Presseaussendung der Kulturplattform Oberösterreich – KUPF OÖ vom 29.4.2020

Rechnungshofbericht belegt Vielzahl neuer Verstöße bei KTM Motohall-Förderung

Der Landesrechnungshof hat heute zwei insgesamt mehr als 112 Seiten umfassende Prüfberichte zu den Kulturförderungen der KTM Motohall durch das Land OÖ und die Gemeinde Mattighofen veröffentlicht. Die Prüfberichte belegen zahlreiche bisher von der KUPF OÖ geäußerte Kritikpunkte. Die KUPF OÖ fordert weiterhin einen Förderstopp sowie eine Rückabwicklung der bisher gewährten Förderungen an KTM.

Geschäftsführer Thomas Diesenreiter: „Der Bericht belegt nun schwarz auf weiß, wie viel formal bei der Förderung der KTM Motohall gepatzt wurde. Die zahlreichen Verstöße gegen Richtlinien des Landes zeigen klar, dass es nie zu einer Auszahlung der Gelder hätte kommen dürfen. Dass sogar das Bauverfahren nie abgeschlossen wurde und damit die Motohall gar nicht eröffnet hätte werden dürfen, macht deutlich, wie sehr die Regeln für KTM verbogen werden. Wir hoffen stark, dass das Land OÖ darauf verzichtet, angesichts der Notlage echter Kulturbetriebe noch mehr Geld in einen Showroom eines Industriekonzerns zu investieren.

Im Folgenden die wichtigsten Kritikpunkte des Landesrechnungshof (LRH) in Übersicht:

Starke Kritik am Förderverfahren

Der LRH zeigt zahllose Mängel in der Abwicklung des Förderverfahrens auf:

  • Die Abwicklung des Förderverfahrens durch die Direktion Kultur wird generell als „wenig zufriedenstellend“ gesehen.
  • Die „überlange Verfahrensdauer“ wird bemängelt.
  • Es wird eine „mangelnde Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen“ festgehalten.
  • Die „unzureichende Dokumentation“ wird kritisiert.
  • „Auf das in einer Dienstanweisung der Direktion Kultur weiterhin geforderte allfällige Zwischenerledigungsschreiben an den Förderungswerber [wurde] bis heute gänzlich verzichtet„.
  • „Die vorgelegte Grobkostenschätzung [war] nicht detailliert genug für ein Projekt dieser Größenordnung“.
  • „Eine Unterscheidung in förderbare und nicht-förderbare Kosten [wurde] nicht dokumentiert„.
  • „Die Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit [wurde] nicht dokumentiert„.
  • Der LRH kritisiert, dass die Förderungserklärung fehlerhaft ausgefüllt war und die Direktion Kultur diesbezüglich keine Ergänzungen bzw. Richtigstellungen nachforderte.

Politische Verantwortung

  • Neu ist die Information, dass bereits 2012 erste Gespräche zwischen KTM und den politischen VertreterInnen der Gemeinde und des Landes über die Projektidee stattfanden.
  • Die Förderung durch das Land OÖ wurde KTM entgegen bisheriger Behauptungen bereits 2015 offiziell bindend zugesagt.
  • Damit wurde aber klar der bei mehrjährigen Förderzusagen zuständige Landtag umgangen und damit gegen die geltenden Haushaltsrichtlinien verstoßen: „Der LRH bleibt daher bei seiner Einschätzung, dass für die Förderungen der KTM Motohall ein Beschluss der Oö. Landtags herbeigeführt hätte werden müssen. […] allen Beteiligten in Politik und Verwaltung des Landes OÖ [wurde] der Wille der politischen Entscheidungsträger vermittelt, wonach eine Entscheidung zur Förderung des Projektes gefallen war und die Zahlungen in den mehreren Jahren erfolgen sollten. Abgesehen von der schon beschriebenen Außenwirkung, soll dies zeigen, dass auch landesintern die Voraussetzungen für eine erforderliche Befassung des Oö. Landtags eindeutig vorlagen.“
Grafik aus dem Bericht des LRH (S. 18)

Förderhöhe weiter gestiegen

Durch neu bekannt gewordene zusätzliche Förderungen erhöht sich die Gesamtfördersumme auf 6,74 Mio €, davon wurden bereits 3,2 Mio € ausbezahlt. Insgesamt ergibt sich eine Gesamtförderungsquote durch die öffentliche Hand von 30 Prozent. Der LRH beurteilt diese Quote als „sehr hoch„. Ein notwendiges Kostendämpfungsverfahren kam nicht zur Anwendung.

Bild
Grafik aus dem Bericht des LRH (PDF Seite 38)

Keine Begutachtung durch den Museumsverbund

Der Landesrechnungshof hält fest, dass der Museumsverbund entgegen den Angaben des Landes OÖ keine Prüfung durchführte und auch nicht durchführen konnte: „Im vorliegenden KTM-Förderungsfall ist aus Sicht des LRH klar, dass der Oö. Museumsverbund als Berater des Förderungswerbers aufgetreten ist. Eine offizielle Begutachtung für das Land OÖ konnte demnach für dieses Projekt nicht durchgeführt werden. Dies hätte aus Sicht des LRH unweigerlich zu einem Interessenskonflikt für den Museumsverbund geführt, da dieser nicht Beratungen für den Förderungswerber und objektive Begutachtungen für den Förderungsgeber im selben Projekt durchführen kann.“

Inhaltliche Bewertung

Der LRH kommt zum Schluss, dass eine Förderung aus Kulturmitteln im Fall der Motohall aus formalen Gründen prinzipiell nicht ausgeschlossen war. Er verweist darauf, dass das Kulturförderungsgesetz auch eine Fördermöglichkeit für die Bereiche „Design“, „Architektur“ sowie „Ortsbildpflege“ und „Altstadterhaltung“ vorsieht. Der LRH kommt weiters zum Schluss, dass die Motohall nicht als Regionalmuseum oder Industriemuseum gesehen werden kann, sondern ein „Firmenmuseum“ sei. Daraus ergibt sich für den LRH folgend eine Erfüllung der EU Gruppenfreistellungsverordnung. Dabei hat der LRH aus Sicht der KUPFOÖ aber nur eine unzureichende Bewertung der vorherrschenden ExpertInnenmeinungen zur Definition von Museen sowie der international gängigen Richtlinien (Stichwort ICOM) vorgenommen.

Gleichzeitig bewertet der LRH zentrale Aspekte der Motohall negativ:

  • „Eine Einordnung in einen übergeordneten technik- und industriegeschichtlichen Rahmen bzw. eine Auseinandersetzung mit kritischen Rahmenthemen fehlen weitgehend.
  • „Das Organigramm zeigt auf, dass der Schwerpunkt der Tätigkeiten im Museum auf der Besucherbetreuung und der Vermittlung sowie auf Marketing und Kommunikation liegen. Die übrigen grundständigen Museumstätigkeiten sind dahingegen unterrepräsentiert.“

Motohall hätte nicht aufsperren dürfen

Kuriosestes Detail ist, dass die KTM Motohall im Mai 2019 feierlich eröffnet wurde, obwohl das Bauverfahren noch nicht abgeschlossen war und bis heute nicht ist. Der Landesrechnungshof hält fest, dass „die Nutzung hätte somit untersagt werden müssen“.

Fazit der KUPF OÖ zum Bericht des LRH

Die KUPF OÖ teilt die vom LRH ausführlich dokumentierte Kritik am Förderverfahren, an der Umgehung des Landtags und der hohen Förderquote. Bezugnehmend auf die inhaltliche Bewertung des LRH kommt sie zur Ansicht, dass eine aus formalen Gründen MÖGLICHE Förderung nicht automatisch SINNVOLL ist und bleibt somit bei ihrer Ablehnung der Kulturförderung der Motohall. Auch bemängelt die KUPF OÖ, dass die Frage der Einhaltung des Subsidaritätsprinzips, also ob der KTM Konzern tatsächlich auf die Förderung angewiesen war, vom Landesrechnungshof nicht beurteilt wurde. Thomas Diesenreiter fasst abschließend zusammen: „Dass der Landesrechnungshof, der üblicherweise sehr zurückhaltend formuliert, hier eine so ausführliche Mängelliste dokumentiert hat, kommt einem vernichtenden Urteil gleich.“

Folgeprüfung

Der Landesrechnungshof empfiehlt dem Landtag mit dem vorliegenden Bericht, eine Folgeprüfung zu beschließen.

Die KUPF OÖ schließt sich dem an und wird nach dieser ersten Einschätzung die beiden Berichte noch einer ausführlichen Prüfung unterziehen.

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