Antworten der ÖVP OÖ

durch Dr. Josef Pühringer, Landeshauptmann von OÖ, Landeskulturreferent;

1. Was hat Ihre Partei in den letzten sechs Jahren in OÖ kulturpolitisch bewegt?

Sehr viel. Den im Programm von 1997 formulierten Grundsätzen wurde in hohem Maße entsprochen. So wurde z.B. umgesetzt:
a) Dezentralisierung des Kulturangebotes:
Generell gezielte Förderung des regionalen Kulturlebens über die gesamte Landtagsperiode mit steigender Intensität.
Beginn der landesweiten „Choroffensive“ (1997)
Neueröfnung des Kubinhauses Zwickledt (1997)
Regionale Auffächerung der Landesausstellung „Land der Hämmer“ auf 26 Standorte (1998)
Aktion „Land am Ton – Städteklang“, landesweit Openair-Konzerte des
Landesmusikschulwerkes (1999)
Start der Anton-Bruckner-Wanderausstellung (1999)
Landesweite Ausstellungskette „Kunst der Linie“ (1999)
Landesausstellung 2000 „Zeit“ in Wels
Millenniumsprojekte: landesweite Kulturanimation „Zeitreise“ (2000)
Gemeinde – Kultur – Wettbewerb (2000)
Gründung des OÖ. Museumsverbundes zur Koordination
der über 250 Heimatmuseen (2001)
Landesumspannendes Gotik-Projekt (2002)
Landesausstellung 2002 „Feste Feiern“ in Waldhausen
Durchführung des Stelzhamer-Jahres in ganz Oberösterreich
Landesumspannende Aktion „Worauf wir stehen“ (2003)
Landesweites Jubiläum „25 Jahre Landesmusikschulwerk“

b) Erleichterung des Zuganges zur Kunst:
Chorfestival „Europa Cantat“ für breite Akzeptanz (1997)
Interaktives Jugendkulturprojekt „Tore, Brücken, Wege“ (1999)
Aktion „Kunst der Linie“ (1999)
Erstmals OÖ. Kunstmesse in der Landesgalerie
Erste Chorolympiade mit 15.000 Teilnehmern (2000)
Aufbau eines eigenen Budgetbereichs „Kinderkultur“ (2000)
Populäre Ausstellung „Meilensteine“ (2000)
Start der populären Reihe „Kunst-Treffpunkt“ im ORF (2001)
Start der Reihe für Neue Musik „Klangfluss“ landesweit (2001)
Erstes großes Jugendtheaterfestival „Schäxpir“ (2002)
populäres Landesausstellungsthema „Feste feiern (2002)

c) Auffächerung des kulturellen Geschehens von der Basiskultur bis zu Spitzenleistungen der Hochkultur und Zuwendung zu möglichst vielen Sparten und Epochen der Kunst mit besonderer Betonung der Gegenwartskultur
Das Land leistet seit Jahren eine ausgewogene Förderpolitik, die allen kulturellen Sparten in der gesamten Breite die gebührende Aufmerksamkeit schenkt. Die Zahlen des Landesvoranschlages 2003 sprechen eine klare Sprache: Die Spitzenposition unter den Förderansätzen nimmt die Zeitkultur ein (EUR 2,125.000,–); mit deutlichem Abstand folgen die Musikpflege (EUR 1,406.500,–), die Blasmusik (EUR 1,272.800,–), die Kulturvereine und das Veranstaltungswesen (EUR 1,265.700,–) und die freien Theatergruppen (EUR 1,115.000,–) sowie die Bildende Kunst (EUR 973.000,–), Film/Video/Kino (EUR 537.000,–). Der gesetzlich installierte OÖ. Landeskulturbeirat hat sich als Integrationsbasis für alle Kultursparten erwiesen und zur Entwicklung der gesamten Kulturszene ganz wesentliche Impulse gegeben.
Die besondere Beachtung der Gegenwartskultur zeigt sich nicht nur in den schon zitierten Entwicklungsschritten der Dezentralisierung, sondern auch in vielen anderen Beispielen, angeführt vor allem vom Festival der Regionen (seit 1993), das ganz wesentlich vom Land gefördert wird.

Weitere Maßnahmen:
Dotierung des KUPF-Innovationstopfes (seit 1996)
Neuordnung der Filmförderung (1997)
Literaturprojekt „Lektorat“ (1997)
Einführung des Bühnenkunstpreises (1998)
Beteiligung am EU-Kulturmonat (1998)
Kompositionswettbewerb „Klanglandschaften“ (1999)
Einführung des Stifter-Stipendiums (2000)
Einführung des Bruckner- und des Bilger-Stipendiums (2001)
Eröfnung des Thomas-Bernhard-Forschungszentrums Gmunden (2001)
Bereitstellung von Künstler-Ateliers beim Bernhard-Zentrum Gmunden (2001)
Kunst-Impuls für Theater und Orchester: Engagement D. Russell Davies (2002)
Erstes Jugendtheaterfestival „Schäxpir“ (2002)
Eröfnung des Zentrums für modernen Tanz CCL (2003)
Jubiläum 10 Jahre Zentrum für zeitgenössische Literatur Stifterhaus (2003)

d) Schaffen von Podien und Entwicklungsräumen für Künstler aus unserem Land:
In diesem Fall ist der Weg das Ziel, da sich die moderne Kunstszene in einem permanenten Entwicklungs- und Umstrukturierungsprozess befindet. Beispielhaft können folgende Maßnahmen genannt werden:
Jährliche Literaturpräsentationen in Frankfurt (seit 1995) und Leipzig (seit 1998).
Jährliche Auslandstourneen des Brucknerorchesters (seit 1996)
OÖ. Kunstpräsentation in Wien (1999)
Kunstmesse in der Landesgalerie (seit 1999)
OÖ. Kultur-Präsentation bei der Expo Hannover (2000)
Aktion „Klangfluss“ für junge Komponisten und Ensembles (seit 2001)
Kunst-Treffpunkt im ORF (seit 2001)
permanente Präsentation aktueller Kunst in der Landesgalerie
Bereitstellung von Künstlerateliers in Gmunden, Paliano (I) und Krumau (Cz)
über 100 Kunstpräsentationsprojekte („Grenzgänger“) des BKAB in Italien, Bayern, Tschechien und Russland

2. Nennen Sie die drei wichtigsten kulturpolitischen Schwerpunktsetzungen Ihrer Partei in den letzten sechs Jahren.

Etablierung des Schwerpunktes „Kinder- und Jugendkultur“ mit dem Höhepunkt „Jugendfestival Schäxpir“
Steigerung der freien Kulturförderung des Landes um 48 %
Signalwirkung des Engagements von Dennis Russell Davies

3. Nennen Sie die drei wichtigsten kulturpolitischen Schwerpunktsetzungen ihrer Partei für die kommenden sechs Jahre?

Gültige, von einer deutlichen Mehrheit akzeptierte bauliche Neukonzeption des Landestheaters
Förderung integrativer Kulturkonzepte, die
a) die Basis verbreitern
b) das allgemeine Kulturverständnis intensivieren
c) aus dem Nebeneinander der Kultursparten ein Miteinander machen.
Intensivierung grenzüberschreitender Kulturkontakte z.B. im Zuge der Landesausstellung 2004 und des Stifterjahres 2005.

4. Was waren Ihrer Einschätzung nach die größten kulturpolitischen Versäumnisse und Fehlentwicklungen in OÖ in den letzten Jahren?

Ich bin mir keiner gravierenden Versäumnisse bewusst. Als Fehlentwicklung möchte ich bezeichnen, dass der Grundgedanke der notwendigen Erneuerung des Landestheaters hinter der durch die Volksbefragung verschärften Diskussion um ein Musiktheater zu lange aus dem Blickfeld geraten ist.

5. Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Budgetansatzes für Zeitkultur mit Ausnahme der Landeskulturinstitutionen? Treten Sie für eine Erhöhung des Budgetansatzes für unabhängige Initiativen aus dem Bereich der Zeitkultur ein?

Gerade in den letzten 6 Jahren wurden die Budgetansätze in den Bereichen Zeitkultur massiv erhöht. Inwieweit es auch in Zukunft Erhöhungen geben kann, hängt in erster Linie von der Entwicklung des Gesamtbudgets ab. Wichtig wird es sein, dass die Kulturförderung auf neue Strömungen und neue Entwicklungen reagieren kann, die es gerade im Kulturbereich gibt und auch in Zukunft immer geben soll. Kultur ist auch ein Motor gesellschaftlicher Entwicklungen.

6. Welchen Stellenwert messen Sie der KUPF als Interessensvertretung von Kulturinitiativen in OÖ bei?

Interessenvertretungen haben in allen Bereichen ihre Berechtigung und Aufgabe. Insbesondere als Servicestelle für die Mitgliedsvereine, als auch zur Hilfestellung für neue Vereine u. Kulturinitiativen. Auch der Kontakt zu den Förderstellen kann von Interessenvertretungen gut wahrgenommen werden. Die KUPF kann als Kooperationspartner verstanden werden und als solcher für ihre Mitglieder fungieren und eine einheitliche – auf demokratische Basis gestellte – Sprache nach außen hin sprechen.

7. Welche Bedeutung bzw. welchen Stellenwert messen Sie Freier Kulturarbeit in/für Oberösterreich bei?

Freie Kulturarbeit ist Ideenträger und Impulsgeber. Soweit sie in der Sphäre der Basiskultur und der neuen Medien geleistet wird, fungiert sie auch als Motor für einen wesentlichen Aspekt der gesamten, pluralistisch strukturierten Kulturszene. Freie Kulturarbeit ist aber kein Monopol einer bestimmten Gruppierung, sondern wird in weiten Bereichen des gesamten Kulturspektrums geleistet: Es gibt auch sehr viele freie Gruppen in den sozusagen klassischen Sparten wie Theater, Musik, Literatur und bildende Kunst, die z.T. interaktiv und fachübergreifend arbeiten. Auch diese Gruppen leisten so wie die angestammte „Szene“ einen unverzichtbaren Beitrag zu unserem Kulturleben.

8. Die KUPF tritt für eine förderpolitische Bevorzugung von Kulturaktivitäten von MigrantInnen, auch abseits von Folkloredarstellungen, im Sinne einer positiven Diskriminierung ein. Wie steht Ihre Partei dazu?

In einer liberalen, pluralistischen Kulturpolitik sollte das Wort „Diskriminierung“ generell nicht vorkommen; jede auch noch so begründete einseitige Bevorzugung schafft zugleich inkriminierbare Defizite. Wir haben mehrmals bewiesen, dass wir den Kulturaktivitäten von MigrantInnen aufgeschlossen gegenüber stehen. Wer besondere Qualität mit einer positiven soziokulturellen Perspektive bietet, wird auch entsprechend unterstützt werden.

9. Um die kulturelle Betätigung von MigrantInnen sichtbarer zu machen, fordert die KUPF als erste Sofortmaßnahme die Einrichtung eines Landeskulturpreises für Kulturarbeit von MigrantInnen, entsprechend dem Modell der anderen Landeskulturpreise. Werden Sie sich für die Einrichtung eines solchen Preises einsetzen?

Ich verkenne nicht die identitätsstiftende Bedeutung der Kulturarbeit von MigrantInnen im Sinne eines integrativen Prozesses. Dieser Aspekt ist sicher in besonderem Maße unterstützenswert. Die Stiftung eines eigenen Preises kann ich mir aus präzudiziellen Gründen nicht vorstellen, wohl aber die Einbeziehung in den Preis für initiative Kulturarbeit oder die Bereitstellung gezielter Arbeitsstipendien.

10. Der Kulturförderbericht des Landes OÖ wurde mit dem Jahr 2000 eingestellt. Will Ihre Partei, dass ein öfentlich zugänglicher Kulturförderbericht wieder eingesetzt wird? Wenn ja, können Sie sich vorstellen, dass dieser transparenter gestaltet wird (z. B. extra Ausweisung von Förderungen an Kunst- und Kulturprojekten von Frauen, Jugendlichen, MigrantInnen und Behinderten, Gegenüberstellung der tatsächlichen Fördersumme und der Höhe des Ansuchens, Daten im Förderbericht müssen mit Rechnungsabschlüssen der Kulturbudgets vergleichbar sein)?

Sie sprechen hier die Kompetenz des Landtages an, der aufgrund seiner Budgethoheit sich die Entscheidung darüber vorbehält, in welchem Umfang und nach welchem System ein genereller Förderbericht des Landes künftig erstellt wird.

11. In den letzten Jahren ist eine schleichende Verschiebung in der Finanzierung von unabhängigen Kulturinitiativen von der Jahresförderung hin zu Projektförderung festzustellen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Diese Entwicklung kann ich beim Land Oberösterreich nicht nachvollziehen, da gerade in den letzten Jahren bei sehr vielen Kulturinitiativen gerade die Jahresförderung massiv angehoben wurde. Die vermehrte Projektförderung ist damit begründet, dass immer mehr Projektanträge eingereicht werden.

12. Schon seit Jahren tritt die KUPF für verbindliche Förderkriterien, Förderbeiräte, schnellere Entscheidungen über die Vergabe von Förderungen, raschere Auszahlung von zugesagten Mitteln, Einrichtung einer Anhörungsstelle für abgelehnte FörderwerberInnen ein. Steht Ihre Partei für eine solche Reform der Kulturförderung in Richtung Transparenz und Objektivierung?

Zu den von Ihnen bemühten Kriterien wie Verbindlichkeit und Objektivierung möchte ich Folgendes festhalten: Ein Rechtsanspruch auf eine freiwillige Leistung des Landes kann eo ipso nicht bestehen und wird speziell auch im Kulturfördergesetz des Landes ausgeschlossen. Richtlinien, die solche Ansprüche der Höhe und dem Grunde nach festlegen, sind daher nicht gesetzeskonform. Ich bin ein Freund der Objektivierung in gesetzlich normierten Verfahren. Ich mache aber aufmerksam, dass wir – nicht nur in Sachen Kultur – in einem auch von Ihnen geschätzten pluralistischen, offenen und liberalen Klima leben, in dem viele Kultur- und Wertbegriffe gleichrangig nebeneinander bestehen. Die „Objektivierung des Kulturbegriffs“ steht in offenem Widerspruch zur gelebten Praxis der Gesellschaft und vor allem zu allen liberalen und pluralistischen Ansprüchen. Schon allein aus diesem Grund ist die „Objektivierung von Förderungsmaßnahmen“ ein höchst theoretisches Ziel, da weder die Gesellschaft selbst noch die Wissenschaft hiezu verbindliche Maßstäbe bereithält. Wir verfügen über ein ausreichendes Instrumentarium an formalen und inhaltlichen Förderkriterien, die sich im vollen Einklang mit den allgemeinen Förderrichtlinien des Landes befinden. Darüber hinausgehende Reglementierungen könnten sich nicht nur zum Nachteil der Förderungswerber auswirken, sondern würden die notwendige Flexibilität in der Budgetgestaltung sowie die auch von Ihnen erwünschten Schwerpunktsetzungen massiv beeinträchtigen.

13. Sind Sie für die verpflichtende Besetzung von Beiräten, Jurys, dem Landeskulturbeirat mit anteilsmäßig gleich vielen Männern und Frauen und mind. 14 % MigrantInnen (entsprechend ihrem jeweiligen Bevölkerungsanteil)?

Wer verpflichtet und wer wird verpflichtet? Ich bin dafür, die im Zuge des Gender Mainstreaming getroffenen Empfehlungen umzusetzen. Die besten Leute sollen in die Gremien!

14. Wie steht Ihre Partei zur Schaffung eines eigenen Budgetansatzes für Kulturarbeit von körperl. und geistig Behinderten (besser gesagt: die von der Gesellschaft zu solchen deklariert werden)?

Kulturarbeit ist nicht teilbar. Es steht im Vordergrund, was geleistet wird und nicht wer leistet. Wie bereits ausgeführt, lehne ich auch in diesem Fall einen diskriminierenden Denkansatz ab.

15. Treten Sie ein für die Schaffung eines Medientopfes, der aus Mitteln des Kultur-, Bildungs- und Wirtschaftsressorts sowie aus dem Zukunftsfonds finanziert wird, der zur Förderung freier nichtkommerzieller Medieninitiativen (Radios, Public Access, Medienlabors, Contentproduktion, Vermittlung von Medienkompetenz…) dienen soll?

Ich halte den Gedanken der gezielten Förderung derartiger Unternehmen grundsätzlich für erstrebenswert und warte, soweit es das Kulturressort betrifft, seit der Verabschiedung des LKB-Vorschlagspakets 2002 auf Vorschläge für die Förderung eines Pilotprojekts. Ob der Zukunftsfonds allein bereitstehen oder ob zusätzliche Fonds eingerichtet werden können bzw. sollen, diese Frage ist Verhandlungen der künftigen Landtagsperiode vorbehalten.

16. Tritt Ihre Partei für eine Basisfinanzierung der freien Radios aus Landesmitteln ein?

Mein Standpunkt hiezu ist bekannt und ist sowohl durch die Gesetzeslage als auch durch die realen Verhältnisse bestätigt.

17. Welche Maßnahmen sind von Ihrer Partei geplant, um eine bessere regionale Verteilung zeitkultureller Aktivitäten über ganz Oberösterreich zu erreichen?

Ich fühle mich für die Förderung des kulturellen Lebens in Oberösterreich zuständig. Seit vielen Jahren leistet das Land OÖ Überdurchschnittliches für die Entwicklung der Kulturinitiativen im Lande. Wenn dieses positive Beispiel außerhalb des Landes keine Wirkung zeigen sollte, sind meine Möglichkeiten in anderen Bundesländern erschöpft.

(Dr. Josef Pühringer hat den KUPF-Fragebogen ausdrücklich in seiner Funktion als von der ÖVP nominierter OÖ Landeskulturreferent beantwortet.)

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