Punschkrapferl Overdose #131

Belinda Kazeem über das leidige „du-bist-einfach-zu-supbjektv-Argument“.

Neulich während eines Gespräches über Afrikanische Feminismen und Black Feminism. „Du, echt spannend was die ______________(hier bitte den Namen einer mehrheitsangehörigen Autorin einsetzen) darüber schreibt. Hast schon mal rein gelesen?” Kopfschüttel meinerseits. „Echt nicht??? Solltest gerade du aber dringend mal nachholen. Ein Klassiker.” Die Frage, wieso sie nicht auch mal Primärquellen à la Oyèrónké Oyewùmí … Audre Lorde … bell hooks … Patricia Hill-Collins… Grada Kilomba… Bucchi Emecheta…. so viele mehr … liest, hab ich ihr schon tausende Male gestellt, also lass ich es diesmal bleiben.

Das erinnert mich dann an das Gespräch mit XY, die freudestrahlend auf mich zugelaufen kam, um mir zu sagen, dass sie jetzt weiß, warum es nicht so toll ist, den Begriff N**** zu verwenden. „Weißt du, ich hab jetzt nämlich ______________ (hier bitte wieder den Namen einer mehrheitsangehörigen Autorin einsetzen) gelesen, die kann das nämlich echt gut erklären.” „Schön”, denk ich mir, „dann brauch ich mir ja nicht zum x-ten Mal den Mund fusselig reden …” Gleichzeitig finde ich es bemerkenswert, dass es immer der Figur der mehrheitsangehörigen „Übersetzerin” bedarf, erst mit deren Eintritt kommt die Message (zumindest manchmal) an. Auch auf der Uni hab ich das schon des öfteren erlebt. Eine Schwarze Professorin spricht über die Verbindung von Rassismus, (Hetero-)Sexismus, Klassismus ua. und es folgt eine Rebellion. „Na echt?…” „So ist das doch garnicht…” etc. Ein paar Wochen später in der selben Ringvorlesung spricht eine weiße Professorin über Intersektionalität. Und? … andächtiges Schweigen, Bleistift zücken und brav mitschreiben – nur kein Wort verpassen. Und von den Quellen des Wissens, den ihrem Vortrag zugrundeliegenden Theoretikerinnen, spricht am Ende sowieso keine mehr, nur die weiße Professorin wird in den Himmel gelobt, weil sie das so toll formuliert, alles. … und nicht falsch verstehen, mir gehts hier nicht um „Übersetzerinnen”-Bashing, sondern ums Publikum. Also was ist davon zu halten?

Da ich nicht allein mit diesen Erfahrungen bin, ist das System dahinter schnell durchschaut: Wir, Schwarze Frauen und Migrantinnen, werden immer, wenn wir über Diskriminierung sprechen, mit dem Du-bist-einfach-zu-subjektiv-Argument attackiert. Die Wiederholung dieser Angriffe dient dazu, uns zum Schweigen zu bringen und Expertisen und Erfahrungen unsichtbar zu machen. Expertise verlangt dieser Logik folgend Objektivität, und die kann doch – siehe oben – schlecht von uns kommen. Also braucht es weiße „Übersetzerinnen”: die können dann unser angeblich wirres Geplappere ent-wirren und in gut überschaubaren und objektiven Appetithappen servieren. Ein anderer wunderbarer Nebeneffekt dieser Vorgehensweise ist natürlich, dass weiße Räume weiß bleiben … Womit wir bei einem weiteren Thema wären – Ressourcen, Zugänge, Platz machen – doch darüber mehr beim nächsten Mal.

Belinda Kazeem schreibt über wunderliche Ereignisse in Österreich.

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