? Und was hätten wir alle davon? Katharina J. Ferner mit Anregungen.
Zeitabläufe im Alltag folgen nicht nur dem individuellen Befinden, sondern bewegen sich in einem größeren strukturellen Rahmen. Dieser wird vorgegeben durch Geschäftsöffnungszeiten, Fahrpläne und viele weitere zeitlich abgestimmten Komponenten, die eine funktionierende Infrastruktur für den Großteil der Gesellschaft lebbar machen. Als Kunst- und Kulturarbeiter*innen fällt man aufgrund von Auftritts- und Reisezeiten häufig aus diesem normierten Rahmen hinaus. Arbeitszeiten sind oft an Vorstellungen und Veranstaltungen gebunden, unabhängig von anderen Verpflichtungen wie Kinderbetreuung, Hausarbeit und vielem mehr. An manchen Tagen bespielt man ein Publikum, das wochentags gestresst aus dem Büro kommt und sobald der Vorhang fällt, aufsteht, um noch die U-Bahn zu erwischen. Oft bleibt man in solchen Situationen allein an einem fremden Ort zurück. Es ist zu spät für ein anständiges Abendessen, Supermärkte haben geschlossen und öffentliche Verkehrsmittel sind nur spärlich unterwegs. Nach wenigen Stunden Schlaf muss man aus dem Hotel auschecken und die raren freien Tage fallen gern Zugverspätungen zum Opfer. Die ungeregelten Zeiten werden als Vorwurf gegenüber Künstler*innen und Kulturarbeiter*innen formuliert: durchgemachte Nächte, verschlafene Tage. Demgegenüber steht der Wunsch von Nachtarbeiter*innen, manchmal selbst zu einer „normalen Zeit“ ins Bett zu kommen. Nicht aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen zu sein, weil man, wenn andere am besten Zeit haben, meist am Abend oder am Wochenende, immer eine Veranstaltung hat. Wie bringt man diese Lebensweisen zusammen? Denn wenn man sie nicht zusammenbringt, wird der zwischenmenschliche Austausch karg. Beziehungen außerhalb der eigenen Bubble zu führen und auch zu pflegen wird schwierig. Es braucht ein hohes Entgegenkommen von Partner*innen und Freund*innen, wenn es um gemeinsame Quality-Time oder gemeinsame Verantwortung, wie Kinderbetreuung, geht. Die Beginnzeiten in Österreich bewegen sich aktuell um die frühere Primetime herum, also zwischen 19:00 und 21:00 Uhr. Ein Modell, das mir positiv aufgefallen ist, sind Frühvorstellungen am Theater. Beginnzeit des ersten Stücks um 17:00 oder 18:00 Uhr, Beginnzeit des zweiten Stücks um 20:00 oder 21:00 Uhr. Diese minimale Anpassung macht für die Tagesstruktur von Publikum und Schauspieler*innen einen erheblichen Unterschied im Energiehaushalt. Das während dem Auftritt hochgepushte Energielevel hat Zeit, sich vor dem Schlafengehen zu beruhigen. Eine andere Möglichkeit: Brunch-Veranstaltungen mit Kulturprogramm. Oder für Frühaufsteher*innen: ein Sonnenaufgangskonzert, gesehen z. B. beim Take-The-A-Train Festival in Salzburg. Vereinzelt ist das Programm schon da. Sie müssen es nur nutzen.