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Vina Yun zur D.I.Y.-Kultur.

Ein Trend geht um: D.I.Y., kurz für „Do It Yourself“. Ursprünglich war D.I.Y. ein Heimwerker-Slogan der 1950er Jahre im angloamerikanischen Raum, heute zieht sich die Idee des „Selbermachens“ durch die unterschiedlichsten Bereiche der Kulturproduktion – seien es selbstorganisierte Medienkanäle wie Zines oder Freie Radiosender, digitale Open-Source-Projekte oder autonome Distributionswege für z.B. Musik. D.I.Y. lautet auch das Leitprinzip beim „Craft ing“. Aktuell diskutieren diverse Ausstellungen und Bücher die Renaissance des Heimwerkens und der Handarbeit: Ob „Urban Knitt ing“ oder „Guerilla Gardening“ – Basteln, Stricken & Co. sind nicht mehr fade (und altbackene Gender-Rollen zementierende) Hobbys der Großeltern-Generation, sondern gelten neuerdings als „kreativer Widerstand“ gegen Kulturindustrie und Konsumerismus. Die Kreativität hat allerdings auch ihre Tücken: Immer öft er wird D.I.Y. als individueller Lifestyle mit neoliberalem Flair denn als partizipatorische Praxis begriff en. D.I.Y. als Politikum – das haben vor allem alternativund gegenkulturelle Bewegungen wie z.B. der Third Wave Feminism postuliert, die das „Wir machen es uns selbst“ ursprünglich als den Anspruch auf ein selbstbestimmtes Handeln verstanden wissen wollten. Dabei standen weniger der handgemachte Pulli oder das Radio Marke Eigenbau im Rampenlicht denn die Umkehrung hierarchischer Strukturen: Eigeninitiative statt Fremdbestimmung, Selbstermächtigung statt professionellem (lies auch: männlichem) Expertentum, Offenlegung von Produktionsbedingungen und Absage an Profitdenken, gemeinschaftlicher Austausch und Vernetzung etc. Freilich: D.I.Y. als Mittel der Selbstorganisierung und als politische Intervention ist alles andere als neu. Interessant ist, was überhaupt mit dem mitt – lerweile hippen D.I.Y.-Etikett versehen wird: Warum nicht migrantische Selbstorganisationen als Do-It- Yourself-Kollektive bezeichnen? Oder: Lässt sich die Kritik an der Rollenauft eilung zwischen „Spezialisten“ und „Dilettantinnen“ nicht ebenso auf Auseinandersetzungen zu Antirassismus übertragen? Noch immer erklären in der Regel weiße mehrheitsangehörige Expertinnen, was es mit Rassismus auf sich hat, während die „Betroffenen“ – im besten Fall – wie Amateurinnen behandelt werden. Sind die selbst hergestellten Plakate und Sticker auf der Antirassismus- Demo nicht auch very D.I.Y. und damit (im wörtlichen Sinn) Streetart? Werden in antirassistischfeministisch- queeren Allianzen nicht auch Wissen geteilt und Freiräume geschaff en, um sowohl individuelle Selbstbehauptung als auch kollektives Handeln zu stärken? Übrigens: Wenn wir also schon dabei sind, bereits bestehende widerständige Praxen in das D.I.Y.-Label hineinzureklamieren, könnten wir es doch auch gleich umbenennen – von D.I.Y. in D.I.T.: Do It Together!

 Vina Yun ist Redakteurin beim feministischen Monatsmagazin an.schläge sowie bei migrazine.at, dem Online-Magazin von Migrantinnen für alle.

 

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